Fast 100 Milliarden Euro weniger Steuern
Um die Folgen der Krise abzumildern, legt die Koalition das nächste Unterstützungspaket nach. Etwa für die Pflege.
Die Corona-Krise reißt ein riesiges Loch in die deutschen Staatskassen. Die Steuerschätzer rechnen damit, dass fast 100 Milliarden Euro weniger Steuern reinkommen als im vergangenen Jahr.
(dpa) Mehr Corona-Tests, ein Extra-Bonus für Pflegekräfte, höheres Kurzarbeitergeld: Der Bundestag hat am Donnerstag eine Reihe weiterer Maßnahmen beschlossen, um Folgen der Pandemie für Millionen Menschen abzufedern. Nach den Plänen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) sollen auch für zu Hause betreute Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und Arbeitslose Erleichterungen kommen. Der Bundesrat muss den Gesetzespaketen noch zustimmen. Von der Opposition kam teils Kritik.
Die Linke bemängelte, dass eine Corona-Prämie nur in der Altenpflege gezahlt werden solle. FDP und Grüne warnten vor zu weitgehenden Befugnissen des Gesundheitsministeriums. Die AfD warf der großen Koalition vor, mit ihrer Krisenpolitik Angst, Hysterie und Depression zu erzeugen. Spahn verteidigte dagegen die Maßnahmen: „Ein Virus wie dieses bekämpft man doch nicht, indem man es leugnet.“Es sei gelungen, die Infektionsdynamik zu brechen. Das Erreichte wolle man sichern. Ein Überblick über die Neuregelungen.
Kurarbeitergeld: Wer länger in Kurzarbeit muss, soll stärker vor Lohneinbußen bewahrt werden. Bisher gibt es 60 Prozent des letzten Nettolohns oder 67 Prozent für Menschen mit Kindern. Künftig sollen es ab dem vierten Monat des Bezugs 70 Prozent oder 77 Prozent sein – ab dem siebten Monat 80 Prozent oder 87 Prozent. Gezählt wird rückwirkend ab März. Die Regelung läuft aber auch Ende des Jahres wieder aus. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten in Kurzarbeit werden zudem erweitert.
Arbeitslosengeld: Aufgrund der derzeit geringen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt soll das Arbeitslosengeld für diejenigen um drei Monate verlängert werden, deren Anspruch zwischen 1. Mai und 31. Dezember enden würde.
Pflege-Bonus: Beschäftigte in der Altenpflege sollen in diesem Jahr eine gestaffelte Prämie von bis zu 1000 Euro bekommen. Die Höhe richtet sich nach Funktion und Arbeitszeit. Die Kosten werden mit rund einer Milliarde Euro veranschlagt. Länder oder Arbeitgeber können den Bonus auf bis zu 1500 Euro aufstocken, die steuerfrei bleiben würden. Mehrere Länder, unter anderem das Saarland, haben es schon angekündigt.
Testen und melden: Im Umfeld besonders gefährdeter Menschen soll mehr getestet werden, zum Beispiel in Pflegeheimen. Außerdem sollen Tests auf Kassenkosten nicht mehr nur bei begründetem Verdacht gemacht werden können, sondern auch symptomunabhängig. Um ein besseres Lagebild zu bekommen, müssen Labore und Ärzte den Gesundheitsämtern künftig nicht mehr nur Verdachtsfälle einer Infektion, bestätigte Fälle und Todesfälle melden – sondern auch negative Testergebnisse. Die bundesweit 375 Gesundheitsämter bekommen insgesamt 50 Millionen Euro vor allem für eine bessere digitale Ausstattung.
Unterstützung in der Pflege: Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz für Arbeitnehmer, die kurzfristig Angehörigen pflegen müssen, wird bis Ende September 20 statt zehn Tage lang gezahlt. Das Recht, wegen einer akuten Pflegesituation in der Familie nicht zur Arbeit zu gehen, wird ebenso auf 20 Tage verlängert. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, die daheim betreut werden, sollen den monatlichen Entlastungsbetrag flexibler einsetzen können.
Grippe-Vorsorge: Für die Grippesaison 2020/2021 soll eine größere Reserve an Impfstoff für die übliche Influenza eingeplant werden. Das soll verhindern, dass eine Grippewelle mit der Behandlung von Corona-Patienten zusammentrifft.
Privatpatienten: Die Krise könnte viele privat versicherte Selbstständige und Kleinunternehmer zwingen, wegen finanzieller Probleme in einen günstigeren Basistarif zu wechseln. Sie sollen einfacher – ohne erneute Gesundheitsprüfung – in den Ursprungstarif zurückwechseln können.
Zudem billigte der Bundestag die milliardenschweren Corona-Krisenhilfen über den Eurorettungsfonds ESM.