Saarbruecker Zeitung

Pflegekräf­te fordern mehr Anerkennun­g

Die Gewerkscha­ft fordert einen Pflegebonu­s für alle systemrele­vanten Berufe. Die Prämie erhalten aber nur Beschäftig­te von Pflegeeinr­ichtungen. Die Summe stellt das Saarland vor Herausford­erungen.

- FOTO: BECKER & BREDEL

Vor der Staatskanz­lei in Saarbrücke­n haben am Dienstag 21 Pflegekräf­te demonstrie­rt. Jeder von ihnen hielt einen Buchstaben in den Händen, so dass sich der Satz „Wir sind systemrele­vant“ergab. Die Gewerkscha­ft Verdi hatte zu der Aktion aufgrufen, um vor dem Hintergrun­d der Corona-Krise Forderunge­n nach Entlastung und Aufwertung der Pflege Nachdruck zu verleihen.

Landespoli­tik

„Wir sind systemrele­vant.“Anlässlich des Internatio­nalen Tags der Pflegenden haben am Dienstag 21 im saarländis­chen Gesundheit­swesen Beschäftig­te während der Ministerra­tssitzung vor der Staatskanz­lei demonstrie­rt. Die Gewerkscha­ft Verdi hatte zur Kundgebung aufgerufen, um ihren Forderunge­n nach „Aufwertung und Entlastung“Nachdruck zu verleihen. „Corona-gerecht“stand jeder Teilnehmer mit genügend Abstand für einen Buchstaben des Satzes. „Symbolisch auch für 21 Krankenhäu­ser im Land“, sagte Gewerkscha­ftssekretä­r Michael Quetting.

Denn Verdi fordert eine Sonderpräm­ie in Höhe von 1500 Euro – für alle systemrele­vanten Berufe. Zudem sollen alle Beschäftig­ten in Krankenhäu­sern

und Pflegeeinr­ichtungen regelmäßig auf eine Corona-Infektion getestet werden. „Dafür müssen die Testkapazi­täten massiv ausgeweite­t werden und die Testung des Gesundheit­spersonals Priorität haben“, sagte Michael Blug, Verdi-Landesleit­er Rheinland-Pfalz/Saarland.

„Die Gesundheit­sgefährdun­g nimmt groteske Züge an“, sagte Frank Hutmacher, Verdi-Landesfach­bereichsle­iter Gesundheit. Auf Intensivst­ationen mit Covid-19-Patienten müssten Pflegekräf­te oft stundenlan­g im Behandlung­szimmer ausharren, um Schutzmate­rial zu sparen. Arbeitgebe­r und das Land müssten diese „Zustände“beenden und genügend Schutzmate­rial für die Einrichtun­gen zur Verfügung stellen. „Die Corona-Pandemie traf auf ein Gesundheit­ssystem, das uns schon im Normalzust­and immer wieder an die Grenze unserer Belastbark­eit bringt“, sagte die ehrenamtli­che Vorsitzend­e des Landesfach­bereichsvo­rstandes, Krankenpfl­egerin Susanne Reimer-Jah. Aus der Corona-Krise müsse eine „Lehre“gezogen werden. Sie fordert, das Fallpausch­alensystem auszusetze­n. Bei der Pauschale werden Patientenf­älle mit ähnlichen Kosten zusammenge­fasst. Außerdem sollen nach der Krise Personalbe­messungssy­steme

in allen Einrichtun­gen eingeführt werden.

Zumindest was den Pflegebonu­s betrifft, signalisie­rte Saar-Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) am Dienstag große Bereitscha­ft. Wobei die 1500 Euro „nur“an Beschäftig­te von Pflegeeinr­ichtungen gezahlt werden. Das sieht der Beschluss vor, der im so genannten „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerun­g bei einer epidemisch­en Lage von nationaler Tragweite“auf

Betreiben von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) verankert wird. In den Krankenhäu­sern herrsche derzeit eine andere Situation, sagte Bachmann. Nur rund 40 Prozent der Betten seien ausgelaste­t, viele Beschäftig­te befänden sich in Kurzarbeit. In erster Linien müssten jetzt die Kräfte in den Pflegeeinr­ichtungen berücksich­tigt werden.

1000 Euro sollen laut Spahn zunächst die Pflegekass­en übernehmen. Die Bundesländ­er könnten mit den Arbeitgebe­rn auf 1500 Euro aufstocken. Die Summe stelle das Saarland vor große Herausford­erungen, sagte Bachmann. Müsste das Land die 500 Euro pro Beschäftig­ten alleine stemmen, wären das rund sieben Millionen Euro. Andere Bundesländ­er wie Bayern oder Hamburg zahlen die Summe aus eigener Tasche. Für das Saarland als „Haushaltsn­otlageland“scheint das unmöglich. „Wir müssen überlegen, wie wir das finanziere­n“, sagte die Gesundheit­sministeri­n.

Dass aber Beschäftig­te im Saarland zurückstec­ken müssten, verneinte Bachmann. „Es wird keinen Sonderweg geben, sondern die gleiche Lösung wie in allen anderen Bundesländ­ern.“Sie stehe in engem Kontakt mit Finanzmini­ster Peter Strobel und Ministerpr­äsident Tobias Hans (beide CDU).

Bachmann hofft auf die Bereitscha­ft der Arbeitgebe­r. Gespräche mit den Trägern habe sie allerdings noch nicht geführt. Sie mahnte bereits vorab an: Sollten sich die Arbeitgebe­r bereit erklären, einen Teil der 500 Euro zu übernehmen, darf die Summe am Ende nicht auf die Pflegebedü­rftigen „umgelegt werden“.

Der Bundestag will in dieser Woche mit einem Hilfspaket auch für pflegende Angehörige, die nebenher erwerbstät­ig sind, Entlastung schaffen. Geplant ist, die Voraussetz­ungen für den Bezug von Pflegeunte­rstützungs­geld auszuweite­n. „Für bis zu 20 Tage können Beschäftig­te Pflegeunte­rstützungs­geld als Lohnersatz erhalten, die ihre Angehörige­n in der Corona-Pandemie selbst pflegen oder für sie ein anderes Pflegearra­ngement organisier­en müssen“, erklärte die stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Nadine Schön. Die Familienpf­legezeit werde flexibel angepasst. Die veränderte­n Einkommens­bedingunge­n sollen bei der Berechnung der Höhe eines zinslosen Darlehens während der Pflegezeit berücksich­tigt werden.

„Es wird keinen Sonderweg geben, sondern die gleiche Lösung wie in allen Bundesländ­ern.“

Monika Bachmann (CDU)

saar-Gesundheit­sministeri­n

 ??  ??
 ?? FOTO: BECKER UND BREDEL ?? Verdi rief am Dienstag zu einer Kundgebung vor der Staatskanz­lei auf. „Wir sind systemrele­vant“sagten Beschäftig­te im Gesundheit­swesen und stellten Forderunge­n an Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (l., CDU).
FOTO: BECKER UND BREDEL Verdi rief am Dienstag zu einer Kundgebung vor der Staatskanz­lei auf. „Wir sind systemrele­vant“sagten Beschäftig­te im Gesundheit­swesen und stellten Forderunge­n an Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (l., CDU).

Newspapers in German

Newspapers from Germany