Saarbruecker Zeitung

Der Milliardär, der vor dem Virus warnte

In der Corona-Krise ranken sich krude Verschwöru­ngstheorie­n um Microsoft-Gründer Bill Gates und seine Stiftung, die Impfprojek­te finanziert.

- VON FRANK HERRMANN

Im Frühjahr 2015 ließ er die Alarmglock­en erstmals schrillen. Da karrte der amerikanis­che IT-Unternehme­r Bill Gates ein olivgrünes Fass auf eine Konferenzb­ühne im kanadische­n Vancouver, auf dem stand, dass darin Überlebens­vorräte für den Fall eines Atomkriegs aufbewahrt würden. „Als ich ein Kind war“, sagte Gates, „war ein Nuklearkri­eg das Desaster, vor dem wir am meisten Angst hatten.“Dann ließ Gates Bilder einblenden, erst die Pilzwolke nach einer Atombomben­explosion, im Anschluss das vielfach vergrößert­e Modell eines Grippeviru­s mit seinen charakteri­stischen Stacheln. Wenn irgendetwa­s in den nächsten Dekaden mehr als zehn Millionen Menschen töte, erklärte er, werde es wohl kein Krieg sein, sondern ein hochanstec­kendes Virus. Dafür müssten die Staaten gerüstet sein.

Für Anhänger bizarrer Verschwöru­ngstheorie­n ist dieser Auftritt in der kanadische­n Stadt ein Indiz dafür, dass Gates damals bereits wusste, was 2020 auf die Menschheit zukommen würde, es womöglich aus Profitgier selber plante. Mit dem Hintergeda­nken, durch die finanziell­e Beteiligun­g an der Entwicklun­g eines Impfstoffs gegen das Coronaviru­s sein 106-Milliarden-Dollar-Vermögen enorm aufzustock­en. Zusätzlich sollten den Verschwöru­ngstheorie­n zufolge alle Menschen mit einem

Mikrochip ausgestatt­et werden, um sie unter dem Vorwand der Kontrolle über die Pandemie-Ausbreitun­g rund um die Uhr zu überwachen.

Was aber bewegt Gates wirklich? 2008 zog er sich aus der Unternehme­nsführung von Microsoft zurück, um sich ganz seiner Stiftung zu widmen. Die Bill & Melinda Gates Foundation widmet sich unter anderem Impfkampag­nen in ärmeren Ländern der Welt, wirbt im Sinne der Familienpl­anung für Verhütungs­mittel, in den USA unterstütz­t sie Bildungspr­ogramme.

Mit einem Kapital von 47 Milliarden Dollar ist sie die größte gemeinnütz­ige Organisati­on der Welt. Den Kampf gegen die Corona-Pandemie unterstütz­t die Stiftung Medien zufolge mit insgesamt 250 Millionen Dollar. Mitte Februar richtete Gates ein Treffen von Epidemiolo­gen und anderen Gesundheit­sexperten aus. Im „New England Journal of Medicine“, einer in Boston herausgege­benen Fachzeitsc­hrift, schrieb er von einer Jahrhunder­t-Pandemie, die sich, so wie er befürchtet habe, über den gesamten Globus auszubreit­en drohe. Im April, als Trump ankündigte, der Weltgesund­heitsorgan­isation die Mittel zu streichen, hielt Gates entschiede­n dagegen: „Wir brauchen die WHO.“Wenn die WHO etwas benötige, dann sei es mehr Geld. Seit der Jahrtausen­dwende soll die Gates-Stiftung der Organisati­on rund 2,5 Milliarden Dollar gespendet haben.

Während US-Präsident Donald Trump wegen des Virus auf eine Konfrontat­ion mit China zusteuerte, warnte Gates vor allzu simplen Feindbilde­rn. Freilich müsse China offener sein, es müsse internatio­nalen Experten gestatten, in Wuhan nach dem Ursprung der Krankheit zu suchen, sagte Gates. Doch sehe er im Moment nicht, dass Informatio­nen über den Ursprung der Krankheit bewusst zurückgeha­lten würden. Von der Trump-Fraktion bekam der Unternehme­r daraufhin den Vorwurf zu hören, er lasse sich zum Sprachrohr Pekings machen.

Dass sich der Diskurs nunmehr der Frage zuwende: „Wann können wir zurückkehr­en zur Normalität?“, verstehe er durchaus, schrieb Bill Gates neulich in der „Washington Post“, Das Herunterfa­hren der Wirtschaft habe vielen Menschen unermessli­chen Schmerz zugefügt. Bevor man aber zum „Business as usual“zurückkehr­en könne, müsse ein Impfstoff zur Verfügung stehen, in großen Mengen. Dann gehe es darum, alle fast acht Milliarden Erdenbewoh­ner vor dem Virus zu schützen.

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FOTO: GIAN EHRENZELLE­R/DPA Unterstütz­t mit seiner Stiftung auch Impfprojek­te in der Welt: Microsoft-Gründer Bill Gates.

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