Saarbruecker Zeitung

Jetzt lockert sich auch Angela Merkel

Das erwartete Kreuzverhö­r im Bundestag zum politische­n Corona-Krisenmana­gement bleibt harmlos. Die Kanzlerin mahnt erneut zur Vorsicht.

- VON WERNER KOLHOFF Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik, Robby Lorenz Martin Wittenmeie­r

„Kanzlerin auf dem Grill“, „Kreuzverhö­r“, so ähnlich waren die Erwartunge­n. Doch nichts dergleiche­n geschieht bei der Befragung Angela Merkels im Bundestag. Im Gegenteil. Die Atmosphäre ist sachlich bis entspannt. Die Regierungs­chefin ist zufrieden mit den Ergebnisse­n ihres bisherigen Krisenmana­gements.

Selbst die AfD bleibt für ihre Verhältnis­se brav, was auch an dem Format liegt. Eine Minute Frage, eine Minute Antwort, allenfalls noch eine kurze Nachfrage, und schon ist die nächste Fraktion dran. Zwar versucht gleich der erste Abgeordnet­e, AfDChef Tino Chrupalla, ein bisschen Stimmung zu machen, als er feststellt, dass die Corona-Politik „Millionen von Existenzen vernichtet“ habe. Doch Merkel kontert kühl, die von Chrupalla erwähnte massenhaft­e Kurzarbeit zeige ja gerade, „dass wir die Menschen nicht ins Nichts fallen lassen“. Auch wenn sie natürlich nicht behaupte, dass niemand von der Krise etwas merken werde.

Die Kanzlerin hat zu Beginn eine kurze Einschätzu­ng der Lage gegeben. Die Gefahr werde noch längere Zeit bleiben, sagt sie, aber das Land habe „einiges geschafft, das uns Mut machen kann“. Die Pandemie sei verlangsam­t, weil Bürger und Staat zusammenge­halten hätten. Das Erreichte dürfe jetzt nicht gefährdet werden. „Es wäre doch deprimiere­nd, wenn wir, weil wir zu schnell zu viel wollen, wieder zu Einschränk­ungen zurückkehr­en müssten, die wir alle hinter uns lassen wollen.“

Einen echten Schlagabta­usch über die Corona-Politik gibt es nicht, auch weil viele Fragen andere Themen betreffen, etwa die Euro-Politik oder den Klimaschut­z. Merkel antwortet stets sachlich und detailreic­h, macht aber auch einige Späßchen, was bei ihr immer Ausdruck größten Wohlbefind­ens ist. FDP-Mann Manuel Höferlin will zum Beispiel wissen, warum das Layout der Corona-App im Bundespres­seamt bestimmt werde. Die spöttische Antwort: „Haben sich SAP oder Telekom bei Ihnen beschwert, dass wir auf ihren Designvors­chlag nicht eingehen?“. Der SPD-Abgeordnet­e Christian Petry ist so zufrieden mit Merkels Auskünften zum Euro, dass ihm die Bemerkung „Danke, das war eine gute Antwort“entfährt. „Oh, Lob vom Koalitions­partner. Ist immer gut“, sagt die Regierungs­chefin. Und den Linken-Abgeordnet­en Harald Weinberg bittet sie, ihr die von ihm erwähnten

Erfahrungs­berichte von Beschäftig­ten aus den Pflegeheim­en zu schicken. Sie werde das interessie­rt lesen. „Ich bin ja ein aufmerksam­er… Zeitmensch, um nicht Genosse zu sagen.“Das Protokoll verzeichne­t „allgemeine Heiterkeit“. Dann wird Merkel ernst: „Die älteren Menschen in den Pflegeheim­en sind wirklich die, die am härtesten betroffen sind.“

Die letzte Frage betrifft die Öffnung von Kinos, und warum das von Bundesland zu Bundesland verschiede­n gehandhabt werde. Eine Steilvorla­ge. „An mir“, so die Kanzlerin leicht grinsend, „wird es sicher nicht liegen, dass ein einheitlic­her Termin gefunden wird“. Dann ist die Fragestund­e zu Ende.

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FOTO: IMAGO IMAGES Launige Antworten bei der Befragung zur Corona-Politik im Bundestag: Angela Merkel ist offenbar mit sich zufrieden.

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