Forscher wollen das Rätsel der Zugvögel lösen
Der Klimawandel hat offenbar auf die Lebensgewohnheiten der Tiere weniger Einfluss als bisher angenommen.
(afp) Zugvögel reisen bei jedem Klima zu ihren Überwinterungsplätzen. Den Vogelzug gab es schon während der vergangenen Eiszeit vor 50 000 Jahren, berichten Forscher des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Radolfzell. Die Biologen simulierten Wanderungen der Tiere während der vergangenen 50 000 Jahre am Computer. Dabei stellten sie fest, dass Vögel in verschiedenen Teilen der Erde unterschiedlich auf Klimaveränderungen reagierten.
Während einer Kältephase brüteten Vögel näher am Äquator. In Europa, Asien und Afrika gab es während der vergangenen Eiszeit etwa gleich viele Zugvogelarten wie heute. In Nord- und Südamerika hingegen lebten während der Eiszeit 20 Prozent weniger Zugvogelarten als heute. Diese Arten waren wahrscheinlich standorttreu und entwickelten sich erst nach der Eiszeit zu Zugvögeln. Ihre Zugstrecken waren im Schnitt 40 Prozent kürzer als die der Vögel aus Europa, Asien und Afrika.
Für die Simulation wurde ein Computermodell genutzt, das Klimafaktoren berechnet, die für das Überleben von Vögeln wichtig sind. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels auf Zugvögel vorherzusagen. Bisher waren die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass Vögel während einer Eiszeit an einem Standort leben und nur in einer Warmphase wandern.
Der derzeitige Klimawandel verläuft schneller als alle früheren Veränderungen. Zudem verschlechterten sich die Lebensbedingungen für Vögel durch den Verlust von Lebensraum und Nahrung. „Jährlich stirbt etwa eine Milliarde Zugvögel auf dem Weg zwischen Europa und Afrika, und wir wissen nicht genau, wo und warum“, erklärte der Radolfzeller Forscher Martin Wikelski.
Wie genau die Zugstrecken der Tiere aussehen, wollen die Wissenschaftler mit einem neuen System zur Tierbeobachtung aus dem All untersuchen, das auf der Internationalen Raumstation ISS installiert worden ist. Es kann den Weg von Tieren nachverfolgen, die mit speziellen Miniatursendern ausgestattet worden sind. Ab August soll das System allgemein für die Forschung zur Verfügung stehen. www.icarus.mpg.de/de