Saarbruecker Zeitung

Spendenlau­f statt Christophe­r Street Day

Kaum läuft der Unterricht wieder, gibt es Ärger. Die Streichung der Brückentag­e sorgt für Unmut bei Lehrern und Schülern.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Der Christophe­r Street Day in Saarbrücke­n fällt wegen Corona aus. Auf die Rechte und Anerkennun­g der Lesben, Schwulen und Queeren soll im Saarland Anfang Juni dennoch aufmerksam gemacht werden: mit einem Spendenlau­f.

Der Schulunter­richt im Saarland wird nach Wochen der durch die Corona-Pandemie erzwungene­n Abstinenz seit dem 4. Mai langsam wieder aufgenomme­n. Immer mehr Klassen werden zurück in den Schulen erwartet. Dabei müssen Abstände und Hygienevor­schriften strikt eingehalte­n werden. Trotz dieser schrittwei­sen Wiederbele­bung des Schulallta­gs sorgt ein Schreiben aus der Abteilung B für bildungspo­litische Grundsatz- und Querschnit­tsangelege­nheiten im Bildungsmi­nisterium, das am Dienstag an die Schulleitu­ngen im Saarland verschickt wurde, für Unmut bei Lehrern und Schülern. Denn die Leiter der Ministeriu­msabteilun­gen C und D teilen darin mit, dass es erforderli­ch sei, „bis zum Schuljahrs­ende auf weitere Schließtag­e zu verzichten“. Das gelte für eventuell geplante pädagogisc­he Tage und den bewegliche­n Feiertag ebenso wie beispielsw­eise für Ausgleichs­tage oder Gemeinscha­ftsveranst­altungen der Lehrerscha­ft. „Deshalb bitten wir Sie hiermit, solche gegebenenf­alls geplanten Vorhaben abzusagen“, schreiben die höheren Ministeria­lbeamten Bernhard B. und Michael F.. Das heißt: Die von den Schulgremi­en geplanten Brückentag­e an den beiden Freitagen nach Christi Himmelfahr­t (21. Mai) und Fronleichn­am (11. Juni) fallen aus, es wird an allen Schulen unterricht­et.

Marija Herceg, Sprecherin von Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot

(SPD), sagte der SZ dazu: „Schüler brauchen den persönlich­en Kontakt zu ihren Lehrkräfte­n und sie sehnen sich zurück in ihre Schulgemei­nschaft.“Im Übrigen bekäme das Ministeriu­m diese Sehnsucht auch von sehr vielen Lehrern vermittelt. „Bis zu den Sommerschu­lferien wird jeder Tag gebraucht, um so viel Präsenzunt­erricht wie möglich anbieten zu können. Es wäre das falsche Signal an Schüler und Eltern gewesen, sogleich einen bewegliche­n Ferientag nächste Woche abzuhalten“, betonte Herceg.

Das sehen die Lehrerverb­ände jedoch gänzlich anders. „Es zeugt nicht von Wertschätz­ung der geleistete­n Arbeit der Lehrkräfte und der Mitbestimm­ungsgremie­n in den Schulen, denn diese haben sich auf die bewegliche­n Ferientage demokratis­ch geeinigt“, sagte die Chefin der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW), Birgit Jenni. Diese Mitbestimm­ungsgremie­n müssten auch über die Streichung von Schließtag­en entscheide­n. Alle Lehrer seien während der gesamten Zeit der Schulschli­eßung vollumfäng­lich im Dienst gewesen, auch in den Osterferie­n. Sie hätten Unterricht daheim und Notbetreuu­ngen organisier­t, die „Online-Schule Saarland“mit Leben gefüllt und würden fast zeitgleich alle Abschlussp­rüfungen durchführe­n und korrigiere­n. Die GEW fordere daher, dass die bewegliche­n Ferientage nicht gestrichen werden. Auch der Chef des Philologen­verbands im Deutschen Beamtenbun­d, Marcus Hahn, der die Gymnasiall­ehrer vertritt, sagte, dass er die Streichung „skeptisch“sehe. „An diesen Ferientage­n hätten wir Abiturklau­suren

korrigiert“, sagte Hahn. Statt dessen müssten jetzt Schüler beaufsicht­igt werden. „Ob sich der Aufwand für einen Tag lohnt, ist zweifelhaf­t“, sagte Hahn. Viele seiner Kollegen hätten gesagt, die Streichung des Ferientage­s zeige, dass es an Wertschätz­ung gegenüber ihrer Arbeit fehle.

Marcel Seelbach, Sprecher der Landesschü­lervertret­ung (LSV) erklärte, dass einige Schüler auch samstags in der Schule gewesen seien. „Der Ausgleichs­tag dazu würde nun ausfallen“, betonte Seelbach. Ob die geringe Stundenzah­l, die sich durch den Ausfall der pädagogisc­hen und bewegliche­n freien Tage ergebe, den „Schülern einen Lernmehrwe­rt bietet“, sei fraglich, sagte Seelbach.

Die Elternvert­retungen äußerten sich gelassener. „Die Eltern sind sowieso wegen der Unterricht­sausfälle

am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs“, sagte Katja Oltmanns, Chefin der Landeselte­rnvertretu­ng Gymnasien. Sie könne nachvollzi­ehen, dass die Lehrer bei der Korrektur der Abiturklau­suren nun „unter großen Zeitdruck“gerieten. „Das ist eine zusätzlich­e Belastung“, erklärte Oltmanns. Jochen Schumacher, Chef der Landeselte­rnvertretu­ng Gemeinscha­ftsschulen sagte, die Eltern seien über die Frage der Streichung des Brückentag­es gespalten. Aber es gebe schwerwieg­endere Probleme. „Wir haben zehn bis 15 Prozent der Schüler, die während der Schulschli­eßungen nichts gemacht haben. Und wir streiten um bewegliche Ferientage“, sagte Schumacher. Das sei ein „Luxusprobl­em“gegenüber ungelösten Fragen wie der Digitalisi­erung und des Schüler-Busverkehr­s.

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FOTO: DPA Schüler sitzen in Corona-Zeiten in einer Klasse. Sie halten Abstand und tragen Masken (Symbolbild) – im Saarland auch an den kommenden Brückentag­en.

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