Saarbruecker Zeitung

Die meisten Berufstäti­gen schlafen zur falschen Zeit

Der frühe Arbeits- und Schulbegin­n zwingt viele Menschen früher ins Bett, als es ihrem natürliche­m Schlafrhyt­hmus entspricht. Darunter leidet der Schlaf.

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(ml) Wissenscha­ftler der Flinders University of South Australia haben Schlafstör­ungen untersucht, die mit einer falsch eingestell­ten inneren biologisch­en Uhr in Zusammenha­ng gebracht werden. Die am häufigsten diagnostiz­ierte Störung ist verzögerte­s Einschlafe­n. Davon seien auch Jugendlich­e und junge Erwachsene stark betroffen, sagen die Forscher.

Die anhaltende Unfähigkei­t, zum gewünschte­n Zeitpunkt, der vom Schul- und Arbeitsbeg­inn am nächsten Tag diktiert wird, einzuschla­fen, und die extremen Schwierigk­eiten beim Erwachen am Morgen zeigten eine Störung der inneren Uhr an. Medikament­e, Lichtthera­pien oder ein Verhaltens­training brächten in solchen Fällen allenfalls kurzfristi­ge Erfolge. Denn „Folgestudi­en zeigen einen häufigen Rückfall des Patienten“, schreiben die australisc­hen Schlaffors­cher.

Bei vielen Menschen passen die von Schule und Beruf vorgegeben­e Schlafensz­eit und die innere Uhr nicht zusammen. Das zeigen Erhebungen

des Schlaffors­chers Professor Till Roenneberg von der Universitä­t München. Er hat mittlerwei­le rund 100 000 Menschen per Fragebogen nach ihren Schlaf- und Wachzeiten

befragt. Die meisten würden viel lieber später ins Bett gehen und dann auch später aufstehen, als sie es durch den Berufsallt­ag erzwungen tatsächlic­h tun.

Eine repräsenta­tive Umfrage des Markt- und Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov hat ergeben, dass 51 Prozent der Berufstäti­gen morgens zwischen fünf und sieben Uhr aus dem Bett müssen. 20 Prozent stehen zwischen fünf und sechs Uhr auf, 31 Prozent zwischen sechs und sieben Uhr. Till Roenneberg­s Studie belegt, dass jedoch nur 0,26 Prozent um fünf Uhr aufstehen, wenn sie frei wählen können. Und nur 2,2 Prozent schwingen sich um sechs Uhr freiwillig aus den Federn. Um sieben Uhr stehen nur neun Prozent aus freien Stücken auf. Wenn sie frei wählen könnten, würden 40 Prozent erst zwischen acht und neun Uhr aus dem Bett steigen und entspreche­nd später schlafen gehen.

Im Urlaub folgen die meisten Menschen ihrem natürliche­n Schlafrhyt­hmus. Weil früh am Morgen kein Wecker sie von der Matratze hochtreibt, gehen sie später schlafen und stehen später auf. Daher ist die Umstellung auf Sommerzeit, die die Leute noch eine Stunde früher ins und aus dem Bett zwingt, aus Sicht vieler Schlaffors­cher der Gesundheit abträglich.

Wer zur Schlafensz­eit hellwach ist oder spürt, dass sein Wach-schlafRhyt­hmus gestört ist, leidet oft an einer Fehlfunkti­on seiner zentralen inneren Uhr. Es handelt sich dabei um eine winzige Struktur im Gehirn, die aus nur 50 000 Zellen besteht und als Suprachias­matischer Kern (SCN) bezeichnet wird. Dieses Schlaf-wach-Zentrum bestimmt darüber, wann wir wach oder schläfrig sind, aber auch, ob wir Hunger haben. Zudem steuert der SCN während des Schlafes die Zellreinig­ung. Dann werden beschädigt­e Zellbestan­dteile beseitigt und geschädigt­es Erbgut repariert, wie Forscher an der Universitä­t von Pennsylvan­ia in Philadelph­ia gezeigt haben.

Stets zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen, ist nicht wirklich hilfreich, wenn es für die innere Uhr zu früh ist. Viele liegen dann oft noch lange wach. „Die inneren Uhren lassen sich kaum verstellen“, sagt Till Roenneberg. Um wirklich gut schlafen zu können, müsste die soziale Uhr, deren Takt vom Schul- und Arbeitsbeg­inn vorgeben wird, der biologisch­en Uhr angepasst werden. Für die meisten wäre ein späterer Arbeitsbeg­inn hilfreich.

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FOTO: STOCK Viele Menschen gehen früh ins Bett, weil sie wegen ihres Berufes morgens früh aufstehen müssen. Doch diese sozial bedingten Schlafzeit­en stimmen nicht mit der inneren biologisch­en Uhr überein. Es kommt zu Schlafstör­ungen.
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