Auch Börsenroboter müssen Federn lassen
Die Corona-Krise hat die Börsenkurse nach unten gezogen. Dem hatten selbst Robo-Advisors nichts entgegenzusetzen.
(dpa) Digitale Anlageberater, sogenannte Robo-Advisors, sind für Anleger geeignet, die sich grundsätzlich mit Geldanlagen, Fonds und börsengehandelten Indexfonds (ETFs) auskennen und das vorgeschlagene Portfolio einschätzen können. Alle Kreditinstitute haben mittlerweile eigene intelligente Systeme. Sie sollen Anlegern Arbeit abnehmen und für sie den Markt im Blick behalten, erklärt Niels Nauhauser, Finanzberater der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Denn gerade in Krisenzeiten können sich die Kurse schnell ändern.
Am Jahresanfang kletterten die Aktienkurse von einem Rekordniveau zum nächsten. Im März folgte ein schneller Absturz durch die Corona-Krise. Erst Ende Februar sei die Erkenntnis gekommen, dass es eine weltweite Pandemie ist, die mit drastischen Maßnahmen zu bekämpfen sein wird, berichtet Stefan Mittnik, Professor für Finanzökonometrie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Der Kursrutsch an den Börsen hat sich bei Scalable und anderen Robo-Advisors bemerkbar gemacht. Allein im März verloren Anleger bis zu 15,1 Prozent, wie das Portal Brokervergleich berichtet. Im Schnitt lag das Minus bei 9,15 Prozent. Dass es den Anlagerobotern in der Krise nicht anders geht als den übrigen Anlegern, ist nicht verwunderlich. Schließlich investieren die Robo-Advisors das Geld der Anleger zum Teil in Aktienfonds. Der andere Teil wird je nach Risikoneigung des Kunden in schwankungsärmere Anlageklassen investiert, zum Beispiel
Anleihen.
Damit das Verhältnis zwischen Aktien und Anleihen in etwa gleich bleibt, passen die Anbieter das Portfolio in der Regel immer wieder an. Steigt zum Beispiel der Wert des Aktienanteils stärker als der des Anleiheanteils, verschiebt sich das ursprünglich festgelegte Verhältnis von Aktien und Anleihen. Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, wird zwischen den Anlageklassen umgeschichtet. Dieser Vorgang wird auch als Rebalancing bezeichnet. Das können Robo-Advisor für die Investoren übernehmen. Sollten sie allerdings damit werben, immer rechtzeitig vor einem Kursrückgang den Ausstieg aus einer Anlageklasse zu schaffen, werde zu viel versprochen, findet Nauhäuser. Denn auch ein intelligentes System kann Marktentwicklungen nicht vorhersagen.
Manche Anleger, die ihr Geld bei
Robo-Advisors angelegt haben, sind während der Krise anscheinend vergleichsweise gelassen geblieben. Kündigungen oder Depotauflösungen hat Martin Daut, Chef der Privatbank Quirion, jedenfalls kaum bekommen. „Viele Kunden haben ihre Depots eher aufgestockt.“Unter dem Strich sei in der Krise bisher mehr Geld zu- als abgeflossen, sagt Nadine Friedrichs, Chefin der digitalen Vermögensverwaltung Whitebox.
Nur zu kaufen, weil die Kurse nachgegeben haben, sei riskant, warnt Nauhauser. Der Markt könne in der Zukunft noch stärker abstürzen. Wer sich für Robo-Advisor interessiere, sollte nach Ansicht des Verbraucherschützers daher nicht nur auf die Rendite schauen. Bei entsprechenden Vergleichen werden mitunter Depots gegenübergestellt, die nicht die gleiche Risikoklasse haben. Vielmehr sollten Anleger auch prüfen, wie teuer ein Robo-Advisor ist. Denn Kosten gingen immer zulasten der Rendite. Daher sollten Anleger ein wenig Hintergrundwissen mitbringen, wenn sie sich auf einen Robo-Advisor einlassen und den Einstieg bei einem digitalen Finanzberater nicht vom Kursniveau abhängig machen. Langfristig haben sich Aktien in der Regel ausgezahlt, wie Berechnungen des Deutschen Aktien-Instituts (DAI) für den Deutschen Aktienindex (Dax) zeigen. Die jährlichen Renditen des deutschen Leitindex lagen für einen Anlagezeitraum von 20 Jahren in der Vergangenheit im Schnitt bei rund neun Prozent. Verluste mussten die Anleger über solche Zeiträume nicht fürchten. Im schlechtesten Fall lag die jährliche Rendite bei 4,7 Prozent, im besten bei 16,1 Prozent. Wer dabei blieb, konnte zum Beispiel die Immobilienkrise oder auch die Kurseinbrüche am sogenannten Neuen Markt zu Beginn der 2000er Jahre überstehen.
„Es spricht vieles dafür, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie die globale Wirtschaft mindestens kurzfristig deutlich belasten“, sagt Preiswerk. Sie geht davon aus, dass sich ab einem unbestimmten Zeitpunkt die Unternehmen und damit auch die Aktienmärkte wieder erholen.
„Viele Kunden haben ihre Depots eher
aufgestockt.“
Martin Daut
Chef der Privatbank Quirion