Saar-Handwerk leidet unter Corona-Krise
Fast die Hälfte der befragten Handwerksbetriebe im Saarland schlossen das erste Quartal mit einem Minus ab. Die Handwerkskammer sieht die öffentliche Hand gefragt.
Viele Saar-Handwerksbetriebe leiden unter zurückgehenden Aufträgen und sinkendem Umsatz. Für immer mehr Betriebe bedeutet das auch Personalabbau. Das ergab die Frühjahrsumfrage der Saar-Handwerkskammer.
Die Corona-Krise bremst das saarländische Handwerk. Nachdem in den vergangenen Jahren ein Allzeit-Hoch das nächste ablöste und die rund 12 000 saarländischen Handwerksbetriebe stets optimistisch in die Zukunft blickten, hat sich die Stimmung in diesem Frühjahr schlagartig geändert. Die Beschäftigungszahlen sind rückläufig, Auftragsbestände sinken, die Betriebe verzeichnen weniger Umsatz, weniger Auslastung und die Erwartungen an die nächsten Monate sind pessimistisch – so hat Handwerkskammer-Präsident Bernd Wegner die Frühjahrsumfrage der Handwerkskammer des Saarlandes am Dienstag zusammengefasst. Sein Appell: „Handwerksunternehmen jetzt beauftragen! Das Handwerk braucht Aufträge.“
Während im vergangenen Jahr noch 94 Prozent der befragten Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut“oder „befriedigend“bewertet haben, gaben bei der Umfrage vom 15. bis 31. März nur noch drei Viertel der befragten 1400 Betriebe diese Einschätzung. Ein Viertel sprach von einem schlechteren Geschäftsverlauf. Im vergangenen Jahr traf dies nur auf sechs Prozent zu. Zudem schloss fast die Hälfte der befragten Betriebe (48 Prozent) das erste Quartal mit einem Minus ab, nur noch 13 Prozent konnten ein Umsatzplus verbuchen. Im Frühjahr 2019 waren es noch 28 Prozent. Wie Wegner berichtet, haben zwar 72 Prozent der Betriebe , die Zahl ihrer Mitarbeiter stabil gehalten, allerdings haben schon 19 Prozent Personal abgebaut. Und auch in den Auftragsbüchern zeigt sich die Krise. 42 Prozent der Betriebe berichten von einem gesunkenen Auftragsbestand im ersten Quartal. Der HWK-Geschäftsklimaindex, der die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage sowie die Zukunftserwartungen der Unternehmen abbildet, lag mit 68 Punkten 52 Zähler unter dem Frühjahrswert 2019 und ist der schlechteste gemessene Wert in den zurückliegenden zehn Jahren. Das liegt der HWK zufolge vor allen an den negativen Zukunftserwartungen.
Wie HWK-Hauptgeschäftsführer Arnd Klein-Zirbes berichtet, erwarten drei Viertel der befragten saarländischen Handwerks-Unternehmen eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage in den kommenden Monaten. 69 Prozent rechnen damit, das zweite Quartal mit einem Minus abzuschließen. Im Vorjahr traf das nur auf sieben Prozent zu. Rund zwei Drittel rechnen mit einem Nachfragerückgang – im Vergleich zu acht Prozent im Vorjahr. Klein-Zirbes hält die Corona-Zurückhaltung der Kunden nicht für nötig: „Wenn man jetzt von Friseuren und Kosmetikern absieht, hat das Handwerk in großen Teilen durchgearbeitet, und es gibt aus unserer Sicht keinen Grund, wieso jemand seinem Dachdecker absagen sollte.“
Auch Stuckateurmeister Oliver Heib verzeichnet einen Rückgang der Nachfrage von Privatkunden. Sein Unternehmen, die Albert Heib GmbH aus St. Ingbert, sei bislang
„Das Handwerk braucht
Aufträge.“
Bernd Wegner
Präsident der Saar-Handwerkskammer
zwar noch so gut wie nicht von der Corona-Krise betroffen, sagt er. „Wir haben ein gutes Polster zu Anfang des Jahres. Das wird auch noch über den Sommer andauern. Aber wir merken, dass der Puffer kleiner wird.“Zurzeit würden vor allem Aufträge aus der öffentlichen Hand gut laufen – der öffentliche Sektor mache zurzeit etwa 30 Prozent seiner Aufträge aus. Viele Kindergärten, die jetzt geschlossen seien, würden rasch Renovierungsarbeiten anfordern. Deshalb sein Wunsch: „Die Veränderung der Vergaberichtlinien nicht bis Ende des Jahres auslaufen zu lassen.“Seit 9. April können saarländische Städte, Gemeinden und Landkreise Aufträge unbürokratischer vergeben. Freihändige
Vergaben sind bis zu 150 000 Euro möglich. Bei Bauleistungen ist bis zu einem Auftragswert von einer Million Euro eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb möglich. Das hatten Innenminister Klaus Bouillion (CDU) und Umweltminister Reinhold Jost (SPD) im April vorgestellt. Die Veränderung in der Vergaberegelung ist bis 31. Dezember befristet. Heib, auch Landesinnungsmeister Stuck, Putz, Trockenbau, wünscht sich, dass die Vergaberichtlinien wenigstens bis Sommer nächsten Jahres so beibehalten werden, „dass Geld aus den Kommunen bereitgestellt wird, um das Handwerk in unserer Region zu stützen.“
Auch die Handwerkskammer begrüßt die leichtere Vergabe öffentlicher Aufträge ausdrücklich, betont Klein-Zirbes. Obwohl etwa wegen der Bewältigung der Corona-Krise Geld in den öffentlichen Kassen fehle, sei es wichtig, dass die Gemeinden, Kommunen und Landkreise weiterhin investieren. Präsident Wegner hofft, „dass die Landesregierung im Haushalt nachlegt und die Kommunen nicht allein lässt, damit Vergaben an die Handwerksunternehmen gemacht werden können. Wir brauchen diese Investitionen, um die Infrastruktur im Land fit zu machen und vor allen Dingen nicht den Anschluss an andere Bundesländer zu verlieren.“