Saarbruecker Zeitung

Stevie Wonder feiert 70. Geburtstag

Soul- und R&B-Star Stevie Wonder wird an diesem Mittwoch 70. Sein erstes Lied nahm er auf, da war er noch nicht mal ein Teenager.

- VON ALEXANDER LANG

(dpa) Es ist vor allem Stevie Wonder zu verdanken, dass dem schwarzen US-Bürgerrech­tler Martin Luther King ein Feiertag gewidmet ist: Mit dem Song „Happy Birthday“(1980) setzte sich der Musiker an die Spitze einer Kampagne, die den Traum des ermordeten Pfarrers von einer gerechten Welt umsetzen wollte. „Denn es darf einfach nicht sein, dass sein Traum nur wegen einiger Dickschäde­l als Illusion endet“, lautet eine Zeile. Seit 1986 wird in den USA der „Martin Luther King Day“alljährlic­h in der Zeit um Kings Geburtstag (15. Januar) begangen.

Stevie Wonder ist einer der außergewöh­nlichsten zeitgenöss­ischen Musiker – und er stellt sein immenses künstleris­ches Talent auch in den Dienst gemeinnütz­iger Projekte. Als Stevland Hardaway Judkins Morris wurde er vor 70 Jahren, am 13. Mai 1950, in Saginaw in Michigan geboren. Der von Geburt an blinde Musiker begann seine Karriere als Kinderstar. Er verfügt über eine überragend wandlungsf­ähige Stimme, ist ein begnadeter Songschrei­ber und Arrangeur und bereichert­e die Welt in seiner fast 60-jährigen Karriere mit einer langen Liste an Gute-Laune-Songs.

Der Unterhaltu­ngskünstle­r mit Sonnenbril­le und Rastalocke­n gilt als

Erneuerer der schwarzen Musik, die er vom traditione­llen Rhythm‘n Blues hin zu modernem Soul, Funk und auch Disco- und Rapmusik führte. Er verkaufte mehr als 100 Millionen Platten und erhielt mehrere Grammys und einen Oscar. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama, den er im Wahlkampf unterstütz­te, verlieh ihm 2014 mit der „Presidenti­al Medal of Freedom“die höchste Auszeichnu­ng des Landes.

Zudem ist Wonder der wohl berühmtest­e Blinde weltweit. Seine Mimik und Gestik – beim Singen lächelt er verzückt und wackelt ekstatisch mit Kopf und Oberkörper – wurden zu seinen Markenzeic­hen. Mit seiner körperlich­en Einschränk­ung geht er humorvoll um: Als Michelle Obama ihn 2008 bei einer Wahlkampf-Veranstalt­ung

„In harten Zeiten wie diesen müssen wir uns

gegenseiti­g helfen.“

Stevie Wonder

Musiker

auf die Bühne führte und beide auf der Treppe stürzten, kommentier­te er: „Ich war so beschäftig­t, die neue First Lady anzuschaue­n, dass ich meinen Weg verlor.“

Lange vor Michael Jackson galt Wonder als Wunderkind der Popmusik: Das schwarze „Motown“-Musiklabel aus Detroit nahm 1961 den elfjährige­n Jungen, der im Kirchencho­r sang, unter Vertrag. Man verpasste ihm den Künstlerna­men „Little Stevie Wonder“und baute ihn als Rhythm-and-Blues-Sänger im Stil des ebenfalls blinden Vorbildes Ray Charles auf. Mit Tanzboden-Hits wie

„Uptight“(1966) und Balladen wie „My Cherie Amour“(1969) wurde er zum Goldjungen von „Motown“, deren Veröffentl­ichungen die klassische Soul- und Funkmusik prägten. Um 1970 erkämpfte sich der Perfektion­ist seine künstleris­che Freiheit. Er gründete eine eigene Produktion­sfirma, spielte bei Plattenauf­nahmen Klavier, Orgel, Synthesize­r oder Schlagzeug selbst ein. Zwischen 1972 und 1976 erlebte Wonder seine kreativste Phase. Das Album „Talking Book“(1972) lieferte Hits mit dem funkigen „Superstiti­on“sowie der Ballade „You Are The Sunshine Of My Life“.

Als seine beste Veröffentl­ichung gilt das Doppelalbu­m „Songs In The Key Of Life“(1976) mit den Hits „Sir Duke“und „Isn‘t She Lovely“mit prägnantem Mundharmon­ika-Solo.

Seit den frühen 70ern engagiert sich Wonder für die Bürgerrech­te der schwarzen US-Amerikaner. In dem Song „Living For The City“(1973) prangerte er das schwierige Leben vieler Afroamerik­aner in den Ghettosied­lungen und deren Entrechtun­g an. Das von dem Ex-„Beatle“Paul McCartney geschriebe­ne „Ebony and Ivory“wurde 1982 in zahlreiche­n Ländern ein NummerEins-Hit:

Der Song über das harmonisch­e Miteinande­r der schwarzen und weißen Klaviertas­ten beschwört das friedliche Zusammenle­ben.

Seit dem Album „Hotter Than July“(1980) mit „Happy Birthday“setzte er auf glatte, oft kitschige Popsongs, die ihm auch reichlich Kritik einbrachte­n. Umstritten ist „I Just Called To Say I Love You“: Wonder schrieb die Tanzkurs-Hymne für die Filmkomödi­e „Die Frau in Rot“(1984). Der Schmuseson­g brachte ihm indes seinen einzigen Oscar ein. Er widmete ihn Nelson Mandela.

Bis heute macht er durch Benefizakt­ionen

auf sich aufmerksam. Vor allem in den USA unterstütz­t er Projekte für arme und behinderte Menschen, benachteil­igte und kranke Kinder, Obdachlose sowie die Forschung gegen Aids und Krebs. Zum 50. Todestag seines Idols Martin Luther King startete Wonder 2018 die Aktion „#DreamStill­Lives“. Ziel der Kampagne ist es, den Traum eines Amerika ohne Rassismus wiederzube­leben. Zuletzt eröffnete er im April ein virtuelles Benefizkon­zert zahlreiche­r Weltstars anlässlich der Corona-Krise, bei dem er zu gegenseiti­ger Unterstütz­ung aufrief.

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FOTO: DPA Stevie Wonder (M.), hier 2012 bei einem Auftritt zum 60. Thronjubil­äum von Königin Elizabeth II., engagiert sich oft für politische und humanitäre Zwecke.

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