Vor 80 Jahren verschleppten Nazis die Sinti aus dem Saarland
(dik/ epd) Der Verband Deutscher Sinti und Roma im Saarland gedenkt an diesem Samstag mit Kranzniederlegungen an die erste große Deportation von Sinti-Familien vor 80 Jahren durch die Nationalsozialisten. Am Jahrestag, dem 16. Mai, werden in Erinnerung an die Deportierten Blumen an der Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm in Saarbrücken und auf dem Kirkeler Friedhof niedergelegt, wie die Vorsitzende des Landesverbands Diana Bastian der Saarbrücker Zeitung auf Anfrage sagte. „Wir können das wegen der Pandemie nur in kleinstem Kreis machen“, erklärte Bastian. 69 saarländische Sinti seien ab dem 16. Mai 1940 in die Vernichtungslager verschleppt worden. Das Gestapo-Lager in Saarbrücken sei für einige der Verschleppten eine Zwischenstation auf dem Leidensweg gewesen. „Ich arbeite gerade mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung an einer Studie über die Einzelschicksale der NS-Opfer“, sagte Bastian. Zwei stammten aus Kirkel. Bei der Kranzniederlegung auf dem dortigen Friedhof würden auch Angehörige der beiden Opfer teilnehmen.
Auch der Landesverband Deutscher Sinti und Roma in Rheinland-Pfalz will an den Gedenkorten in Koblenz, Trier, Landau, Ludwigshafen, Mainz und Worms Kränze niederlegen, wie der Verband in Landau mitteilte. Die Deportationen im Mai 1940 seien die erste Aktion der Nationalsozialisten gewesen, bei der Angehörige der Minderheit systematisch und familienweise verschleppt wurden, hieß es. Insgesamt seien damals 2800 Menschen deportiert worden. Die Sinti- und Roma-Familien aus Mainz, Ingelheim, Worms, Ludwigshafen und anderen Ort in der Pfalz seien von den Nationalsozialisten in das Sammellager Hohenasperg bei Ludwigsburg in Baden-Württemberg gebracht worden. Die Familien aus den Regionen Koblenz und Trier kamen in ein Sammellager auf das Kölner Messe-Gelände.
In den Sammellagern mussten den Angaben zufolge alle Deportierten
ihre Ausweispapiere abgeben und erhielten dafür einen „Zigeunerausweis“. Wenige Tage später wurden die Sinti und Roma mit Zügen in die Ghettos und Konzentrationslager in das von den Nationalsozialisten besetzte Polen gebracht. In den Ghettos und Konzentrationslagern hätten Folter und Terror der SS, Appelle, schwerste Zwangsarbeit bei völlig unzureichender Ernährung sowie katastrophale hygienische Bedingungen den Alltag bestimmt. Mehr als 500 000 Sinti und Roma in Europa seien in der NS-Zeit ermordet worden.
Die Deportationen waren dem Landesverband zufolge zugleich ein Test für die Zusammenarbeit von Reichssicherheitshauptamt (RSHA),
Ortspolizei und Reichsbahn. Dabei sei es um organisatorische Fragen gegangen: wie so viele verhaftete Menschen transportiert und überwacht werden konnten, ob sie Widerstand leisteten und wie die Bevölkerung auf das öffentliche Fortschaffen einer Minderheit reagierte. Eine Vorstufe für den Massenmord der Nazis an den europäischen Juden. Im Saarland, der Pfalz und Baden begann dieser Massenmord am 21./22. Oktober, als die Juden dieser Gaue ins Lager Gurs an den Pyrenäen deportiert wurden.