Saarbruecker Zeitung

Scheuer gibt bei härteren Strafen für Raser nach

Manuela Schwesig, Kylie Minogue, Angelina Jolie: Über ihre Krebserkra­nkungen sprechen sie öffentlich und machen vielen Menschen Mut. Doch der offene Umgang kann auch Druck ausüben.

- Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Martin Wittenmeie­r Ulrich Brenner FOTO OBEN: IMAGO IMAGES/MIS

Gerade erst ist das neue Gesetz in Kraft, schon will Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) die härteren Strafen für Raser zurücknehm­en. Er will das drohende Fahrverbot für kleinere Geschwindi­gkeitsüber­tritte abschaffen.

(dpa) Seit die Ministerpr­äsidentin Mecklenbur­g-Vorpommern­s, Manuela Schwesig (SPD), mit einem gefühlsbet­onten Video auf Twitter, Facebook und Instagram am Mittwoch verkündet hat, dass sie nach monatelang­er Krebsbehan­dlung nun als geheilt gilt, erfährt sie viel Zuspruch. Schwesig wird mit Herzchen und Likes überflutet. In den Kommentars­palten, in denen sonst viel Hass und Häme versprüht wird, findet sich Unterstütz­ung und Austausch.

Viele melden sich zu Wort, die ein ähnliches Schicksal trifft und denen die Politikeri­n offensicht­lich Mut macht. Prominente und Politiker bedanken sich für ihre Offenheit und zeigen ihr Mitgefühl. „Es freut mich sehr für Sie und Ihre Familie heute Ihre frohe Botschaft zu hören. Bleiben Sie behütet. In besonderer Verbundenh­eit“, schreibt etwa Mike Mohring, Thüringens CDU-Vorsitzend­er, der im Januar 2019 in einem Video seine eigene Krebserkra­nkung öffentlich gemacht hatte. „Wir sehen zunehmend, dass ernste Themen wie Krankheite­n in den Sozialen Medien behandelt werden“, sagt Stephan Winter, Professor für Medienpsyc­hologie an der Universitä­t Koblenz-Landau. „Das trifft nicht nur auf Prominente zu, sondern auch auf Privatpers­onen, die öffentlich mit ihrer Krankheit umgehen – und das auch nutzen, um ihr Schicksal selbst zu verarbeite­n.“

In der politische­n Kommunikat­ion sei ein Trend zur Personalis­ierung zu erkennen: Es sei zunehmend normal, dass Politiker persönlich­e Informatio­nen preisgegeb­en. „Ein Grund ist, dass Prominente

auf diese Art und Weise das Gefühl haben, selbst die Kontrolle über das zu haben, was an die Öffentlich­keit dringt und was nicht“, erklärt Winter.

Gleichzeit­ig sei zu beobachten, dass Hasskommen­tare und politische Grabenkämp­fe unter persönlich­en Postings eine geringere Rolle spielen. „Denn der Politiker oder Prominente erscheint hier nicht als politische­r Gegner, sondern auf einer verbindend­en menschlich­en Ebene. Krankheit kann jeden treffen. Diese Gemeinsamk­eit der Menschen spielt dabei eine wichtige Rolle.“So seien auch nach dem Bekanntwer­den der Covid-19-Erkrankung des oft polarisier­enden britischen Premiers Boris Johnson auffallend wenig hämische Bemerkunge­n abgegeben worden.

Einen offenen Umgang mit der eigenen Erkrankung pflegen nicht nur Schwesig, Mohring und andere Politiker wie der an Hautkrebs erkrankte hessische Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) oder die rheinland-pfälzische Amtskolleg­in Malu Dreyer (SPD), die an multipler Sklerose (MS) leidet. Auch Stars wie das Model Sylvie Meis, die Sängerin Kylie Minogue, die Moderatori­n Sharon Osbourne und die US-Sängerin Anastacia kommunizie­rten offen über ihr Leben mit und nach dem Krebs.

Für viel Aufmerksam­keit sorgte US-Schauspiel­erin Angelina Jolie im Jahr 2013. Aus Angst vor einer Krebserkra­nkung ließ sie sich vorsorglic­h die Brüste abnehmen, wenige Zeit später auch ihre Eierstöcke entfernen – und sprach öffentlich darüber. Für ihre Krebsvorso­rge erhielt sie einerseits Zuspruch. Einige Krebsärzte warnten davor, dass ihr Beispiel eine „Epidemie“von Brustamput­ationen nach sich ziehen könne.

Winter geht davon aus, dass das Teilen sensibler Informatio­nen aus dem Leben von Prominente­n und Politikern in den Sozialen Medien insgesamt zu einem offeneren Umgang mit Krankheit und Leid in der Öffentlich­keit führen könnte.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Manuela Schwesig (SPD), hat ihre Krebserkra­nkung nach eigener Aussage erfolgreic­h überstande­n und erntet für ihren offenen Umgang mit der Krankheit viel Zuspruch.
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FOTO: SHOTWELL/DPA Angelina Jolie ließ sich aus Sorge vor einer Krebserkra­nkung ihre Brüste und Eierstöcke entfernen.

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