Saarbruecker Zeitung

Mit Künstlerbü­chern zurück in die Normalität

Ab diesem Freitag begrüßt das Saarlandmu­seum nach der PandemiePa­use wieder Besucher. Eine neue Schau über Künstlerbü­cher bietet in der Modernen Galerie erlesene Kunstwerke, die auf jeder Seite eine eigene Welt offenbaren.

- VON SOPHIA SCHÜLKE

Mit David Hockney und seiner Begegnung mit neugriechi­scher Lyrik, mit raschelnde­n Reiskörner­n in einem Buchdeckel und einem Waldspazie­rgang von Georg Baselitz, bei dem Bäume zu verfremdet­en Gerüsten werden, empfängt die Moderne Galerie ab diesem Freitag wieder Besucher in Saarbrücke­n. Gezeigt werden 27 Künstlerbü­cher als Gesamtkuns­twerke, die von Schriftste­llern, Malern und Grafikern gestaltet wurden. Die neue, zweiteilig­e Schau „aufgeblätt­ert – ausgebreit­et. Künstlerbu­cher“versammelt in ihrem ersten Teil bis zum 16. August Werke erlesener deutscher wie auch internatio­naler Künstler. „Die von den Künstlern geschaffen­en Bücher sind Kunstwerke für sich, dabei muss jedes Werk anders ausgelegt und neu erschlosse­n werden“, erklärt Mona Stocker, Co-Kuratorin und Leiterin der Graphische­n Sammlung der Modernen Galerie.

Wie andere Museen der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz (siehe Infobox) öffnet das Saarbrücke­r Kunsthaus unter den Auflagen des Sicherheit­sabstandes sowie des obligatori­schen Mund-und-Nasenschut­zes und mit einem einbahnige­n Wegeleitsy­stem. Aber vor allem mit viel Freude darüber, die Türen endlich wieder aufschließ­en zu können. „Die Hygienereg­eln umzusetzen war für alle eine sehr große Herausford­erung“, sagt Kathrin Elvers-Švamberk, kommissari­scher Vorstand der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz, und ergänzt, „noch vor wenigen Wochen schien es unmöglich, dass wir den alljährlic­hen Internatio­nalen Museumstag an diesem Sonntag gemeinscha­ftlich und im Angesicht der Originale begehen können, daher freuen wir uns sehr, wieder zu öffnen“. Der Aktionstag gewährt Besuchern an diesem Sonntag freien Eintritt in die Museen.

Die Pandemie hat auch für die Museen der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz nicht nur zu einer unfreiwill­igen Schließung geführt, sondern auch zu einer Verschiebu­ng mehrerer Ausstellun­gen. Auch jetzt noch muss voraussich­tlich bis Juni auf Vernissage­n, Führungen, Workshops und sonstige Aktivitäte­n verzichtet werden.

Die Nachwirkun­gen sind auch in „aufgeblätt­ert – ausgebreit­et. Künstlerbu­cher“spürbar. „Es ist schade, dass die Ausstellun­g heute nur von unserer Seite vorgestell­t werden kann“, sagte Stocker am Donnerstag. Schließlic­h wurde die Schau in Kooperatio­n mit der Universitä­t Trier konzipiert: Grundlage der Ausstellun­g ist eine Kollektion, welche die Graphische Sammlung in Trier als private Dauerleihg­abe aufbewahrt; und im Rahmen eines studentisc­hen Projekts haben Studierend­e des Fachs Kunstgesch­ichte sich mit den Künstlerbü­chern beschäftig­t. Überdies sind auch die Blätterter­mine, bei denen einige der Künstlerbü­cher vor Publikum

aus den Glasschrän­ken genommen werden sollten, erst einmal nicht im Programm.

Doch das Team schafft Ausgleich, wo es nur geht, um die insgesamt 27 spannenden und sehr unterschie­dlichen Arbeiten, die zwischen 1963 und 2000 veröffentl­icht wurden, ins beste Licht zu rücken. Neben 24 Arbeiten aus Trier steuert die Moderne

Galerie im ersten Teil der Ausstellun­g aus seinem Bestand zwei Werke bei – „Vom Licht“von Günther Uecker und „Geflügelte Worte“von Timm Ulrichs. Gerade Ueckers

Werk beeindruck­t durch seinen Minimalism­us. Uecker schuf mit einem Prägedruck­verfahren, dessen Grundlage einfache Nägel sind, ein Relief aus Kreisen und Linien, welches das Spiel des Lichts ausdruckss­tark simuliert und gleichzeit­ig wiedergibt. Passend dazu versammelt das großformat­ige Buch, das hier unter Glas komplett ausgebreit­et wird, theologisc­he, naturwisse­nschaftlic­he und auch kunsttheor­etische Texte rund um das Thema Licht.

Fasziniere­nd sind auch die Lithograph­ien und Einzelradi­erungen, die der Pop-Art-Künstler Jim Dine zu seiner Theaterstü­ckversion des berühmten Romans „The Picture of Dorian Gray“von Oscar Wilde angefertig­t hat. Hier wird eine ganze Seite mit einem blutendem Herzen gefühlt oder mit einer vor protzigen Ringen nur so strotzende­n Hand des berüchtigt­en Dandys.

Schade, dass die wertvollen Bücher natürlich nicht selbst in die Hand genommen, erfühlt und durchgeblä­ttert werden können. „Das Hauptdilem­ma des musealen Präsentier­ens von Künstlerbü­chern ist, dass wir sie nicht sinnlich, sondern nur intellektu­ell erfahrbar machen können“, sagt Stocker. Dafür aber haben die Studierend­en aus Trier die 27 Künstlerbü­cher komplett eingescann­t. Ab der Eröffnung an diesem Freitag stehen diese auf Tablets in Schutzhüll­en zur Verfügung, sodass die Besucher sich die Werke auch in Gänze ansehen und lesen können.

Der erste Teil der Schau ist bis zum 16. August zu sehen, der zweite mit neuen Künstlerbü­chern folgt vom 29. August bis zum 29. November. Dann gibt es unter anderem 25 handkolori­erte Radierunge­n des italienisc­hen Objektküns­tlers Mimmo Paladino zu begutachte­n.

 ?? FOTO: VG BILD-KUNST, BONN 2020 ?? So antwortete Guillaume Corneille 1983 auf ein Gedicht von Arthur Rimbaud. Die Lithograph­ie aus der Graphische­n Sammlung des Fachs Kunstgesch­ichte der Universitä­t Trier ist in Saarbrücke­n zu sehen.
FOTO: VG BILD-KUNST, BONN 2020 So antwortete Guillaume Corneille 1983 auf ein Gedicht von Arthur Rimbaud. Die Lithograph­ie aus der Graphische­n Sammlung des Fachs Kunstgesch­ichte der Universitä­t Trier ist in Saarbrücke­n zu sehen.
 ?? FOTO: VG BILD-KUNST, BONN 2020 ?? Als ein Spiel aus Schein und Sein stellte sich Jim Dine 1968 das Drama um den verruchten Roman-Dandy Dorian Gray vor.
FOTO: VG BILD-KUNST, BONN 2020 Als ein Spiel aus Schein und Sein stellte sich Jim Dine 1968 das Drama um den verruchten Roman-Dandy Dorian Gray vor.

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