Die Saar-Gastronomie verliert ihre Lebensfreude
Gewiss: die Bekämpfung des Coronavirus verlangt von allen Opfer ab. Doch so langsam stellt sich auch die Frage, ob all die „Schutzmaßnahmen“wirklich im Verhältnis zur beabsichtigten Wirkung stehen. Das lässt sich am Beispiel der Gastronomie besonders gut ablesen. Sie leistet mit ihren bundesweit über 2,4 Millionen Beschäftigten zwar einen großen Beitrag zum besseren Wohlbefinden zahlreicher Menschen, die sich inmitten ihres stressigen Lebens Momente des Genusses und der Lebensfreude gönnen wollen.
Doch genau diese Lebensfreude, das Herzstück und die Lebensader der Gastronomie und Hotellerie, geht jetzt im Rahmen der politischen Bedingungen zur Wiederöffnung der Gastronomie nahezu komplett verloren. Wohl niemand will das Ziel der Corona-Bekämpfung in Frage stellen. Doch es muss auch erlaubt sein zu hinterfragen, ob es wirklich hilfreich ist, in der Gastronomie in den kommenden Wochen und Monaten eine Art Krankenhaus-Atmosphäre zu schaffen.
Wer hat ernsthaft Lust darauf, einen Gaststätten- und Restaurant-Besuch ab dem 18. Mai mit dem Griff zum Desinfektions-Mittel am Eingang zu beginnen, vom Maske tragenden Personal an den Tisch geleitet zu werden, um sich dort dann endlich auch von der eigenen Maske befreien zu dürfen. Noch wichtiger als die Speisekarte wird das Studium der zahlreichen schriftlichen Hinweise sein, was man alles nicht mehr darf. An eine fröhliche Runde mit mehreren Freunden oder Geschäftspartnern ist angesichts des einzuhaltenden Abstands nicht mehr zu denken.
Auch für den Koch und seine Mitarbeiter entsteht zusätzlicher Stress, müssen sie stundenlang mit Maske und Handschuhen für den „Genuss“der Speisen sorgen. Und die Bedienung erläutert weniger die Vorzüge der Speisen, sondern konzentriert sich auf die Erfassung von Namen, Telefonnummern sowie der Anschrift der Gäste. Muss man selbst beim schnellen Kaffee zwischendurch auf dem Marktplatz oder einem Getränk im Biergarten wirklich Telefonnummer und Adresse hinterlassen? An Datenschutz denkt offensichtlich ohnehin keiner mehr.
Einen begehrten Ort wird es besonders heftig treffen: die kleine Kneipe um die Ecke, Sinnbild für Gemütlichkeit, häufig auch „Kummerkasten“für viele, die sich beim Bier dem Wirt anvertrauen. Vorbei! Selbst der Platz an der Theke ist tabu. Wie soll überhaupt in einer kleinen Kneipe noch ein Sicherheitsabstand einzuhalten sein, ohne dem Eigentümer die Luft abzudrehen, weil er so gut wie keinen Tisch mehr aufstellen kann? Viele Bedingungen zur Wiederöffnung hat die Politik diktiert, der Bezug zur Wirklichkeit bleibt häufig unklar. Der vielfach angemahnte große Rettungsschirm für Gastronome und Hotelliers lässt ebenfalls auf sich warten. Möglicherweise hat man am Ende das Corona-Virus besiegt, aber mit einer vor sich hinsterbenden Gastronomie und Hotellerie auch ein großes Stück Lebensqualität für immer verloren. Ein hoher Preis. Jetzt liegt es an den Kunden, ob sie ihrem Wirt die Treue halten.