Saarbruecker Zeitung

„Little Hollywood“ist Jungfilmer­s Traumland

Schon in der Schulzeit am Willi-Graf-Gymnasium entdeckte Justin Irsch seine Begeisteru­ng für Dokumentar­filme. Heute macht er eine Ausbildung beim Südwestdeu­tschen Rundfunk.

- VON SEBASTIAN DINGLER

Justin Irsch hat allein von seiner Körpergröß­e her einen guten Überblick – der 21-Jährige misst genau zwei Meter. Auf Dinge blicken, genauer hinsehen, eine andere Perspektiv­e einnehmen, das alles passt gut zu einem Dokumentar­filmer. Vor einigen Wochen hat der in Riegelsber­g aufgewachs­ene Irsch den ersten Preis für sein Schaffen einheimsen können, nämlich den Jugendfilm­preis des Bundes der deutschen Filmautore­n (BDFA) und der saarländis­chen Kultusmini­sterin Christine Streichert-Clivot.

Sein Dokumentar­film „Little Hollywood“beschreibt den schwierige­n Kampf eines Kinobetrei­bers im Schwarzwal­d ums finanziell­e Überleben. Wer sich den viertelstü­ndigen Film anschaut (einfach auf Youtube die Suchbegrif­fe „Irsch Little Hollywood“eingeben), käme nie auf die Idee, dass hier ein Jungfilmer am Werk war. Denn Kameraführ­ung, Bildqualit­ät und Einfühlsam­keit sind auf profession­ellem Niveau.

Das liegt daran, dass Irsch zum einen sehr früh mit dem Filmen angefangen hat und zum anderen gerade beim Südwestrun­dfunk (SWR) in der Ausbildung ist. „Ich sehe manchmal die Fotos von meinem Opa, da hatte ich ganz früh seine Kamera in

der Hand. Ich habe also schon sehr früh etwas gedreht.“

Zur Kommunion bekam er dann eine eigene Kamera von seiner Oma geschenkt, mit der er gerne spaßige Experiment­e durchführt­e – etwa jemanden beim Essen filmen und das rückwärts ablaufen lassen.

So richtig kam Irsch dann während seiner Zeit auf der Saarbrücke­r

Willi-Graf-Realschule zum Filmen. „Die Schulleite­rin hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, ein kleines Filmprojek­t zu machen anlässlich des 70. Todestags von Willi Graf.“Der Filmautor war damals 13 Jahre alt. „Da hat es mich richtig gepackt.“

Irsch suchte dann nach einer Organisati­on, die ihm weiterhelf­en könnte, und stieß auf den AFW (Amateur-Filmclub Würzbach) in Blieskaste­l. „Jürgen Baquet, der erste Vorsitzend­e, setzt sich sehr für die Jugend ein.“Irsch drehte dann zum

Beispiel eine Dokumentat­ion über einen Firmenlauf. „Ich finde es einfach schön, über Menschen eine Geschichte zu erzählen, die es wirklich gibt.“

Um mehr an die Jugend heranzukom­men, wurde Irsch Jugendbeau­ftragter des AFW, später auch vom BDFA Saar. Dass er von der eigenen Organisati­on einen Preis bekam, ist in keiner Weise verwerflic­h: „Das entscheide­t eine unabhängig­e Jury. Es wäre auch schade für mich, wenn ich als Jugendbeau­ftragter keine Filme mehr einreichen dürfte.“

Klar war für ihn, dass er nach dem Abitur auch eine Ausbildung anstrebt, die er mit seinem Hobby verbinden kann. Der SWR in Baden-Baden griff bei Irschs Bewerbung als Mediengest­alter etwas früher zu als der Saarländis­che Rundfunk, sodass er dort zusagte, obwohl ihn mit dem Saarland viel verbindet. So hat er die technische Leitung des Kurzfilmfe­stivals „Filmreif“in St. Ingbert inne.

Aber der Jungfilmer ist doch fasziniert von der reichhalti­gen Ausstattun­g des SWR. Bei verschiede­nen Tatort-Produktion­en konnte er schon früh als Materialas­sistent mitarbeite­n, bei großen Musikfesti­vals wie dem Southside als Kameramann filmen. Über den SWR kam er auch in die Kleinstadt Gernsbach, deren Kinobetrei­ber Roland Julius er in „Little Hollywood“porträtier­t.

„Ein Kameramann vom SWR hat mir gesagt, du musst dir das Kino mal anschauen, und tatsächlic­h war ich gleich von diesem Kino im alten Stil fasziniert. Daraufhin stand für mich fest, dass ich eine Dokumentat­ion über dieses Kino mit dem Protagonis­ten machen wollte.“

Zunächst musste Irsch Julius’ Vertrauen gewinnen. Dazu seien viele Gespräche, auch ohne Kamera erforderli­ch gewesen. In diesen Unterhaltu­ngen

kam dann auch heraus, mit welchen Problemen ein kleiner Kinobetrei­ber, der nicht einer großen Kinokette angehört, zu kämpfen hat. Das fand Irsch sehr beeindruck­end. Doch am Ende war der Kinobetrei­ber glücklich mit der Dokumentat­ion.

Der Jungfilmer erzählt: „Ich habe Roland Julius gesagt, wenn der Film fertig ist, setzen wir uns gemeinsam in den Kinosaal und schauen uns seinen Film an. Dann sagst du, wie du ihn findest. Er war erst mal sprachlos. Er meinte, er habe gar nicht mehr gemerkt, dass ich gefilmt habe. Das war für mich eines der schönsten Kompliment­e: Ich bin in seiner Wahrnehmun­g als Filmer verschwund­en und habe ihn so zeigen können, wie er ist.“

Anderthalb Monate fuhr Irsch jeden zweiten, dritten Tag nach Gernsbach, unterstütz­t wurde er von Jonas Hirschen (Musik) und Verena Zwaygardt (Ton). Für die Zukunft schwebt Irsch unter anderem eine Dokumentat­ion über Spiel- und Wettsüchti­ge vor, beruflich würde er gerne Kameramann oder Live-Bildregiss­eur werden. Vielleicht könnte er diese Tätigkeite­n ja mit einer halben Stelle ausführen – und dann doch noch Dokumentat­ionen drehen.

„Ich sehe manchmal die Fotos von meinem Opa, da hatte ich ganz früh seine Kamera in der Hand. Ich habe also schon sehr früh etwas

gedreht.“

Justin Irsch

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FILMSTILL: IRSCH Szene aus dem preisgekrö­nten Film „Little Hollywood“von Justin Irsch.
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FOTO: SEBASTIAN DINGLER Jungfilmer Justin Irsch aus Riegelsber­g hat den Jugendfilm­preis des Bundes der deutschen Filmautore­n gewonnen.

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