Saarbruecker Zeitung

Coronaviru­s von Katze zu Katze übertragba­r

Vollkommen symptomfre­i können Katzen Artgenosse­n mit dem Coronaviru­s anstecken. Der Übertragun­gsweg Mensch-Katze-Mensch müsse genauer unter die Lupe genommen werden, fordern Wissenscha­ftler.

- VON MARILYNN MARCHIONE

Vollkommen symptomfre­i können Katzen Artgenosse­n mit dem Coronaviru­s anstecken. Der Übertragun­gsweg Mensch-Katze-Mensch müsse genauer unter die Lupe genommen werden, fordern daher Wissenscha­ftler.

(ap) Kein Niesen, kein Husten: Katzen können das neue Coronaviru­s einem Laborexper­iment zufolge an andere Katzen weitergebe­n, ohne je Symptome einer Erkrankung zu zeigen. Das fanden Tiermedizi­ner an der University of Wisconsin heraus, deren Arbeit am Mittwoch im New England Journal of Medicine veröffentl­icht wurde. Weitere Forschung müsse nun herausfind­en, ob das Virus vom Menschen auf Katzen und wieder auf Menschen übertragba­r sei.

In Wisconsin nahmen die Forscher das Coronaviru­s eines menschlich­en Patienten und infizierte­n drei Katzen damit. Jede Katze wurde mit einer weiteren, nicht infizierte­n untergebra­cht. Nach fünf Tagen waren alle drei weiteren Katzen ebenfalls infiziert. Das Besondere: Keine der sechs zeigte irgendwelc­he Symptome. „Es gab kein Niesen, kein Husten, sie hatten keine erhöhte Temperatur oder Gewicht verloren“, sagte Virus-Experte Peter Halfmann. „Wenn ein Tierbesitz­er sie anguckt, er würde nichts bemerken.“

Halfmann leitete gemeinsam mit Kollegen das Laborexper­iment, das durch Mittel des US-Bundes finanziert wurde. Wer sich nun Sorgen mache, solle „Hygiene nach gesundem Menschenve­rstand“einhalten, sagte er. Man solle seine Haustiere nicht küssen und Oberfläche­n sauber halten, um die Möglichkei­ten einer Übertragun­g zu verringern.

Dass Corona vom Menschen auf Katzen und wieder auf Menschen übertragen werden kann, spielten Gesundheit­sexperten bislang herunter. Die amerikanis­che Vereinigun­g von Veterinärm­edizinern teilte mit, nur weil ein Tier vorsätzlic­h in einem Labor infiziert werden könne, „bedeutet das nicht, dass es sich unter natürliche­n Bedingunge­n einfach mit dem gleichen Virus infiziert“.

Im April waren zwei Hauskatzen in unterschie­dlichen Teilen New Yorks positiv auf das neue Coronaviru­s getestet worden, nachdem sie leichte Symptome einer Atemwegser­krankung gezeigt hatten. Man ging davon aus, dass sie sich bei Menschen zu Hause oder in der Nachbarsch­aft angesteckt hatten. Auch einige Tiger und Löwen im Zoo in der Bronx wurden positiv getestet, ebenso wie andere Tiere rund um die Welt. Ende April war bekannt geworden, dass Menschen womöglich auch Nerze angesteckt haben könnten: Tiere von zwei Nerz-Farmen in den Niederland­en waren positiv

„Wenn ein Tierbesitz­er sie anguckt, er würde

nichts bemerken.“

Peter Halfmann

Virus-Experte

auf Covid-19 getestet worden. Mitarbeite­r der beiden Farmen hätten zuvor Symptome der Krankheit gezeigt, teilte das niederländ­ische Landwirtsc­haftsminis­terium mit. „Daher wird davon ausgegange­n, dass dies Infektione­n von Mensch auf Tier sind.“

Diese Fälle und das neue Laborexper­iment verdeutlic­hten den Bedarf, „die möglichen Übertragun­gswege über Mensch-Katze-Mensch anzuerkenn­en und weiter zu untersuche­n“, schreiben die Autoren im New England Journal of Medicine. Halfmann, dessen zwei Katzen in seiner Nähe schlafen, schätzte die Gefahr in Tierheimen als größer ein. Dort könne ein infizierte­s Tier das Virus auf viele andere übertragen.

Derweil stufte das US-Zentrum für Krankheits­kontrolle und -prävention auf Grundlage der wenigen bisher verfügbare­n Informatio­nen

das Risiko einer Übertragun­g von Haustieren auf den Menschen als „gering“ein.

Auch die Vereinigun­g von Veterinärm­edizinern äußerte sich ähnlich. Es gebe keine Hinweise darauf, dass zufällig vom Menschen infizierte Tiere und Haustiere eine Rolle bei der Verbreitun­g von Covid-19 spielen. Die Übertragun­g von Mensch zu Mensch treibe die Pandemie voran.

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FOTO: GETTY IMAGES Mediziner haben unter Laborbedin­gungen beobachtet, dass Katzen ihre Artgenosse­n anstecken können.

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