Lieber im Bauwagen als im Büro
Der Bauingenieurin und Bauleiterin Nathalie Wittmann wurde das Interesse an ihrer Arbeit schon in die Wiege gelegt.
Das Klischee von der „Frau am Bau“passt bei Nathalie Wittmann gar nicht. Die 29-jährige Bauingenieurin der Saarbrücker Firma Implenia Modernbau ist auf Baustellen zuhause und kommt mit der männerdominierten Handwerkerwelt bestens klar. „Selbst als Anfängerin hatte ich keine Akzeptanzprobleme,“sagt die Bauleiterin, die vor allem Projekte der Deutschen Bahn managt und in den Bauphasen täglich auf den Baustellen selbst präsent ist. Sie sei lieber im Bauwagen als im Büro, sagt sie und sucht die Nähe zum Projekt.
„Ich wollte nie ausgesucht werden, weil ich als Frau auf einer Baustelle ’rumrenne“, sagt sie nach der Interviewanfrage unserer Zeitung. Andererseits ist ihr schon klar, dass Frauen in der Bauleitung immer noch eine Seltenheit sind. „Trotzdem klappt das gut“, sagt sie und bescheinigt ihren männlichen Kollegen ein vorbildliches Verhalten. Noch nie sei jemand übergriffig gewesen, auch nicht verbal. Harmlose Späße würden schon mal gemacht, aber die seien bislang nie böse gewesen. „Das mag auch daran liegen, dass mein Vater auch Bauhandwerker bei der Implenia ist und ich immer schon Kontakt in diese robuste Welt hatte. Die Kollegen meines Vater kannten mich schon, als ich als Werkstudentin anfing.“Die Arbeit auf dem Bau sei ihr in die Wiege gelegt worden: „Auf dem Weg zum Kindergarten in Kleinblittersdorf kam ich jeden Tag an einer Baustelle vorbei und habe dann automatisch Ausschau nach Papa gehalten. Daran erinnere ich mich noch gut. Vielleicht hat mich das geprägt. Aber ob es entscheidend dafür war, später selbst Bauleiterin zu werden, kann ich nicht sagen“, sagt die junge Frau.
Grundsätzlich liebe sie es aber, dass ihr Job Büroarbeit mit Praxis verbindet. „Daher bin ich auch kein Statiker geworden. Ich gehe gerne auf die Baustelle und mache diesen Job mit Freude“, sagt sie, während sie im Büro am nächsten Projekt feilt: der Baustelle im Bahnhof Hanweiler. Der bekommt einen neuen Bahnsteig. Nathalie Wittmann ist inzwischen die Expertin des Unternehmens für die Bahnprojekte, weil sie auch die speziellen Regeln des Bahnbetriebs erlernt hat und als „örtliche Betriebsleiterin“zertifiziert ist. Hier spiele der Arbeitsschutz eine ganz große Rolle, da zwei der Bagger des Unternehmens auch auf den Schienen fahren können und damit offiziell am Bahnverkehr teilnehmen: „Für diese Zwei-Wege-Bagger gelten die Regeln des Eisenbahnbetriebs.“
Gerade im Bahnverkehr seien auch Nachtbaustellen üblich, wenn der Zugverkehr ruht. Das sei auch in Hanweiler zu erwarten. Dann ist sie eben nachts auf der Baustelle, müsse am Tag aber trotzdem mit Lieferanten und Subunternehmern telefonieren. „Ich mache als Bauleiterin den Personalplan, den Materialplan, reserviere Geräte und koordiniere zwischen Handwerkern und der Bahn als Auftraggeber. Vor Ort achte ich auf korrekte Ausführung der Arbeiten“, so Wittmann. Viel Kommunikation gehörrt zu ihrem Job. Aber obwohl man dem Bau einen rauen Ton nachsage, gelte das für sie nicht: „Wir reden ganz normal und freundlich miteinander. Das ist wie im Alltag.“Wegen ihrer unregelmäßigen Arbeit hat sie nur ein einziges Hobby: Sie ist Sanitäterin und Bereitschaftleiterin beim Rotkreuz-Ortsverein St. Johann, tauscht dort den Bauhelm gegen den Einsatzhelm.
„Ich gehe gerne auf die Baustelle und mache diesen Job mit Freude.“
Nathalie Wittmann,
Bauleiterin