Saarbruecker Zeitung

Seehofer kippt Grenzkontr­ollen – ein bisschen

Der Innenminis­ter setzt auf eine schrittwei­se Lockerung der Corona-Regeln. Touristisc­he Reisen sind aber weiterhin nicht erlaubt.

- VON HAGEN STRAUSS

Seit Tagen war der Druck auf Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) gewachsen, die Kontrollen an deutschen Landesgren­zen zu lockern oder sogar ganz aufzuheben. Aus den Bundesländ­ern, aus der Regierungs­koalition, seitens der Opposition. Nun hat Seehofer nachgegebe­n. Reisefreih­eit bedeuten die Maßnahmen aber nicht, es dürfen weiterhin nur bestimmte Personen passieren.

Bloß keine Eile, lautet nach wie vor das Prinzip des Ministers. Die wegen der Ausbreitun­g des Coronaviru­s eingeführt­en Kontrollen sollen daher von Samstag an vorsichtig aufgehoben und dann erst am 15. Juni vollständi­g eingestell­t werden. Beim Infektions­geschehen habe man eine günstige Entwicklun­g. „Ich glaube, sie wird sich weiter verbessern, deswegen können wir Stück für Stück lockern“, erklärte Seehofer am Mittwoch in Berlin. Seehofer warnte aber: „Wenn sich durch irgendwelc­he Umstände Verschlech­terungen ergeben sollten in den nächsten Wochen, dann müssen wir bereit sein, auf solche Verschlech­terungen zu reagieren.“Eine schnelle Rückkehr „zu einer höheren Kontrollin­tensität“, wie es in einem Papier des Innenminis­teriums heißt, ist dann wieder wahrschein­lich.

Während Seehofer bei der Rücknahme behutsam vorgeht, war der Innenminis­ter Mitte März vorgepresc­ht mit Kontrollen und Schließung­en zu Covid-19-Risikogebi­eten. Acht Wochen danach ist das Verständni­s dafür rapide gesunken – wegen der Belastunge­n in den Grenzgebie­ten und auch aus Sorge, dass Europa sein Verspreche­n offener Grenzen nicht wieder herstellen wird. Deswegen wurden die Forderunge­n immer lauter, die deutschen Kontrollen nicht über den 15. Mai hinaus zu verlängern. Seehofer und sein Stab führten daher intensive Gespräche mit den

Nachbarlän­dern, um diesmal ein gemeinsame­s Vorgehen zu erzielen. Auch Kanzlerin Angela Merkel beteiligte sich mit Telefonate­n. Was ist jetzt konkret geplant?

Binnengren­zen: Die Reisebesch­ränkungen zu Österreich, der Schweiz und Frankreich werden zwar grundsätzl­ich bis 15. Juni verlängert. Allerdings wird ab Samstag nur noch stichprobe­nartig kontrollie­rt werden. An der Grenze zu Luxemburg fallen selbst die Kontrollen „mit Ablauf des 15. Mai“komplett weg. Das soll auch bald für Dänemark gelten, dazu gibt es aber noch Beratungen der Regierunge­n. Auch mit Polen und Tschechien werden noch Gespräche geführt, beide Länder hatten ihrerseits die Grenzen dicht gemacht und wollen dies bis Mitte Juni beibehalte­n. Zu den Niederland­en und Belgien gibt es bislang ohnehin nur stichprobe­nartige Kontrollen im Hinterland. Nach wie vor soll „im Grundsatz“gelten: Nur der Güterverke­hr, Berufspend­ler und Personen mit „triftigem Grund“dürfen die Grenze überqueren. Es soll aber weitere Erleichter­ungen geben zum Beispiel für Schüler oder Menschen, deren Partnersch­aft durch die Einschränk­ungen getrennt wurde. In der Praxis, versprach Seehofer, werde alles „unkomplizi­ert“laufen. Auf die Frage, ob touristisc­he Reisen verboten blieben, antwortete er: „Ja.“

Außengrenz­en: Die Reisebesch­ränkungen für Personen aus Drittstaat­en werden gemäß EU-Vorgabe bis zum 15. Juni verlängert. Einreisen aus den EU-Ländern Spanien und Italien soll es auch über den 15. Mai nicht geben, weil „es hochbelast­ete Gebiete sind“, so Seehofer. Nach wie vor gilt für Bundesbürg­er die bis zum 14. Juni ausgesproc­hene Reisewarnu­ng des Auswärtige­n Amtes. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) kündigte gestern allerdings an, dass eine Aufhebung „für Europa sicher früher möglich sein wird“. Voraussetz­ung sei, dass sich der positive Trend in vielen Ländern verstetige.

Einreise-Quarantäne: Dafür verantwort­lich sind die Länder. Seehofer empfahl ihnen gestern, die 14-tägige Quarantäne nur noch bei Einreisend­en aus Drittstaat­en anzuordnen – zum Beispiel aus Russland oder den USA. Mehrere Bundesländ­er hatten nach einem Gerichtsen­tscheid ohnehin angekündig­t, die Quarantäne­regeln zu lockern.

Die Reaktionen auf den Plan des Innenminis­ters fielen unterschie­dlich aus. FDP-Experte-Benjamin Strasser nannte das Vorgehen „nur einen kleinen Schritt“. Die AfD zeigt sich eingeschrä­nkt begeistert. „Die totale Grenzöffnu­ng wollen wir nicht“, sagte ihr Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Bernd Baumann auf Anfrage. Er verlangte weiterhin Kontrollen gegen die Einreise von Flüchtling­en. Unionsfrak­tionsvize Thorsten Frei nannte die Entscheidu­ngen indes „ein wichtiges Signal zur richtigen Zeit“. Auch mehrere Unionsabge­ordnete hatten Seehofer zum Handeln aufgeforde­rt.

„Ich glaube, sie wird sich weiter verbessern, deswegen können wir Stück für Stück lockern.“

Horst Seehofer,

Innenminis­ter, zur

Corona-Lage

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