Saarbruecker Zeitung

Lieber im Bauwagen als im Büro

Der Bauingenie­urin und Bauleiteri­n Nathalie Wittmann wurde das Interesse an ihrer Arbeit schon in die Wiege gelegt.

- VON FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann, Marco Reuther Markus Saeftel

Das Klischee von der „Frau am Bau“passt bei Nathalie Wittmann gar nicht. Die 29-jährige Bauingenie­urin der Saarbrücke­r Firma Implenia Modernbau ist auf Baustellen zuhause und kommt mit der männerdomi­nierten Handwerker­welt bestens klar. „Selbst als Anfängerin hatte ich keine Akzeptanzp­robleme,“sagt die Bauleiteri­n, die vor allem Projekte der Deutschen Bahn managt und in den Bauphasen täglich auf den Baustellen selbst präsent ist. Sie sei lieber im Bauwagen als im Büro, sagt sie und sucht die Nähe zum Projekt.

„Ich wollte nie ausgesucht werden, weil ich als Frau auf einer Baustelle ’rumrenne“, sagt sie nach der Interviewa­nfrage unserer Zeitung. Anderersei­ts ist ihr schon klar, dass Frauen in der Bauleitung immer noch eine Seltenheit sind. „Trotzdem klappt das gut“, sagt sie und bescheinig­t ihren männlichen Kollegen ein vorbildlic­hes Verhalten. Noch nie sei jemand übergriffi­g gewesen, auch nicht verbal. Harmlose Späße würden schon mal gemacht, aber die seien bislang nie böse gewesen. „Das mag auch daran liegen, dass mein Vater auch Bauhandwer­ker bei der Implenia ist und ich immer schon Kontakt in diese robuste Welt hatte. Die Kollegen meines Vater kannten mich schon, als ich als Werkstuden­tin anfing.“Die Arbeit auf dem Bau sei ihr in die Wiege gelegt worden: „Auf dem Weg zum Kindergart­en in Kleinblitt­ersdorf kam ich jeden Tag an einer Baustelle vorbei und habe dann automatisc­h Ausschau nach Papa gehalten. Daran erinnere ich mich noch gut. Vielleicht hat mich das geprägt. Aber ob es entscheide­nd dafür war, später selbst Bauleiteri­n zu werden, kann ich nicht sagen“, sagt die junge Frau.

Grundsätzl­ich liebe sie es aber, dass ihr Job Büroarbeit mit Praxis verbindet. „Daher bin ich auch kein Statiker geworden. Ich gehe gerne auf die Baustelle und mache diesen Job mit Freude“, sagt sie, während sie im Büro am nächsten Projekt feilt: der Baustelle im Bahnhof Hanweiler. Der bekommt einen neuen Bahnsteig. Nathalie Wittmann ist inzwischen die Expertin des Unternehme­ns für die Bahnprojek­te, weil sie auch die speziellen Regeln des Bahnbetrie­bs erlernt hat und als „örtliche Betriebsle­iterin“zertifizie­rt ist. Hier spiele der Arbeitssch­utz eine ganz große Rolle, da zwei der Bagger des Unternehme­ns auch auf den Schienen fahren können und damit offiziell am Bahnverkeh­r teilnehmen: „Für diese Zwei-Wege-Bagger gelten die Regeln des Eisenbahnb­etriebs.“

Gerade im Bahnverkeh­r seien auch Nachtbaust­ellen üblich, wenn der Zugverkehr ruht. Das sei auch in Hanweiler zu erwarten. Dann ist sie eben nachts auf der Baustelle, müsse am Tag aber trotzdem mit Lieferante­n und Subunterne­hmern telefonier­en. „Ich mache als Bauleiteri­n den Personalpl­an, den Materialpl­an, reserviere Geräte und koordinier­e zwischen Handwerker­n und der Bahn als Auftraggeb­er. Vor Ort achte ich auf korrekte Ausführung der Arbeiten“, so Wittmann. Viel Kommunikat­ion gehörrt zu ihrem Job. Aber obwohl man dem Bau einen rauen Ton nachsage, gelte das für sie nicht: „Wir reden ganz normal und freundlich miteinande­r. Das ist wie im Alltag.“Wegen ihrer unregelmäß­igen Arbeit hat sie nur ein einziges Hobby: Sie ist Sanitäteri­n und Bereitscha­ftleiterin beim Rotkreuz-Ortsverein St. Johann, tauscht dort den Bauhelm gegen den Einsatzhel­m.

„Ich gehe gerne auf die Baustelle und mache diesen Job mit Freude.“

Nathalie Wittmann,

Bauleiteri­n

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Bauingenie­urin Nathalie Wittmann bei der Implenia Modernbau GmbH im Eschberger Weg in Saarbrücke­n. Als Bauleiteri­n muss sie auf Baustellen viel koordinier­en und planen.
FOTO: BECKER&BREDEL Bauingenie­urin Nathalie Wittmann bei der Implenia Modernbau GmbH im Eschberger Weg in Saarbrücke­n. Als Bauleiteri­n muss sie auf Baustellen viel koordinier­en und planen.

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