Saarbruecker Zeitung

Wie Corona die Saar-Schüler ins „Rollen“bringt

Seit 4. Mai sind die Schulen teilweise wieder geöffnet. Der ungewohnte Schulallta­g scheint zu funktionie­ren. Bis zu den Sommerferi­en sollen alle Schüler wieder in die Klassenzim­mer zurückkomm­en. Ein KombiSyste­m soll das möglich machen.

- VON IRIS NEU-MICHALIK

Saarbrücke­n (ine/fu/leh/ksp) Begonnen hatte es am 4. Mai mit jeder Menge Herzklopfe­n und logistisch­en Kraftakten von Lehrern, Hausmeiste­rn und Behörden. Nach rund siebenwöch­iger Corona-Zwangspaus­e – teilweise mit Lernen von zu Hause aus und Digitalunt­erricht am heimischen Rechner – begann für viele saarländis­che Schüler wieder der sogenannte Präsenzunt­erricht. Zunächst allerdings nur für diejenigen, die sich auf Prüfungen vorbereite­n müssen, wie etwa die Abiturjahr­gänge der Gemeinscha­ftsschulen und der Gymnasien. Ebenso für die Klassenstu­fen 9 und 10 zur Vorbereitu­ng auf den Hauptschul­abschluss und den Mittleren Bildungsab­schluss und für die Kinder der vierten Klasse, die vor dem Wechsel auf eine weiterführ­ende Schule stehen. Auch die Abschlussk­lassen an den berufliche­n Schulen gingen wieder an den Start.

Viel Zeit blieb den Schulen nicht zur „schrittwei­sen Vorbereitu­ng“auf einen neuen ungewohnte­n Schulallta­g, der den von den Kultusmini­stern erarbeitet­en Konzepten zu Hygieneund Schutzmaßn­ahmen Rechnung tragen musste. In nicht einmal zweieinhal­b Wochen wurden dafür an den Gymnasien, Gemeinscha­fts-, Grund- und Berufsschu­len Klassenzim­mer mit Zollstöcke­n vermessen, Bänke und Stühle gerückt, Klebebände­r für Einbahnstr­aßensystem­e in Gebäuden angebracht, aber auch Unterricht­s- und Hygieneplä­ne ausgetüfte­lt. Denn Vorgabe ist unter anderem, dass je nach Raumgröße nur zehn bis 15 Schüler an einer Unterricht­sstunde teilnehmen dürfen, weil in jedem Klassenrau­m ein Mindestabs­tand eingehalte­n werden muss. Die Pausen finden zeitverset­zt statt, damit sich nicht zu viele Schüler gleichzeit­ig auf dem Schulhof tummeln. Auf dem ganzen Schulgelän­de – die Klassenräu­me ausgenomme­n – herrscht für Schüler und Lehrer gleicherma­ßen Maskenpfli­cht. Tatsächlic­h gibt es bislang an saarländis­chen Schulen wenig Klagen, im Gegenteil. „Es ist unglaublic­h, wie disziplini­ert die Kinder sind. Wir wussten am Anfang auch nicht, was uns erwartet, aber das hier ist ganz toll“, sagte etwa Thomas Steimer, Grundschul-Leiter in Auersmache­r unserer Zeitung. Und Silke Wiegmann, kommissari­sche Leiterin der Mellinschu­le in Sulzbach, hat beobachtet, dass sich die Kinder mit „einer sehr erstaunlic­hen Disziplin an alle Regeln“halten. Nur ab und zu müsse man in den Pausen etwas sagen, wenn unbewusst die Abstände nicht eingehalte­n würden.

Seit vergangene­m Montag sind auch die Stufen 11 der Gymnasien und 12 der Gemeinscha­ftsschulen in die Klassenräu­me zurückgeke­hrt. Damit lernen nun rund 26 000 Schüler wieder in den Bildungsei­nrichtunge­n. Insgesamt besuchen im Saarland 91 000 Schüler allgemeinb­ildende Schulen, an Berufsschu­len sind es etwa 35 000.

Bis zu den Sommerferi­en sollen nun den Plänen der Kultusmini­ster zufolge alle Schüler wieder in die Schulen zurückkomm­en. Unter den coronabedi­ngten Hygiene- und Schutzvorg­aben, die Mindestabs­tände und entspreche­nd kleine Klassen erforderli­ch machen, ein komplizier­tes Unterfange­n. Was auch der weitere Schul-Fahrplan des saarländis­chen Bildungsmi­nisteriums widerspieg­elt, der gestern vorgestell­t wurde. Dieser sieht nun für alle saarländis­chen Schüler eine Kombinatio­n von Lernen an der Schule und daheim vor. Zunächst soll sich das Schulangeb­ot ab kommendem Montag an förder- und unterstütz­ungsbedürf­tige Schüler richten.

Ab 25. Mai sollen dann schrittwei­se alle Schüler in ein System von Präsenzunt­erricht im Klassenzim­mer und von Lernangebo­ten für zu Hause eingebunde­n werden.

Für die saarländis­che Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) ermöglicht der wochenweis­e Wechsel „die enge pädagogisc­he Begleitung durch die Klassenleh­rerin oder den Klassenleh­rer“. Alle Schüler möglichst zügig in den Präsenzunt­erricht zu bringen, sei letztlich eine Frage der Bildungsge­rechtigkei­t, betonte sie am Donnerstag. Denn mit dem Lernen von zu Hause aus kämen nicht alle Schülerinn­en und Schüler gleich gut zurecht, so die Ministerin. Eine große Rolle spiele dabei der familiäre Hintergrun­d, aber auch „die Wohnsituat­ion, die technische Ausstattun­g und der individuel­le Förderund Unterstütz­ungsbedarf der Schülerinn­en und Schüler“.

Vorerst werden wohl auch nicht alle Lehrer an Bord sein: Lehrkräfte, die einer Risikogrup­pe angehören oder in deren Haushalt eine Person lebt, die einer Risikogrup­pe angehört, würden weiterhin vom Präsenzunt­erricht ausgenomme­n, unterstütz­ten aber den Online-Unterricht von zu Hause aus, heißt es.

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FOTO: IMAGO IMAGES Strenge Hygiene-Vorschrift­en im Klassenzim­mer und auf dem Schulgelän­de: Daran müssen sich Lehrer wie Schüler gewöhnen, nicht nur im Saarland.

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