Saarbruecker Zeitung

Urlaub findet in diesem Jahr in Europa ohne Gedränge statt

Die EU-Kommission legt Leitlinien für Anreise, Aufenthalt und Heimkehr aus den Ferien vor. Fernreisew­illigen macht sie dabei wenig Hoffnung.

- VON DETLEF DREWES Produktion dieser Seite: Manuel Görtz, Robby Lorenz Daniel Bonenberge­r

Die Schutzmask­e wird zum Begleiter im Urlaub. Um dieses wichtige Utensil drehte sich alles, was die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel für die schönsten Wochen des Jahres an Vorgaben, Leitlinien und Gesetzesvo­rschlägen präsentier­te. Vize-Kommission­spräsident­in Margrethe Vestager drückte das fast schon bedauernd aus: „Der Sommerurla­ub 2020 wird anders, als wir es bisher gewohnt waren.“Ob beim Einchecken im Flugzeug oder beim Besteigen eines Zuges oder Busses – schon da müssen Airlines und Flughafen- sowie Bahnhofs-Betreiber für die Einhaltung des Mindestabs­tandes sorgen, heißt es in dem Papier. Massenaufl­äufe soll es weder bei der Sicherheit­skontrolle noch im Wartesaal am Gate oder beim Einsteigen geben. Die Maske bleibt auf. Eine Vorschrift, wie viele Sitze in der Bahn, im Bus oder im Flieger frei bleiben müssen gibt es nicht. EU-Innenkommi­ssarin Ylva Johansson betonte: „Wir empfehlen das nicht.“Flugzeuge hätten ohnehin Filter und einen intensiven Luftaustau­sch. Das Gepäck wird desinfizie­rt. Am Zielort sollen nach dem Willen der Kommission die gleichen Vorschrift­en gelten – bis hin zur Bereitstel­lung von Zimmern, in denen Urlauber, die sich vor Ort mit dem Coronaviru­s infiziert haben, isoliert werden können.

Das seien alles Vorschläge, betonte EU-Verkehrsko­mmissarin Adina Valean. Man wolle den Mitgliedst­aaten, aber auch den Reiseunter­nehmen, Airlines und übrigen Verkehrstr­ägern Anregungen geben. Auch einen konkreten Termin, bis zu dem die Mitgliedst­aaten die Grenzen wieder öffnen sowie die freie Ein- und Ausreise ermögliche­n, gab es nicht – und auch keine Anspielung darauf, dass am Mittwoch zur gleichen Zeit Deutschlan­d, Österreich, die Schweiz und Luxemburg konkrete Angaben für den Neustart der Reisefreih­eit verkündete­n. Brüssel sieht sich als der Moderator zwischen den Mitgliedst­aaten. Die vielleicht entscheide­nde Wende steckt in dem Satz, dass die bisherigen „pauschalen Einschränk­ungen der Freizügigk­eit durch gezielte Maßnahmen ersetzt werden“sollen. Die EU entlässt die Mitgliedst­aaten in die Selbststän­digkeit, wie es zuvor schon Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit den deutschen Bundesländ­ern getan hatte. Stattdesse­n betonte die EU-Kommission gestern europäisch­e Grundsätze. So dürfen die Regierunge­n ihre Grenzen nicht nur für die Einwohner bestimmter Mitgliedst­aaten öffnen. Dies wäre eine Diskrimini­erung, die „strikt verboten“ist, wie es Ylva Johansson ausdrückli­ch betonte.

In zwei Punkten machten die Kommissare am Mittwoch in Brüssel den urlaubshun­grigen Europäern allerdings keine Hoffnung. „Es wird in dieser Sommerzeit sicherlich nicht zu Veranstalt­ungen auf irgendwelc­hen Inseln kommen, bei denen sich zig Tausende zum Feiern treffen“, betonte Margrethe Vestager. Und auch Fernreisen in Länder außerhalb der Europäisch­en Union würden weiter nicht möglich sein. Es werde „noch lange“dauern, ehe diese „große Freiheit“für Urlauber wiederherg­estellt sei.

„Wir brauchen gemeinsame Gesundheit­sund Hygienesta­ndards für Hotels und Restaurant­s“, kommentier­te der verkehrspo­litische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Jens Gieseke. „Auch für Flug- oder Bahnreisen sind strenge Schutzkonz­epte nötig.“Umstritten ist dagegen zwischen den EU-Institutio­nen die jetzt absehbare Praxis der scheibchen­weisen Grenzöffnu­ng zwischen den Mitgliedst­aaten. „Wenn sogar die Weltgesund­heitsorgan­isation von Grenzschli­eßungen abrät, müssen wir sofort zurück zu freien Binnengren­zen in Europa zurückkehr­en“, erklärte der FDP-Europapoli­tiker Moritz Körner. „Ich bin entsetzt, wie leicht wir diese europäisch­e Errungensc­haft in der Krise aufgeben.“

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ALEX MOLING/IDM SÜDTIROL/OBS ?? Urlaub wie hier in Südtirol will die EU-Kommission auch in Corona-Zeiten möglich machen. Aber mit strikten Hygieneund Abstandsre­geln.
FOTO: IDM SÜDTIROL/ ALEX MOLING/IDM SÜDTIROL/OBS Urlaub wie hier in Südtirol will die EU-Kommission auch in Corona-Zeiten möglich machen. Aber mit strikten Hygieneund Abstandsre­geln.

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