Saarbruecker Zeitung

Für intelligen­te Geräte haftet oft niemand

Wenn durch Smart-Home-Anwendunge­n Schäden entstehen, bleiben Verbrauche­r häufig auf den Kosten sitzen.

- VON PAULINE SICKMANN

(dpa) Digitale Sprachassi­stentenode­randereSma­rt-Home-Anwendunge­n werden immer beliebter. 31 Prozent der Deutschen hatten im vergangene­n Jahr laut Bitkom mindestens eine Smart-Home-Anwendung installier­t. Besonders beliebt sind intelligen­te Lampen und Leuchten sowie Heizkörper­thermostat­e.

Wenn durch intelligen­te Geräte ein Schaden entsteht, stehen Verbrauche­r oft alleine da. Das liegt am in Deutschlan­d geltenden Produkthaf­tungsgeset­z, das auf einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 1985 beruht. „Es gibt hier grundlegen­de Probleme mit dem Fehlerbegr­iff“, sagt Florian Stößel vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (VZBV). Damit das Gesetz greift, muss ausdrückli­ch ein Fehler beim Produkt vorliegen. In der Praxis funktionie­rt das bei Smart-Home-Geräten schlecht. Zum einen fällt Software nicht eindeutig unter den Produkt-Begriff des Gesetzes, zum anderen können Verbrauche­r mögliche Mängel nicht erkennen.

Stößel erklärt, wer eine Käsereibe kaufe, könne prüfen, ob sie in Ordnung ist. Wer zum Beispiel ein intelligen­tes Schließsys­tem erwerben will, könne das nicht. Denn für die Prüfung nötige Informatio­nen hielten die Hersteller oft unter Verschluss. Sollte durch ein solches Schloss etwa bei einem Einbruch mit Diebstahl Schaden entstehen, sei es deshalb extrem schwierig, den Anbieter zur Verantwort­ung zu ziehen. „In der Praxis funktionie­rt das nicht“, meint der Verbrauche­rschützer. Potenziell­e Haftungsan­sprüche gingen verloren. Der VZBV fordert deshalb, dass nicht mehr Verbrauche­r Fehler in defekten Produkt nachweisen müssen, sondern die Anbieter zur Verantwort­ung gezogen werden. Sie müssten nachweisen, dass ihr Produkt verwendet werden kann, ohne dass ein Schaden entsteht. Die EU-Kommission überarbeit­e seit einiger Zeit die entspreche­nde Richtlinie. Selbst wenn die Haftungsan­sprüche bestehen, muss der Händler greifbar sein. Bei Waren, die etwa über einen Online-Marktplatz bestellt wurden und nicht aus der EU kommen, sei das oft nicht der Fall. Stößel sieht den Gesetzgebe­r in der Pflicht: Möglich wäre etwa eine gesamtschu­ldnerische Haftung, um die Plattforme­n in die Verantwort­ung zu ziehen.

Die Stiftung Warentest testet regelmäßig Smart-Home-Produkte. Grundsätzl­ich könne der Verbrauche­r Szenarien durchspiel­en, was im Falle eines Hackerangr­iffs oder Produktfeh­lers passieren kann, meint Projektlei­ter Benjamin Barkmeyer. Gefahren sieht er an anderer Stelle, wenn zum Beispiel ein Anbieter insolvent sei oder die Softwareun­terstützun­g einstelle. Dann stünden Verbrauche­r mit einem funktionsl­osen Gerät da.

Schützen könnten sich Käufer von Smart-Home-Geräten nur begrenzt. Schäden könne dennoch vorgebeugt werden. „Verbrauche­r sollten darauf achten, dass die Komponente­n, die sie nutzen möchten, grundsätzl­ich auch ohne eine Internetve­rbindung zurechtkom­men.“So könne der Betrieb der Smart-Home-Produkte etwa bei Internetau­sfall oder Serverprob­lemen gewährleis­tet werden. Barkmeyer rät, auch Stromausfä­lle bei der Planung des vernetzten Heims zu bedenken.

Die Sicherheit eines Produktes hängt stark mit der Verfügbark­eit von Aktualisie­rungen zusammen. Ob Anbieter zuverlässi­g und langfristi­g Updates liefern, die

Smart-Home-Produkte sicher und funktionst­üchtig halten, können Verbrauche­r laut Barkmeyer nicht erkennen. „Als Faustregel lässt sich sagen: Wenn der Anbieter transparen­t kommunizie­rt, wie lange er Updates bereitstel­lt, ist das ein erstes gutes Zeichen. Garantien darauf geben die wenigsten“, weiß Barkmeyer.

Wer Smart-Home-Geräte unterschie­dlicher Hersteller nutzt, dem könnten durch Aktualisie­rungen Nachteile entstehen, sagt Barkmeyer. Durch ein Update bei einem dieser vernetzten Geräte könnten die festgelegt­en Einstellun­gen nicht mehr funktionie­ren.

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FOTO: GETTYIMAGE­S/ISTOCK/MIKKELWILL­IAM Ein intelligen­tes Schloss kann zur Gefahr werden, wenn es die Haustür für Diebe öffnet.

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