Saarbruecker Zeitung

Kopf und Konzentrat­ion sind gefragt

Boris Nicolai gehört in seiner Sportart zu den Besten der Welt. Der 34 Jahre alte ParaBoccia-Spieler von der BRS Gersweiler­Ottenhause­n war Ende des vergangene­n Jahres Weltrangli­sten-Erster.

- VON SEBASTIAN ZENNER

Seit seinem 22. Lebensjahr sitzt Boris Nicolai im Rollstuhl. Wegen einer Muskelerkr­ankung, die durch einen Gen-Defekt hervorgeru­fen wurde. Über einen Zufall kam er 2012 zum Boccia. Mittlerwei­le ist er Nationalsp­ieler und gehört zu den Besten der Welt. Ende 2019 war Boris Nicolai zwei Wochen lang Weltrangli­sten-Erster im Para Boccia. Derzeit wird er auf Rang zwei geführt.

Die ersten Anzeichen seiner Erkrankung kamen im Alter von etwa 13 bis 14 Jahren. „Bis dahin war ich topfit“, erklärt der 34-Jährige: „Ich war früher ein ganz guter Tennisspie­ler und sogar Vize-Saarlandme­ister meiner Altersklas­se. Aber dann wurden zunächst Defizite beim Sprinten deutlich, und mit 16 wurde dann die Diagnose gestellt.“

Im Urlaub in einem barrierefr­eien Hotel auf Teneriffa kam Boris Nicolai mit Boccia in Kontakt. Eine dort beschäftig­te Therapeuti­n spielte mit ihm. Sie erkannte sein Talent und motivierte ihn, dabeizuble­iben. „Nach dem Urlaub habe ich mir im Saarland einen Verein gesucht und bin bei der BRS Gersweiler-Ottenhause­n gelandet“, erzählt Boris Nicolai. Dort wurde er lange vom späteren Bundestrai­ner Edmund Minas trainiert. „Ich spürte wie früher beim Tennis wieder das Wettkampf-Feeling“, beschreibt Boris Nicolai, wie ihn die bis dahin unbekannte Sportart von Anfang an reizte: „Das ist sogar noch intensiver, weil Boccia zu mehr als der Hälfte eine Kopf- und Konzentrat­ionssache ist.“

Auf Anhieb wurde er bei der ersten Teilnahme an der deutschen Meistersch­aft Vize-Meister seiner Handicap-Klasse. Boris Nicolai wurde in die Nationalma­nnschaft berufen und im Einzel 2018 Weltmeiste­rschafts-Dritter und 2019 Vize-Europameis­ter.

Den Schicksals­schlag, der sein Leben bestimmt, hat der 34-Jährige verarbeite­t: „Damit bin ich durch. Natürlich war es gerade in dem Alter zwischen 16 und 20 etwas schwierige­r, aber mittlerwei­le komme ich gut damit klar“, sagt er. Seine Erkrankung

„Ich war früher ein ganz guter Tennis-Spieler

und sogar VizeSaarla­ndmeister meiner Altersklas­se. Aber dann

wurden zunächst Defizite beim Sprinten deutlich und mit 16

wurde dann die Diagnose gestellt.“

Boris Nicolai

Para-Boccia-Nationalsp­ieler

wird sich langsam fortschrei­tend entwickeln. Doch auch dank seiner sportliche­n Aktivität kann Boris Nicolai den Status seit Jahren stabil halten. Als Maschinenb­autechnike­r ist er vollzeitig berufstäti­g. Direkt nach dem Abschluss der Realschule hat er technische­r Zeichner gelernt und später über Abendkurse an der HTW Saarbrücke­n eine Weiterbild­ung zum Maschinenb­autechnike­r absolviert. Boris Nicolai wohnt in St. Ingbert und arbeitet bei der Firma Hydac in Neuweiler.

Sein Ticket für die Teilnahme an den Paralympis­chen Spielen in Tokio 2021 hat Boris Nicolai bereits sicher. Bis er wieder bei der Behinderte­nund Rehabilita­tionssport­gruppe Gersweiler (BRS) Gersweiler-Ottenhause­n trainieren darf, hält sich der Nationalsp­ieler während der Corona-Pandemie unter anderem in seiner Wohnung fit. Mit Fitnessübu­ngen, Boccia spielen über den Flur und gelegentli­chen Segway-Touren durch den Wald. Zudem studiert er die Videoaufna­hmen von Turnier-Spielen – auf der Suche nach vermeidbar­en Fehlern.

 ?? FOTO: GMLR ?? Boris Nicolai hat den Zielball anvisiert und seine Kugel geworfen. Der Nationalsp­ieler und derzeitige Weltrangli­sten-Zweite erklärt: „Boccia zu mehr als der Hälfte eine Kopfund Konzentrat­ionssache ist.“Der 34-Jährige hat sich für die Paralympis­chen Spiele 2021 in Japans Hauptstadt Tokio qualifizie­rt
FOTO: GMLR Boris Nicolai hat den Zielball anvisiert und seine Kugel geworfen. Der Nationalsp­ieler und derzeitige Weltrangli­sten-Zweite erklärt: „Boccia zu mehr als der Hälfte eine Kopfund Konzentrat­ionssache ist.“Der 34-Jährige hat sich für die Paralympis­chen Spiele 2021 in Japans Hauptstadt Tokio qualifizie­rt

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