Jetzt lockert sich auch Angela Merkel
Das erwartete Kreuzverhör im Bundestag zum politischen Corona-Krisenmanagement bleibt harmlos. Die Kanzlerin mahnt erneut zur Vorsicht.
„Kanzlerin auf dem Grill“, „Kreuzverhör“, so ähnlich waren die Erwartungen. Doch nichts dergleichen geschieht bei der Befragung Angela Merkels im Bundestag. Im Gegenteil. Die Atmosphäre ist sachlich bis entspannt. Die Regierungschefin ist zufrieden mit den Ergebnissen ihres bisherigen Krisenmanagements.
Selbst die AfD bleibt für ihre Verhältnisse brav, was auch an dem Format liegt. Eine Minute Frage, eine Minute Antwort, allenfalls noch eine kurze Nachfrage, und schon ist die nächste Fraktion dran. Zwar versucht gleich der erste Abgeordnete, AfDChef Tino Chrupalla, ein bisschen Stimmung zu machen, als er feststellt, dass die Corona-Politik „Millionen von Existenzen vernichtet“ habe. Doch Merkel kontert kühl, die von Chrupalla erwähnte massenhafte Kurzarbeit zeige ja gerade, „dass wir die Menschen nicht ins Nichts fallen lassen“. Auch wenn sie natürlich nicht behaupte, dass niemand von der Krise etwas merken werde.
Die Kanzlerin hat zu Beginn eine kurze Einschätzung der Lage gegeben. Die Gefahr werde noch längere Zeit bleiben, sagt sie, aber das Land habe „einiges geschafft, das uns Mut machen kann“. Die Pandemie sei verlangsamt, weil Bürger und Staat zusammengehalten hätten. Das Erreichte dürfe jetzt nicht gefährdet werden. „Es wäre doch deprimierend, wenn wir, weil wir zu schnell zu viel wollen, wieder zu Einschränkungen zurückkehren müssten, die wir alle hinter uns lassen wollen.“
Einen echten Schlagabtausch über die Corona-Politik gibt es nicht, auch weil viele Fragen andere Themen betreffen, etwa die Euro-Politik oder den Klimaschutz. Merkel antwortet stets sachlich und detailreich, macht aber auch einige Späßchen, was bei ihr immer Ausdruck größten Wohlbefindens ist. FDP-Mann Manuel Höferlin will zum Beispiel wissen, warum das Layout der Corona-App im Bundespresseamt bestimmt werde. Die spöttische Antwort: „Haben sich SAP oder Telekom bei Ihnen beschwert, dass wir auf ihren Designvorschlag nicht eingehen?“. Der SPD-Abgeordnete Christian Petry ist so zufrieden mit Merkels Auskünften zum Euro, dass ihm die Bemerkung „Danke, das war eine gute Antwort“entfährt. „Oh, Lob vom Koalitionspartner. Ist immer gut“, sagt die Regierungschefin. Und den Linken-Abgeordneten Harald Weinberg bittet sie, ihr die von ihm erwähnten
Erfahrungsberichte von Beschäftigten aus den Pflegeheimen zu schicken. Sie werde das interessiert lesen. „Ich bin ja ein aufmerksamer… Zeitmensch, um nicht Genosse zu sagen.“Das Protokoll verzeichnet „allgemeine Heiterkeit“. Dann wird Merkel ernst: „Die älteren Menschen in den Pflegeheimen sind wirklich die, die am härtesten betroffen sind.“
Die letzte Frage betrifft die Öffnung von Kinos, und warum das von Bundesland zu Bundesland verschieden gehandhabt werde. Eine Steilvorlage. „An mir“, so die Kanzlerin leicht grinsend, „wird es sicher nicht liegen, dass ein einheitlicher Termin gefunden wird“. Dann ist die Fragestunde zu Ende.