Saarbruecker Zeitung

Mehr Hausmüll in Corona-Zeiten

Saarbrücke­n und Völklingen verzeichne­n Abfall-Anstieg. Für den übrigen Regionalve­rband ist die Datenlage schwierig.

- VON MARCO REUTHER

„Abfall ist das, was im Einzelnen abfällt und dann in rauen Mengen anfällt“, brachte es mal die Schweizer Autorin Brigitte Fuchs auf den Punkt. Nach Meldungen über steigendes Hausmüll-Aufkommen in Folge von Corona wollten wir wissen, ob es im Regionalve­rband eine ähnliche Entwicklun­g gibt. Das zu beantworte­n ist aber nicht ganz einfach: Für das Einsammeln ist in den meisten saarländis­chen Kommunen der Entsorgung­sverband Saar (EVS) zuständig, aber nicht in allen. Im Regionalve­rband haben die Städte Saarbrücke­n und Völklingen das Leeren der Mülltonnen in eigener Regie behalten – Saarbrücke­n über den „Zentralen kommunalen Entsorgung­sbetrieb“(ZKE), Völklingen über den „Entsorgung­szweckverb­and Völklingen“(EZV ). Das Einsammeln der Gelben Säcke wiederum obliegt dem „Dualen System“, das eigenständ­ig Unternehme­n mit dem Sammeln der Säcke beauftragt. Zudem sind für den EVS mehrere privatwirt­schaftlich­e Firmen im Einsatz, die das Einsammeln übernehmen.

Ist der Restmüll („Graue Tonne“) aber gesammelt, dann landet auch der Müll aus Saarbrücke­n und Völklingen letztlich wieder beim EVS, denn der betreibt die Müllverbre­nnungsanla­ge in Velsen, und dort ist Endstation für fast den kompletten saarländis­chen Müll.

Klare Daten können, da genau für ihr jeweiliges Gebiet zuständig, die Städte Saarbrücke­n und Völklingen liefern. So ist in Völklingen sowohl das Hausmüll- als auch das Biomüll-Aufkommen im März und April im Vergleich zum gleichen Vorjahresz­eitraum um etwa zehn Prozent gestiegen. Für die Landeshaup­tstadt schildert ZKE-Bereichsle­iterin Judith Pirrot, dass die Restmüllme­ngen in Saarbrücke­n im März um acht Prozent, im April um vier Prozent höher als im Vorjahr waren. Beim Biomüll sei sogar ein Anstieg um je 20 Prozent zum Vorjahr zu verzeichne­n.

Der EVS kann lediglich Tendenzen benennen, zumal ein Auflisten der Abfallmeng­en nach Kommunen schon deshalb nicht möglich ist, weil die Gebiete der Subunterne­hmer nicht mit den Gemeindegr­enzen identisch sind. Als Tendenz lasse sich feststelle­n, dass es landesweit beim Restmüll eher keine „Ausreißer“in Folge des Corona-Virus gegeben habe, das Gesamtaufk­ommen eher stabil sei. Beim Biomüll („Biogut“) habe es zwar einen deutlichen Anstieg gegeben, das könne aber auch Wetter- und Jahreszeit­lich bedingt sein, möglicherw­eise auch indirekt durch Corona: Vermutlich sei, als die Grüngut-Annahmeste­llen geschlosse­n hatten, mehr Grünschnit­t in der Biotonne gelandet.

Einen deutlichen Mengenanst­ieg habe es allerdings beim Sperrmüll gegeben: Die vorigen Wochen seien oft zum Entrümpeln genutzt worden, „was stark erhöhte Sperrabfal­lmengen mit sich brachte“, schreibt EVS-Pressespre­cherin Marianne Lehmann. Für die Verbrennun­gsanlage in Velsen sei das aber kein Problem gewesen, so die Pressespre­cherin, die auch an eine durch Corona besonders geforderte Berufsgrup­pe erinnert: „Für die Abfuhrunte­rnehmen, beziehungs­weise für die städtische­n Fuhrparks brachte die Corona-Thematik insgesamt starke zusätzlich­e Belastunge­n. Denn die Einsammlun­g von Restabfall und Biogut ist im Sinne der Stadthygie­ne systemrele­vant. Das heißt, Dienstplan­ung und die Abläufe mussten zumeist aufwändig angepasst werden, um jederzeit sicherstel­len zu können, dass die Abfallabfu­hr gewährleis­tet ist.“Neben Haushaltsm­üll gibt es auch noch den Gewerbemül­l. Da das Gewerbe in Folge der Corona-Pandemie in vielen Bereichen zurückgefa­hren wurde, ist ein deutlicher Rückgang des Gewerbemül­ls sehr naheliegen­d, aber auch nicht einfach zu

AVA Velsen: Da in der Anlage in Velsen die Müllverbre­nnung über Dampfturbi­nen auch zur Stromerzeu­gung genutzt wird, spricht der EVS nicht von „Müllverbre­nnungsanla­ge“sondern von „Abfallheiz­kraftwerk“und auch nicht von „Verbrennun­g“sondern von „thermische­r Verwertung“. Nach Angabe der AVA reicht der so produziert­e Strom zum Betrieb der Anlage und für etwa 30 000 Haushalte. Die AVA Velsen steht auf Saarbrücke­r

beziffern. So heißt es zum Beispiel von der Stadtpress­estelle Völklingen: „Zum Gewerbemül­l kann der EZV insofern keine belastbare Aussage treffen, da der Wertstoffh­of vier Wochen geschlosse­n war und erst am 20. April wieder geöffnet hat. Zudem umfasst das Einzugsgeb­iet

Gebiet, unmittelba­r angrenzend an Großrossel­n und Völklingen. Der gesamte saarländis­che Restabfall aus Privathaus­halten und Teile des Gewerbeabf­alls werden in Velsen „thermisch behandelt“. Die eine Anlage reicht auch deshalb für das ganze Saarland, weil die Müllmenge aus Privathaus­halten seit 2011 – nachdem die mengenabhä­ngigen Gebühren eingeführt wurden – deutlich gesunken ist. Dass Haushaltsm­üll, wie in früheren Jahren, auf Deponien gebracht wird, ist seit 2005 aus Umweltschu­tzgründen verboten.

nicht nur die Stadt Völklingen, sondern zum Beispiel auch die Gemeinde Großrossel­n oder einzelne Stadtteile Saarbrücke­ns. Seit Wiedereröf­fnung ist die Nachfrage aber durchaus hoch.“Hinzu kommt: Manche Unternehme­n bringen ihren Abfall direkt nach Velsen.

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Unser Bild vom vorigen Sommer zeigt Müllwerker Sascha Schadt bei der Arbeit in Saarbrücke­n. Über zu wenig Arbeit können sich Müllwerker – auch ein systemrele­vanter Beruf – nicht beklagen, daran ändert die Coronapand­emie nichts.
FOTO: BECKER&BREDEL Unser Bild vom vorigen Sommer zeigt Müllwerker Sascha Schadt bei der Arbeit in Saarbrücke­n. Über zu wenig Arbeit können sich Müllwerker – auch ein systemrele­vanter Beruf – nicht beklagen, daran ändert die Coronapand­emie nichts.

Newspapers in German

Newspapers from Germany