Minijobs gehen so stark zurück wie nie
Im März gingen 224 000 Bundesbürger weniger als vor einem Jahr einer geringfügigen Beschäftigung nach.
Die Corona-Krise setzt den geringfügig Beschäftigten hart zu. Nach der am Dienstag veröffentlichten Statistik der Minijob-Zentrale in Essen gab es im März fast eine Viertel Million weniger Minijobber als im gleichen Monat des Vorjahres. So groß war der Rückgang noch nie. Und er könnte nur der Auftakt für einen massiven Einbruch sein.
Sie kellnern, putzen Wohnungen oder räumen Regale ein – in Deutschland gehen rund 6,7 Millionen Menschen einer geringfügigen Beschäftigung nach. Das heißt, sie verdienen bis zu 450 Euro im Monat, ohne dafür selbst Steuern und Abgaben entrichten zu müssen. Das macht die Jobs für viele attraktiver. Aktuell verzeichnet die Mini-Jobzentrale jedoch eine Talfahrt, wie es sie selbst in der Finanzkrise vor gut zehn Jahren nicht gegeben hat.
Im März 2020 arbeiteten demnach nur noch 6,38 Millionen geringfügig Beschäftigte im gewerblichen Bereich. Das waren rund 219 000 weniger als im gleichen Monat des Vorjahres. Auch die Zahl der Minijobber in Privathaushalten ging um knapp 5000 zurück. Unter dem Strich gibt es damit aktuell etwa 224 000 Minijobber weniger als noch vor zwölf Monaten. Im Vergleich zum Vorquartal, also den drei Monaten bis Ende Dezember, waren es sogar 311 000 weniger.
Die Daten erstaunen insofern, als Deutschland im März noch ganz am Anfang der Virus-Epidemie stand. Es gab kaum Todesfälle, und erst in der zweiten Monatshälfte hatten Bund und Länder weitreichende Kontaktbeschränkungen verhängt. Für den Sprecher der Minijob-Zentrale, Wolfgang Buschfort, kommt die Entwicklung daher auch überraschend. „Minijobber unterliegen ebenfalls den normalen Kündigungsfirsten. Die geringste ist vier Wochen zum Monatsende oder zum 15. eines Monats“, erläutert Buschfort. Offenbar hätten viele Arbeitgeber die Fristen nicht eingehalten.
Besonders rasant im Jahresvergleich war der Rückgang im Gastgewerbe.
Hier verloren gut elf Prozent der geringfügig Beschäftigten ihren Job. Im verarbeitenden Gewerbe lag das Minus bei 6,3 Prozent. Unter den Bundesländern kam Bayern noch am besten weg. Dort wurde nur 2,3 Prozent aller Minijobber im gewerblichen Bereich gekündigt. In
Berlin waren es dagegen 5,3 Prozent. Überdurchschnittlich hoch sind die Entlassungen auch im Saarland und in Sachsen (jeweils 4,2 Prozent) gewesen.
Es dürfte noch schlimmer kommen. Die Corona-Krise werde sich wohl erst in den April-Zahlen voll niederschlagen, weil dann alles stillgestanden habe, vermutet Heinz-Günter Held von der Geschäftsführung der Minijob-Zentrale. Obendrein vergingen oft einige Wochen, bis Arbeitgeber ihre Abmeldung übermittelten. „Tatsächlich könnte es daher schon am Ende des ersten Quartals noch weniger Minijobber gegeben haben“, so Held.
Laut Statistik üben 98 Prozent der Minijobber im gewerblichen Bereich und fast 88 Prozenten in den Privathaushalten genau eine geringfügige Beschäftigung aus. Der Rest hat mehrere Minijobs. Angesichts der außergewöhnlichen Krise plädiert der Nürnberger Arbeitsmarktforscher Enzo Weber dafür, arbeitslosen Minijobbern Kurzarbeitergeld zu zahlen. Dies sei „zur Stützung der Einkommen gerechtfertigt, auch wenn dafür keine Beiträge entrichtet wurden“, sagte Weber. „Minijobs werden durch die Steuer- und Abgabefreiheit für die Beschäftigten erheblich subventioniert. Sie führen aber nicht zu einer sozialen Absicherung und in aller Regel auch nicht zu einer beruflichen Entwicklung.“