Ein weltweites Zeichen für Gleichberechtigung
Die Frauen-Bundesliga soll am 29. Mai ihre unterbrochene Saison fortsetzen. Der DFB verfolgt damit ein ganz besonderes Ziel.
All die schönen Planspiele lagen lange in der Schublade. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wollte in diesem Jahr ein unrühmliches Kapitel seiner Geschichte feiern – das erst 1970 aufgehobene Verbot des Frauenfußballs. Dafür sollten zahlreiche Aktionen anlaufen: Höhepunkt wäre im Herbst ein freigeräumtes Wochenende während einer Länderspiel-Pause gewesen, an dem alle Fans aufgefordert worden wären, ein Spiel von Frauenund Mädchenteams zu besuchen.
Siegfried Dietrich
Dass solche Projekte in Pandemie-Zeiten noch umzusetzen sind, scheint äußerst fraglich. Wahrscheinlicher ist mittlerweile, dass der DFB ein anderes Zeichen der Gleichberechtigung aussendet: Sollte es wirklich gelingen, die Frauen-Bundesliga am 29. Mai fortzusetzen, wäre das ein weltweites Signal. Weil Pernille Harder, Alexandra Popp und Melanie Leupolz dann in Deutschland noch vor Mo Salah, Kevin De Bruyne und Harry Kane in England antreten dürften.
Ralf Kellermann, sportlicher Leiter des deutschen Meisters VfL Wolfsburg, wertet es als „gute Nachricht“, dass der Rahmen am Montagabend vom DFB-Präsidium festgezurrt wurde. Der Verband hatte erst vergangene Woche wieder betont, dass er für eine Differenzierung
zwischen den beiden Lizenzligen der DFL und seinen höchsten Spielklassen, der 3. Liga der Männer und der Frauen-Bundesliga, keinerlei Verständnis habe. Das Hygieneund Sicherheitskonzept war von Beginn an für alle konzipiert. Während sich aber die Vereine aus der 3. Liga gegenseitig zerfleischen, zeigt die Frauen-Bundesliga Einigkeit.
„Ich halte es nach dem Startschuss für die DFL-Ligen auch unter dem Aspekt der Gleichberechtigung für angemessen, dass der Ball unter Auflagen wieder rollen darf“, sagt Siegfried Dietrich. Der Vorsitzende des DFB-Ausschusses Frauen-Bundesligen erwartet in den nächsten Tagen grünes Licht aus der Politik. DFB-Präsident Fritz Keller würde sich in seinem stets postulierten Gleichklang zwischen Männer- und Frauenfußball bestätigt fühlen. Bewusst finden ja nun auch die beiden DFB-Pokalfinals am selben Tag (4. Juli) in Berlin und Köln statt.
Dann braucht es bald noch erste Testreihen, um das gemeinsame
Training aufzunehmen – und dann geht’s mit einem Freitagabend-Livespiel Ende Mai bei Eurosport wieder los. Allzu groß ist der Umgewöhnungsprozess gegenüber dem Alltag nicht, behaupten nicht nur Spötter. Viele Übertragungen hatten schon von der Pandemie ein eher gespenstisches Ambiente vermittelt. Noch immer liegt der Zuschauerschnitt knapp unter 1000. Maximal 130 Personen sind künftig bei der dynamischen Bedarfspersonalplanung im Geisterspielbetrieb der Frauen vorgesehen.
Wer übrigens behauptet, dass die wichtigsten Entscheidungen – Meister Wolfsburg liegt mit acht Punkten Vorsprung an der Spitze, der Tabellenletzte USV Jena hat erst zwei Zähler – sechs Spieltage vor Schluss gefallen seien und ein erheblicher Test- und Organisationsaufwand für zu viele bedeutungslose Spiele betrieben werde, dem entgegnet Dietrich, „dass wir sportliche Entscheidungen nicht einfach durch zwei, drei Relegationsspiele ersetzen können“. Und ein Saisonabbruch kann nur vom DFB-Bundestrag am
25. Mai beschlossen werden.
Viele Funktionäre wie Ralf Zwanziger von der TSG Hoffenheim sind zwar „hin- und hergerissen“, aber allein der Vorletzte 1. FC Köln hat sich bei der Abstimmung enthalten. Und das nicht wegen der Ansteckungs-, sondern der Verletzungsgefahr durch zu viele Spiele in kurzer Zeit. Kölns Managerin Monika Beckmann fürchtet um ihre Akteurinnen, „die beruflich oder in ihrer Ausbildung durch die Krise belastet sind“.
Dietrich beschäftigt sich lieber mit den Argumenten, dass der deutsche Frauenfußball im Fahrwasser des männlichen Betriebs Gesicht zeigt, um nicht vom Fernsehen und den Sponsoren vergessen zu werden. Zumal die notwendigen Testungen in nächster Zeit allesamt von den 7,5 Millionen Euro bezahlt werden, die über die DFL von den vier Champions-League-Vereinen an die 3. Liga und Frauen-Bundesliga weitergereicht wurde. Eine gesellschaftliche Problematik kann der Liga-Sprecher und Manager des
1. FFC Frankfurt auch nicht erkennen. Doch sein Ansinnen ist auch von persönlichem Interesse geprägt, weil für seinen mittlerweile von Titelvergaben abgehängten Rekordmeister im Sommer die Fusion mit Eintracht Frankfurt ansteht. Der 62-Jährige hatte stets eine Traumhochzeit angekündigt. Jetzt können kaum Gäste kommen. Die Ringe sollen in Frankfurt jedoch wenigstens in einer Zeit getauscht werden, in der beide Aushängeschilder – Eintracht-Männer und FFC-Frauen – trotz Corona-Krise immerhin wieder auf dem Feld kicken.
„Ich halte es unter dem Aspekt der Gleichberechtigung für angemessen, dass der Ball unter Auflagen wieder
rollen darf.“
Vorsitzender des DFB-Ausschusses
Frauen-Bundesligen