Saarbruecker Zeitung

Arbeitsmin­ister Heil verteidigt Grundrente

Die Opposition spart im Bundestag nicht mit Kritik am Gesetzentw­urf des SPD-geführten Arbeitsmin­isteriums.

- VON STEFAN VETTER Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Iris Neu-Michalik

Bei der Bundestags­debatte über die Grundrente hat Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) Kritik zurückgewi­esen. Gerade im Angesicht der Corona-Krise gelte es, an dem Vorhaben festzuhalt­en.

Gut sechs Monate ist es bereits her, dass sich der Koalitions­ausschuss nach langem Streit auf ein Konzept zur Grundrente verständig­te. Der Zoff ist trotzdem nie verstummt. Davon zeugte auch die Auftaktdeb­atte über den entspreche­nden Gesetzentw­urf aus dem SPD-geführten Arbeitsmin­isterium am Freitag im Bundestag.

Können Menschen, die lange gearbeitet, aber wenig verdient haben, ab dem kommenden Jahr mit einem Rentenaufs­chlag rechnen? Ja, betont die SPD bei jeder Gelegenhei­t. Schließlic­h handelt es sich um ihr politische­s Prestigepr­ojekt. Beim Koalitions­partner dagegen ist der Chor gemischt. Der Wirtschaft­sflügel der Union lehnt die geplanten Verbesseru­ngen für etwa 1,3 Millionen Rentner rundweg ab. Andere argumentie­ren nach dem Motto „Ja, aber“. Das wurde am Freitag auch im Bundestag deutlich.

Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) warnte noch einmal eindringli­ch vor einem Scheitern des Projekts. Gerade vor dem Hintergrun­d der Corona-Krise sei es ein „verheerend­es gesellscha­ftliches Signal“, die Grundrente für Geringverd­iener in Frage zu stellen, so Heil. Sein Parteifreu­nd, Finanzmini­ster Olaf Scholz, hatte am Tag zuvor sogar gewettert, dass „eigentlich ausgebuht“gehöre, wer da sage, die Grundrente sei nicht bezahlbar.

Genau das ist allerdings ein wunder Punkt bei Heils Gesetzentw­urf. Die

Kosten der Grundrente werden auf 1,3 Milliarden Euro im Einführung­sjahr veranschla­gt. Bis 2025 steigt der Bedarf auf 1,6 Milliarden Euro. Finanziert werden soll das nicht über Beitragsmi­ttel, sondern durch eine Abgabe auf Finanzgesc­häfte. Diese sogenannte Finanztran­saktionsst­euer gibt es aber noch gar nicht. „Besser liefern, als ausbuhen“, stichelte der CDU-Abgeordnet­e Hermann Gröhe in der Plenardeba­tte deshalb gegen den Koalitions­partner.

Von der Opposition bekamen Union und SPD gleicherma­ßen Zunder. Die AfD-Frau Ulrike Schielke-Ziesing erinnerte daran, dass frühere Beschlüsse etwa zur Veränderun­g der Rentenform­el oder der Einführung des Niedrigloh­nsektors für die

Mini-Renten verantwort­lich seien. Und nun feiere sich die Koalition dafür, „dass sie jetzt an den Zahlbeträg­en schraubt“, empörte sich die AfD-Politikeri­n. Der FDP-Parlamenta­rier

Johannes Vogel kritisiert­e die seiner Ansicht nach mangelnde Zielgenaui­gkeit der Grundrente. Von den etwa 500 000 Rentnern mit staatliche­r Grundsiche­rung (Hartz IV ) käme drei Viertel gar nicht auf die mindestens erforderli­chen 33 Beitragsja­hre, um von ihr profitiere­n zu können. Derweil bemängelte­n Redner von Grünen und Linken auch den hohen bürokratis­chen Aufwand zur Ermittlung des Zuschlags in Höhe von durchschni­ttlich rund 80 Euro pro Monat und Rentenfall.

Womit ein weiterer großer Schwachpun­kt des Gesetzentw­urfs umschriebe­n wäre. Die SPD wollte ursprüngli­ch keinerlei Bedürftigk­eitsprüfun­g. Das hätte die Grundrente zwar enorm vereinfach­t, aber eben auch zur Gießkanne gemacht. Anfangs hatte die SPD deshalb mit mehr als drei Millionen Begünstigt­en gerechnet. Eine so hohe Zahl wollte die Union schon aus Kostengrün­den

verhindern. Als Kompromiss wurde eine Einkommens­prüfung verabredet, bei der Renten und andere Einkünfte wie etwa Kapitalert­räge maßgebend sind, nicht aber die gesamten Vermögenve­rhältnisse. Dazu muss die Rentenvers­icherung im Zusammensp­iel mit den Finanzämte­rn aber in jedem Einzelfall prüfen, wer von den 21 Millionen Rentnern Anspruch auf Grundrente hat. Bis zum 1. Januar 2021 sei das kaum zu schaffen, hat die Rentenvers­icherung schon vor einiger Zeit wissen lassen.

So bleibt die Grundrente nicht nur technisch, sondern auch politisch weiter im Ungefähren. Wann sie im Bundestag verbschied­et wird, steht noch in den Sternen.

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FOTO: NIETFELD/DPA Heftig diskutiert wurde im Bundestag über die Grundrente, die laut Gesetzentw­urf bis 2025 zwischen 1,3 und 1,6 Milliarden Euro pro Jahr kosten soll.
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CARSTENSEN/DPA ?? Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) musste viel Kritik für sein Konzept zur Grundrente einstecken.
FOTO: CARSTENSEN/DPA Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) musste viel Kritik für sein Konzept zur Grundrente einstecken.

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