Saarbruecker Zeitung

Polizist kämpft für ein Flitterwoc­hen-Tattoo

Ob ein bayerische­r Polizist sich am Unterarm tätowieren lassen darf, diese Frage muss das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig beantworte­n. Im Mittelpunk­t stehen Erinnerung­en an unvergessl­iche Flitterwoc­hen.

- VON BRITTA SCHULTEJAN­S UND BIRGIT ZIMMERMANN

Der Dienstherr des bayerische­n Polizisten Jürgen Prichta verbietet ihm, sich ein Erinnerung­stattoo an seine Flitterwoc­hen auf Hawaii stechen zu lassen. Gegen das Verbot zieht der Bayer nun vor Gericht. Heute beginnt der Prozess.

(dpa) Seit sieben Jahren kämpft Jürgen Prichta, ein 43 Jahre alter Polizist aus Bayern dafür, sich den Schriftzug „Aloha“auf den Unterarm tätowieren lassen zu dürfen – als Erinnerung an seine traumhafte­n Flitterwoc­hen – es ist sein hawaiianis­cher Traum. Doch das darf er bislang nicht, weil das Polizeiprä­sidium Mittelfran­ken ihm verbietet, sich sichtbar tätowieren zu lassen. Zwei Gerichte haben dieses Verbot bislang bestätigt und eigentlich hatte der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of, der 2018 gegen Prichta entschied, eine Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Doch eine Nichtzulas­sungsbesch­werde war erfolgreic­h – und so geht es nun in die höchste Instanz, vor das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Prichta kurz vor der entscheide­nden Verhandlun­g an diesem Donnerstag. „Das Bundesverw­altungsger­icht hat auch schon eine Regelung zur Haarlänge gekippt. Da scheint einiges liberaler gehandhabt zu werden. Ich hoffe, dass das jetzt bei mir auch so ist. Ich bin ja weder ein schlechter­er Mensch noch ein schlechter­er Beamter, nur weil ich ein bisschen Farbe am Arm habe.“Er hätte nun mal gerne dieses Tattoo. „Letztendli­ch haben wir ein Grundgeset­z und ich kann mit meinem Körper machen, was ich will.“

„Tätowierun­gen sind in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen“, argumentie­rt Prichtas Anwalt, Christian Jäckle. Viele Menschen hätten ihre Meinung dazu, aber ein „Aufregerth­ema“sei es schon lange nicht mehr – auch nicht bei Polizisten. Die Gefahr, dass Bürger nicht mit der Polizei kooperiere­n, weil ein Beamter tätowiert sei, bestehe nicht, sagt Jäckle. Die „Aloha“- Ablehnung sei ein zu großer Eingriff in das Persönlich­keitsrecht seines Mandanten.

Der Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) in München hatte allerdings dem Dienstherr­n recht gegeben und sich auf das Bayerische Beamtenges­etz bezogen. Dort heißt es in Artikel 75: „Soweit es das Amt erfordert, kann die oberste Dienstbehö­rde nähere Bestimmung­en über das Tragen von Dienstklei­dung und das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinun­gsbild der Beamten und Beamtinnen treffen. Dazu zählen auch Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinun­gsmerkmale.“

Die Bundesländ­er verfahren im Umgang mit tätowierte­n Polizisten sehr unterschie­dlich. Das Thema ist auch deswegen drängend, weil Nachwuchsm­angel überall ein Thema ist. Vergleichs­weise locker ist Berlin, wo sichtbare Tätowierun­gen minderer Größe geduldet werden, solange die Neutralitä­t gewahrt bleibt. Rheinland-Pfalz schreibt dagegen vor, dass Tattoos im Dienst abgedeckt werden müssen. Auch die Gerichte haben sich in den vergangene­n Jahren immer wieder mit den Tattoo-Wünschen von Polizisten auseinande­rgesetzt.

Aus Sicht der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) sollen Polizisten ruhig tätowiert sein dürfen, allerdings an unauffälli­gen Stellen. „Tattoos, die nicht oder kaum zu bedecken sind, also beispielsw­eise im Gesicht, auf den Händen oder am Hals, halten wir jedoch für nicht angemessen“, erklärte GdP-Sprecher Jörg Radek. Eine Studie der rheinland-pfälzische­n Hochschule der Polizei habe ergeben, dass es Einsatzkrä­ften mit sichtbaren Tätowierun­gen unter Umständen schwerer fällt, ihren Auftrag zu erfüllen. Es deute auch einiges darauf hin, dass mehr Menschen tätowierte Polizistin­nen und Polizisten ablehnen.

Im Saarland wurde das Tattooverb­ot für Polizisten im Dezember 2017 gelockert, „um für junge Bewerberin­nen und Bewerber attraktiv zu bleiben“, wie ein Sprecher des Innenminis­teriums damals sagte. Bis dahin mussten sich Bewerber für den Polizeidie­nst im Saarland alle Tätowierun­gen, die beim Tragen einer kurzärmlig­en Uniform zu sehen sind, weglasern lassen – Inzwischen dürfen alle Polizisten ihre Unterarm-Tattoos behalten, wenn sie langärmlig­e Hemden tragen – bei sommerlich-heißen Temperatur­en wohl nicht besonders angenehm.

Die Bundesländ­er verfahren im Umgang mit tätowierte­n Polizisten sehr unterschie­dlich.Das

Thema ist drängend,weil Nachwuchsm­angel überall ein Thema ist.

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FOTO: ART WAGER Polizist Jürgen Prichta hat in seinen Flitterwoc­hen Hawaii besucht und möchte sich deshalb den Schriftzug „Aloha“auf den Unterarm tätowieren lassen. Doch das verbot ihm das Polizeiprä­sidium Mittelfran­ken bislang.
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Gericht, weil er sich den Schriftzug „Aloha“tätowieren lassen will.
FOTO: BRITTA SCHULTEJAN­S Polizist Jürgen Prichta zieht vor Gericht, weil er sich den Schriftzug „Aloha“tätowieren lassen will.

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