Wie Gemeinden digital improvisieren
Die vergangenen Wochen haben Mängel beim Ausbau der digitalen Infrastruktur in den Kommunen offenbart. So waren zum Beispiel die Leitungen nicht immer stabil. Es gibt aber auch gute Erfahrungen.
Der Corona-bedingte Zwang zur Heimarbeit hat in den vergangenen Wochen die Defizite in den öffentlichen Verwaltungen bei der Digitalisierung schonungslos offengelegt. Das berichteten mehrere Bürgermeister der SZ bei einer Umfrage. Notgedrungen mussten in den vergangenen Wochen zahlreiche Beschäftigte von zu Hause aus arbeiten, je nach Kommune waren das bis zu 50 Prozent.
Der Illinger Bürgermeister Armin König (CDU) erklärte: „Große Probleme gab es mit der Stabilität der Datenleitungen (WLAN, Skype, Cisco-WebEx). Das war zeitweise (bei hoher Datennutzung im ganzen Land) eine Katastrophe.“Auch müssten zum Beispiel die Hardware-Voraussetzungen bei Mitarbeitern verbessert werden. „Es gibt viel zu tun. Aber es lohnt sich. Weil wir effizienter und effektiver zusammenarbeiten können und vermutlich Geld sparen“, sagte König.
Der Marpinger Rathaus-Chef Volker Weber (SPD) freut sich zwar über einen „unheimlichen Digitalisierungsschub“, den die Krise in der öffentlichen Verwaltung ausgelöst habe. Er sieht aber auch Defizite: So sei die digitale Rechnungsanweisung, nach Webers Ansicht eigentlich ein idealer Bereich für Home-Office, noch nicht möglich. Auch das
Dokumentenmanagementsystem, das es ermöglicht, dass alle notwendigen Dokumente digital vorliegen und von zu Hause aus abrufbar sind, ist erst in der Umsetzung. Ausschließlich digitale Behördengänge seien nicht möglich, bedauert Weber. „Falls sich dies ändern würde, könnte auch über Home-Office in diesen Bereichen nachgedacht werden.“
In vielen Bereichen lief es jedoch auch gut, weshalb mehrere Städte und Gemeinden ihren Beschäftigten nach den Erfahrungen der Corona-Krise mehr Möglichkeiten zur Heimarbeit geben wollen. „Die bisherigen Erfahrungen mit Home-Office sind sehr positiv, weshalb ein Ausbau im moderaten Rahmen vorstellbar ist“, erklärte der Sprecher der Stadt Saarbrücken, Thomas Blug. „Wir denken dabei sowohl an weitere feste Home-Office-Arbeitsplätze, die der Arbeitsstättenverordnung unterworfen sind, als auch an mobiles Arbeiten, das projektbezogen eingesetzt werden kann.“Die Investitionen seien überschaubar.
Das Innenministerium hat den Vergabe-Erlass wegen der Corona-Krise gerade erst so geändert, dass Kommunen mobile IT-Geräte zur Einrichtung von Home-office-Arbeitsplätzen und Videokonferenztechniken ohne aufwendige Vergabeverfahren bestellen können.
Die Gemeinde Wadgassen berichtete von guten Erfahrungen und teilte mit, erste Investitionen in Firewall oder Laptops seien getätigt worden, weitere in das Software-Umfeld geplant. „Wir werden wegen den Erfahrungen aus dieser Krise alle Arbeitsbereiche diesbezüglich überprüfen und die technische Ausstattung der Home-Office-Arbeitsplätze verbessern, insbesondere für die wichtigen, systemrelevanten Bereiche“, sagte ein Sprecher. Die Gemeinde Marpingen schaffte in der Krise kurzfristig Headsets, Webkameras und Notebooks an.
Im Rathaus der Stadt St. Ingbert laufen nach Angaben eines Sprechers
ebenfalls Planungen. Abzuwarten sei ein eventuell neues Gesetz zum Recht auf Home-Office. Bei der Stadt Neunkirchen wird darauf hingewiesen, dass eine technische Ausstattung entsprechend der EDV-Sicherheitsstandards vorhanden sein müsse, deren Bereitstellung allerdings auch von den Haushaltsmitteln abhängig sei.
Die Stadt Saarlouis teilte mit, ein Ausbau von Home-Office-Möglichkeiten sei zurzeit nicht geplant. Gleichwohl sei es notwendig, die Digitalisierung weiter voranzutreiben. „Das wird natürlich auch mögliche spätere Einsätze im Home-Office begünstigen.“
Mehrere Gemeinden warnen vor überzogenen Erwartungen: „Grundsätzlich ist Heimarbeit eher eine sporadische Möglichkeit und weniger eine dauerhafte Lösung, da es viele Bereiche mit Bürgerkontakten, speziellen technischen Voraussetzungen usw. gibt und generell auch der Informationsfluss und persönliche Kontakt wichtig sind“, betont etwa die Stadt Saarlouis. Die Stadt Neunkirchen teilte mit, auch vor Corona habe schon die Möglichkeit bestanden, bis 25 Tage im Jahr kurzfristig Heimarbeit auszuüben, sofern der Arbeitsplatz geeignet ist. Eine Dienstvereinbarung zur Etablierung von Home-Office-Arbeitsplätzen über einen längeren Zeitraum sei in Abstimmung.