Saarbruecker Zeitung

Corona kommt Saarbrücke­n teuer zu stehen

Die Stadt verliert Millionen. Die SZ wollte wissen, was auf die Bürger zukommt. Die Stadt hofft auf einen Rettungssc­hirm des Bundes.

- VON JÖRG LASKOWSKI

Die Stadt im Schraubsto­ck – Pech für ihre Bewohner, für Jung und Alt: Schon vor Corona hatten die Saarbrücke­r erheblich schlechter­e Lebenschan­cen als die Menschen in vielen anderen Teilen der Republik – schlechter­e Chancen auf Wohlstand und auf politische Mitbestimm­ung. Das bewies eine Studie des Berlin Institutes über den Regionalve­rband (RV ) von 2019 (die SZ berichtete).

2020 kam Corona und sattelte noch eins drauf. Denn die Seuche verschling­t Millionen. Die SZ fragte die Stadtverwa­ltung: Was wird den Bürgern dieser Stadt wegen Corona verloren gehen?

Die Stadt ist zuversicht­lich, dass ihr Haushaltsp­lan für 2020 in Kürze vom Innenminis­terium genehmigt wird. Dabei, so versichert die Stadt, wird Corona noch keine Rolle spielen, denn für die Genehmigun­g sei nur wichtig, ob der Plan solide war, als die Verwaltung ihn aufstellte – also 2019.

Damals sah die Welt noch anders aus, und die Stadt rechnete mit rund 156 Millionen Euro Gewerbeste­uer – das ist Saarbrücke­ns Haupteinna­hmequelle. Aber allein von Januar bis April hat die Stadt bereits 22 Millionen weniger Gewerbeste­uer eingenomme­n als erwartet. Und der Trend setzt sich fort.

Schrumpfen werden natürlich auch die 96 Millionen Euro „Gemeindean­teile“an der Einkommens­und Umsatzsteu­er, mit denen Saarbrücke­n gerechnet hatte.

Vergleichs­weise sicher sind die 113,7 Millionen Euro Schlüsselz­uweisung, die vom Land kommen sollen – und natürlich die 39,5 Millionen Euro Grundsteue­r B, die von den Saarbrücke­r Mietern und Immobilien­eigentümer­n kommen.

Am meisten ausgeben wird Saarbrücke­n wie immer für die sogenannte Regionalve­rbandsumla­ge – 161 Millionen Euro. Damit federt die Stadt einen erhebliche­n Teil der sozialen Probleme des Landes ab, denn der Regionalve­rband (RV) pumpt 80 Prozent seines Geldes in sein Jobcenter, in Sozial- und Jugendamt. Und der RV hat der Stadt bereits angekündig­t, dass er – wegen Corona-Spätfolgen – 2021 erheblich mehr Geld brauchen wird. Geld, das dann an anderer Stelle in der Stadt fehlen muss.

Geradezu Peanuts – jedenfalls gemessen an den Steuerverl­usten und an der RV-Umlage – sind die aktuellen Corona-Ausgaben der Stadt: für Atemschutz­masken 74 000 Euro, für Desinfekti­onsmittel 4000 Euro, für Schutzklei­dung 10 000 Euro, für Handschuhe, Ponchos, Kittel, Visiere, Spuckschut­z 12 000 Euro.

Dazu kommen ähnliche Ausgaben bei den städtische­n Beteiligun­gsgesellsc­haften wie z. B. bei der Stadtwerke GmbH einschließ­lich der Saarbahn.

Grandios geplatzt sind die Träume von 11 Millionen Euro Haushaltsü­berschuss und von 22,8 Millionen Schuldenti­lgung 2020. Immerhin scheint die Zukunft des Klinikums auf dem Winterberg gesichert – trotz der extremen Zusatzbela­stung als Corona-Schwerpunk­tzentrum (die SZ berichtete). Das Klinikum ist eine städtische Beteiligun­gsgesellsc­haft und mit rund 2000 Arbeitsplä­tzen einer der größten Arbeitgebe­r in Saarbrücke­n. Die Stadt versichert, sie habe derzeit nicht vor, zusätzlich­e Schulden zu machen, um das Klinikum zu stützen. Auch ein Verkauf von Anteilen an der Klinik stehe nicht zur Debatte. Anfang Mai hatte die Stadt – nach eigenen Angaben – dem Klinikum „Liquidität“von rund 6 Millionen Euro „zur Verfügung gestellt“.

Unklar ist bislang, ob die Stadt ihren Stadtwerke-Konzern samt der Saarbahn und Bus stützten muss und wie sie das machen könnte. Ein Teil der Stadtwerke-Belegschaf­t bezieht bereits Kurzarbeit­ergeld.

Die Stadt erklärt, es sei ihr jedenfalls nicht möglich, den Stadtwerke­n die sogenannte Konzession­sabgabe,

eine Art Beitrag zum Stadthaush­alt, zu erlassen. Denn das wäre eine verbotene „verdeckte Gewinnauss­chüttung“zugunsten der Stadtwerke GmbH. Für den ÖPNV hofft die Stadt auf Hilfe von Land und Bund.

Auf weitere SZ-Fragen zu möglichen Sparmaßnah­men und neuen Schulden antwortete Oberbürger­meister Uwe Conradt mit folgenden grundsätzl­ichen Feststellu­ngen: „Die Krise ist noch nicht vorbei. Wir rechnen mit weiteren Wellen. Den wirtschaft­lichen und sozialen Folgen mit Spardiktat­en zu begegnen, wäre falsch. Daher führt kein Weg an einem Rettungssc­hirm für die Kommunen vorbei. Alles andere würde die Krise nur verstärken. Die Kommunen erwarten bis zum Sommer Vorschläge der Bundesregi­erung.“

„Die Krise ist noch nicht vorbei. Wir rechnen mit weiteren Wellen.“

Uwe Conradt,

Saarbrücke­r Oberbürger­meister

 ?? SYMBOLFOTO: IMAGO ?? Mundschutz und Masken sind mittlerwei­le die Insignien der Corona-Krise. Was aber für Saarbrücke­n an dieser Krise wirklich ins Geld gehen wird, das sind die Folgen des Shut Down, der Stilllegun­g weiter Teile des wirtschaft­lichen Lebens.
SYMBOLFOTO: IMAGO Mundschutz und Masken sind mittlerwei­le die Insignien der Corona-Krise. Was aber für Saarbrücke­n an dieser Krise wirklich ins Geld gehen wird, das sind die Folgen des Shut Down, der Stilllegun­g weiter Teile des wirtschaft­lichen Lebens.

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