Im Saarland drohen Verteilungskämpfe um die Notbetreuung
Ab der nächsten Woche dürfen tausende Vorschulkinder in die Kitas zurückkehren. Der größte Träger im Land hat nicht für alle Plätze.
Im Saarland dürfen Vorschulkinder „am kommenden Montag sofort“in die Kitas zurückkehren. Das hat das Bildungsministerium am Freitag bekräftigt. Nun drohen Verteilungskämpfe um die begehrten Plätze in der Notbetreuung. Rund 8000 Kinder stehen im Saarland am Übergang zur Grundschule. Für sie braucht es Kapazitäten in den Kindergärten.
Der Ministerrat hatte am vergangenen Dienstag beschlossen, dass Vorschulkinder „kurzfristig Zugang zur Notbetreuung“erhalten sollen. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) betonte die „wichtige Scharnierfunktion“der Kitas als Bildungseinrichtungen. In einem Brief unterrichtete sie die Betreiber über die Ausweitung der Notbetreuung auf die zukünftigen ABC-Schützen. Alle Vorschulkinder könnten wieder in die Kita, versicherte das Ministerium.
Doch reichen die Plätze für alle? „Nein“, sagt Petra Oberhauser, die
Sprecherin der Katholischen Kita Saarland. In seinen Einrichtungen zählt der kirchliche Träger normalerweise 3400 Vorschulkinder. In der Regel würden in den Kitas keine neuen Gruppen geschaffen, sagt Oberhauser zur geplanten Aufstockung des Notbetriebs: „Es sind ja bereits Kinder in der Notbetreuung, die ihren Platz schon länger haben und auch behalten werden.“Das Ministerium erlaubt den Kitas zwar jetzt, die Gruppengrößen von fünf auf zehn Kinder zu verdoppeln. Dadurch sollen in einem beträchtlichen Umfang neue Kapazitäten entstehen. Doch wegen der Hygieneregeln in der Pandemie geht die Kalkulation des Ministeriums nicht überall auf. So dürfen weder Erzieher
noch Kinder die Einrichtung wechseln, damit sich nicht neue Infektionsketten bilden. Die Katholische Kita Saarland verwies kürzlich auch auf ein „räumliches Limit“der Notbetreuung. Daher geht der größte Träger im Land davon aus, nur etwa 5000 Notbetreuungsplätze bereitstellen zu können, ein Viertel weniger als rechnerisch möglich wären. Dadurch könnten viele Vorschulkinder nicht in die Betreuung aufgenommen werden, sagt Oberhauser.
Die Eltern von Vorschulkindern müssen die Notbetreuung nicht beim Jugendamt beantragen, anders als andere Erziehungsberechtigte. Sie sollen sich direkt bei ihrem Kindergarten melden. Genießen die Vorschulkinder bei der Platzvergabe nun Priorität gegenüber dem Nachwuchs von Polizistinnen oder Krankenpflegern, also Eltern in systemrelevanten Berufen? „Vorschulkinder werden grundsätzlich aufgenommen“, erklärt das Bildungsministerium. Sie stünden „nicht in Konkurrenz“zu anderen Kindern. Auch in ihrem Rundschreiben an die Träger soll Ministerin Streichert-Clivot niemandem Vorrang gegeben haben. Somit müssten Kitas und Jugendämter im Einzelfall aushandeln, wem sie eher einen Platz geben.
In den Kindergärten der Stadt Saarbrücken gibt es 393 Vorschulkinder. Sollten alle in die Notbetreuung wollen, würden 23 Plätze in den Einrichtungen der Landeshauptstadt
fehlen. Hier werde man Sonderlösungen prüfen, sagt Stadtsprecher Thomas Blug. Als Möglichkeit nennt er eine „leichte Überbelegung“, die jedoch von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsste. Das Vergabeverfahren für die Notbetreuung laufe ab sofort, sagt Blug. „Die Kitas nehmen bereits Kontakt mit den Eltern auf.“
Für die Notbetreuung in den Kitas hat das Landesjugendamt den Trägern und den Jugendämtern der Landkreise erste Empfehlungen gegeben. Angesichts der nahenden Vorschulkinder hat der Kreis Saarlouis nun ein Konzept vorgelegt, als mögliche Blaupause. „Es können nicht alle Vorschulkinder zeitgleich ein Betreuungsangebot erhalten“, erklärt die Kreisverwaltung. Offenbar denkt man in Saarlouis über sich abwechselnde Gruppen nach, um jedem Kind zumindest für „einige Wochen“einen Platz anbieten zu können.