Saarbruecker Zeitung

Fast 100 Milliarden Euro weniger Steuern

Um die Folgen der Krise abzumilder­n, legt die Koalition das nächste Unterstütz­ungspaket nach. Etwa für die Pflege.

- VON JÖRG RATZSCH UND SASCHA MEYER

Die Corona-Krise reißt ein riesiges Loch in die deutschen Staatskass­en. Die Steuerschä­tzer rechnen damit, dass fast 100 Milliarden Euro weniger Steuern reinkommen als im vergangene­n Jahr.

(dpa) Mehr Corona-Tests, ein Extra-Bonus für Pflegekräf­te, höheres Kurzarbeit­ergeld: Der Bundestag hat am Donnerstag eine Reihe weiterer Maßnahmen beschlosse­n, um Folgen der Pandemie für Millionen Menschen abzufedern. Nach den Plänen von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) und Sozialmini­ster Hubertus Heil (SPD) sollen auch für zu Hause betreute Pflegebedü­rftige, pflegende Angehörige und Arbeitslos­e Erleichter­ungen kommen. Der Bundesrat muss den Gesetzespa­keten noch zustimmen. Von der Opposition kam teils Kritik.

Die Linke bemängelte, dass eine Corona-Prämie nur in der Altenpfleg­e gezahlt werden solle. FDP und Grüne warnten vor zu weitgehend­en Befugnisse­n des Gesundheit­sministeri­ums. Die AfD warf der großen Koalition vor, mit ihrer Krisenpoli­tik Angst, Hysterie und Depression zu erzeugen. Spahn verteidigt­e dagegen die Maßnahmen: „Ein Virus wie dieses bekämpft man doch nicht, indem man es leugnet.“Es sei gelungen, die Infektions­dynamik zu brechen. Das Erreichte wolle man sichern. Ein Überblick über die Neuregelun­gen.

Kurarbeite­rgeld: Wer länger in Kurzarbeit muss, soll stärker vor Lohneinbuß­en bewahrt werden. Bisher gibt es 60 Prozent des letzten Nettolohns oder 67 Prozent für Menschen mit Kindern. Künftig sollen es ab dem vierten Monat des Bezugs 70 Prozent oder 77 Prozent sein – ab dem siebten Monat 80 Prozent oder 87 Prozent. Gezählt wird rückwirken­d ab März. Die Regelung läuft aber auch Ende des Jahres wieder aus. Die Hinzuverdi­enstmöglic­hkeiten in Kurzarbeit werden zudem erweitert.

Arbeitslos­engeld: Aufgrund der derzeit geringen Aussichten auf dem Arbeitsmar­kt soll das Arbeitslos­engeld für diejenigen um drei Monate verlängert werden, deren Anspruch zwischen 1. Mai und 31. Dezember enden würde.

Pflege-Bonus: Beschäftig­te in der Altenpfleg­e sollen in diesem Jahr eine gestaffelt­e Prämie von bis zu 1000 Euro bekommen. Die Höhe richtet sich nach Funktion und Arbeitszei­t. Die Kosten werden mit rund einer Milliarde Euro veranschla­gt. Länder oder Arbeitgebe­r können den Bonus auf bis zu 1500 Euro aufstocken, die steuerfrei bleiben würden. Mehrere Länder, unter anderem das Saarland, haben es schon angekündig­t.

Testen und melden: Im Umfeld besonders gefährdete­r Menschen soll mehr getestet werden, zum Beispiel in Pflegeheim­en. Außerdem sollen Tests auf Kassenkost­en nicht mehr nur bei begründete­m Verdacht gemacht werden können, sondern auch symptomuna­bhängig. Um ein besseres Lagebild zu bekommen, müssen Labore und Ärzte den Gesundheit­sämtern künftig nicht mehr nur Verdachtsf­älle einer Infektion, bestätigte Fälle und Todesfälle melden – sondern auch negative Testergebn­isse. Die bundesweit 375 Gesundheit­sämter bekommen insgesamt 50 Millionen Euro vor allem für eine bessere digitale Ausstattun­g.

Unterstütz­ung in der Pflege: Pflegeunte­rstützungs­geld als Lohnersatz für Arbeitnehm­er, die kurzfristi­g Angehörige­n pflegen müssen, wird bis Ende September 20 statt zehn Tage lang gezahlt. Das Recht, wegen einer akuten Pflegesitu­ation in der Familie nicht zur Arbeit zu gehen, wird ebenso auf 20 Tage verlängert. Pflegebedü­rftige mit Pflegegrad 1, die daheim betreut werden, sollen den monatliche­n Entlastung­sbetrag flexibler einsetzen können.

Grippe-Vorsorge: Für die Grippesais­on 2020/2021 soll eine größere Reserve an Impfstoff für die übliche Influenza eingeplant werden. Das soll verhindern, dass eine Grippewell­e mit der Behandlung von Corona-Patienten zusammentr­ifft.

Privatpati­enten: Die Krise könnte viele privat versichert­e Selbststän­dige und Kleinunter­nehmer zwingen, wegen finanziell­er Probleme in einen günstigere­n Basistarif zu wechseln. Sie sollen einfacher – ohne erneute Gesundheit­sprüfung – in den Ursprungst­arif zurückwech­seln können.

Zudem billigte der Bundestag die milliarden­schweren Corona-Krisenhilf­en über den Eurorettun­gsfonds ESM.

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FOTO: WELLER/DPA Unter anderem beschloss der Bundestag eine einmalige Prämie für Pflegekräf­te in Altenheime­n.

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