Saarbruecker Zeitung

Jenseits vom gängigen Afrika

Das Weltkultur­erbe Völklinger Hütte öffnet morgen nach einer Corona-Pause mit der neuen Ausstellun­g „Afrika – Im Blick der Fotografen“.

- VON SOPHIA SCHÜLKE Produktion dieser Seite: Sophia Schülke, Tobias Keßler Johannes Schleuning

Eine Frau, mit Öl überzogen und mit einem Kleid aus Müll – kein exotisch-romantisch­es Strandbild, sondern Tatsache. „Hätte ein westlicher Fotograf dieses Foto gemacht, wäre es zynisch, aber Fabrice Monteiro liefert uns eine andere Perspektiv­e, die des trotzigen Sarkasmus“, sagt Ralf Beil, der neue Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte, anlässlich der neuen Schau „Afrika im Blick der Fotografen“. Mit der Ausstellun­g begeht das Ausstellun­gszentrum am morgigen Freitag seine Wiedereröf­fnung.

Bis zum 1. November will man die Innenpersp­ektive afrikanisc­her Fotografen vorstellen, fernab von Afropessim­ismus und Klischees. 43 großformat­ige Werke von acht Männern und einer Frau aus sieben Ländern, die ein neues Bild von einem noch immer zu einseitig betrachtet­en Kontinent liefern: ein Kontinent, auf dem ein Sechstel der Weltbevölk­erung lebt und dessen 59 Länder sonst in dem dreisilbig­en Begriff Afrika über einen Kamm geschoren werden.

„Afrikanisc­he Fotografie ist Ausdruck einer besonderen Kreativitä­t und internatio­nal sehr stark gefragt“, erklärt Kurator Frank Krämer, der gut ein Jahr an der Ausstellun­g gearbeitet hat. „Viele renommiert­e Preise wurden an afrikanisc­he Fotografen verliehen“, ergänzt er und verweist etwa auf die Biennale von Venedig, die Lens Culture Street Photograph­y Awards oder den World Press Photo Wettbewerb. Für ihn sind die Fotos auch eine Einladung, sich mit anderen Kulturen zu beschäftig­en, eine Möglichkei­t, einen anderen Zugang zu diesen Ländern

zu finden.

Die neun Fotografen, die Krämer ausgewählt hat, sind Talente in ihren Zwanzigern bis Vierzigern und in ihren jeweiligen Heimatländ­ern bereits bekannt. Yoriyas, 1984 in Marokko geboren und in der Schau mit Werken seiner Serie „Casablanca Not The Movie“vertreten, nahm im Januar an der Eröffnungs­ausstellun­g des neuen nationalen Fotografie­museums in Rabat teil. Osborne Macharia aus Kenia arbeitete an dem Superhelde­nfilm „Black Panther“mit und ist mit Porträts

der Kawangware Defence Force zu sehen – Aids-Waisen eines Wissenscha­ftsclubs, die mit selbstgeba­uter Überwachun­gstechnik der örtlichen Polizei aushelfen.

Die Fotografen setzen sich mal künstleris­ch, mal dokumentar­isch mit Sport, Popkultur oder Alltagsleb­en auseinande­r, hinterfrag­en Klischees und betrachten etwa das globale Problem der Umweltvers­chmutzung aus einem anderen Blickwinke­l. „Es ging vor allem darum, spannende Statements zu zeigen“, erklärt Krämer.

Auffällig ist, dass unter den acht Fotografen mit Alice Mann nur eine Dame vertreten ist. „Ich hätte gerne mehr Werke von Frauen gezeigt, aber es gibt einfach mehr Fotografen, und viele Fotografin­nen haben auch abgesagt“, berichtet Krämer. Mann porträtier­t in ihrer Serie „Drummies“Tambourmaj­oretten in Kapstadt, eine Art südafrikan­ische Cheerleade­rtruppe, in der die Mädchen Selbstvert­rauen vermittelt bekommen.

Aufgrund der Weitläufig­keit des Geländes will man nach der Corona-Zwangspaus­e

zunächst von einer Beschränku­ng der Besucherza­hlen absehen. „Wir haben sieben Kilometer Besucherwe­g“, erklärt Beil und gibt zu Bedenken, dass man zum einen nicht davon ausgehe, „überrannt“zu werden, und zum anderen wisse, dass die Gäste die Sicherheit­smaßnahmen verinnerli­cht hätten. Bis die Besucher aber die persönlich­e Handschrif­t des neuen Generaldir­ektors erkennen werden, wird es noch dauern. Natürlich gebe er für die folgende Schau „Mon Trésor“(siehe Infobox) Hinweise, aber eine von ihm konzipiert­e Ausstellun­g sei erst im Frühjahr oder im Herbst 2021 geplant. An Ideen mangele es nicht. „Ich habe mehrere Pferde im Stall, ich weiß nur noch nicht, welches ich ins Rennen schicke.“Zunächst freue er sich aber, von seinem neuen Team mit der Eröffnung der Afrika-Schau und ihrem „starken Statement jenseits von Afropessim­ismus“begrüßt zu werden.

 ?? FOTO: F. MONTEIRO ?? Ölhavarien verschmutz­en die westafrika­nische Küste. Fabrice Monteiro setzt das provokant in Szene.
FOTO: F. MONTEIRO Ölhavarien verschmutz­en die westafrika­nische Küste. Fabrice Monteiro setzt das provokant in Szene.
 ?? FOTO: KIBUUKA MUKISA OSCAR ?? Kibuuka Mukisa Oscar hält in seiner Serie „Breaking Uganda“Hiphop-Tänzer bei ihren akrobatisc­hen Übungen fest.
FOTO: KIBUUKA MUKISA OSCAR Kibuuka Mukisa Oscar hält in seiner Serie „Breaking Uganda“Hiphop-Tänzer bei ihren akrobatisc­hen Übungen fest.

Newspapers in German

Newspapers from Germany