Arbeitsminister Heil verteidigt Grundrente
Die Opposition spart im Bundestag nicht mit Kritik am Gesetzentwurf des SPD-geführten Arbeitsministeriums.
Bei der Bundestagsdebatte über die Grundrente hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Kritik zurückgewiesen. Gerade im Angesicht der Corona-Krise gelte es, an dem Vorhaben festzuhalten.
Gut sechs Monate ist es bereits her, dass sich der Koalitionsausschuss nach langem Streit auf ein Konzept zur Grundrente verständigte. Der Zoff ist trotzdem nie verstummt. Davon zeugte auch die Auftaktdebatte über den entsprechenden Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten Arbeitsministerium am Freitag im Bundestag.
Können Menschen, die lange gearbeitet, aber wenig verdient haben, ab dem kommenden Jahr mit einem Rentenaufschlag rechnen? Ja, betont die SPD bei jeder Gelegenheit. Schließlich handelt es sich um ihr politisches Prestigeprojekt. Beim Koalitionspartner dagegen ist der Chor gemischt. Der Wirtschaftsflügel der Union lehnt die geplanten Verbesserungen für etwa 1,3 Millionen Rentner rundweg ab. Andere argumentieren nach dem Motto „Ja, aber“. Das wurde am Freitag auch im Bundestag deutlich.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warnte noch einmal eindringlich vor einem Scheitern des Projekts. Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Krise sei es ein „verheerendes gesellschaftliches Signal“, die Grundrente für Geringverdiener in Frage zu stellen, so Heil. Sein Parteifreund, Finanzminister Olaf Scholz, hatte am Tag zuvor sogar gewettert, dass „eigentlich ausgebuht“gehöre, wer da sage, die Grundrente sei nicht bezahlbar.
Genau das ist allerdings ein wunder Punkt bei Heils Gesetzentwurf. Die
Kosten der Grundrente werden auf 1,3 Milliarden Euro im Einführungsjahr veranschlagt. Bis 2025 steigt der Bedarf auf 1,6 Milliarden Euro. Finanziert werden soll das nicht über Beitragsmittel, sondern durch eine Abgabe auf Finanzgeschäfte. Diese sogenannte Finanztransaktionssteuer gibt es aber noch gar nicht. „Besser liefern, als ausbuhen“, stichelte der CDU-Abgeordnete Hermann Gröhe in der Plenardebatte deshalb gegen den Koalitionspartner.
Von der Opposition bekamen Union und SPD gleichermaßen Zunder. Die AfD-Frau Ulrike Schielke-Ziesing erinnerte daran, dass frühere Beschlüsse etwa zur Veränderung der Rentenformel oder der Einführung des Niedriglohnsektors für die
Mini-Renten verantwortlich seien. Und nun feiere sich die Koalition dafür, „dass sie jetzt an den Zahlbeträgen schraubt“, empörte sich die AfD-Politikerin. Der FDP-Parlamentarier
Johannes Vogel kritisierte die seiner Ansicht nach mangelnde Zielgenauigkeit der Grundrente. Von den etwa 500 000 Rentnern mit staatlicher Grundsicherung (Hartz IV ) käme drei Viertel gar nicht auf die mindestens erforderlichen 33 Beitragsjahre, um von ihr profitieren zu können. Derweil bemängelten Redner von Grünen und Linken auch den hohen bürokratischen Aufwand zur Ermittlung des Zuschlags in Höhe von durchschnittlich rund 80 Euro pro Monat und Rentenfall.
Womit ein weiterer großer Schwachpunkt des Gesetzentwurfs umschrieben wäre. Die SPD wollte ursprünglich keinerlei Bedürftigkeitsprüfung. Das hätte die Grundrente zwar enorm vereinfacht, aber eben auch zur Gießkanne gemacht. Anfangs hatte die SPD deshalb mit mehr als drei Millionen Begünstigten gerechnet. Eine so hohe Zahl wollte die Union schon aus Kostengründen
verhindern. Als Kompromiss wurde eine Einkommensprüfung verabredet, bei der Renten und andere Einkünfte wie etwa Kapitalerträge maßgebend sind, nicht aber die gesamten Vermögenverhältnisse. Dazu muss die Rentenversicherung im Zusammenspiel mit den Finanzämtern aber in jedem Einzelfall prüfen, wer von den 21 Millionen Rentnern Anspruch auf Grundrente hat. Bis zum 1. Januar 2021 sei das kaum zu schaffen, hat die Rentenversicherung schon vor einiger Zeit wissen lassen.
So bleibt die Grundrente nicht nur technisch, sondern auch politisch weiter im Ungefähren. Wann sie im Bundestag verbschiedet wird, steht noch in den Sternen.