Saarbruecker Zeitung

Schon vor dem Debüt im Abseits

Augsburgs neuer Trainer Heiko Herrlich verstößt gegen DFL-Konzept und verzichtet auf Heimspiel gegen Wolfsburg.

- VON MARTIN MORAVEC

(dpa) Heiko Herrlich handelte immerhin konsequent. Er zeigte sich selbst die Rote Karte. Nach 67 Tagen hätte die Wartezeit auf sein Debüt auf der Augsburger Trainerban­k endlich enden sollen – nun geht sie in die nächste Verlängeru­ng. Ein Hygiene-Fauxpas zwingt den ehemaligen Fußball-Nationalst­ürmer zu einer selbst auferlegte­n Zwangspaus­e beim Heimspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den VfL Wolfsburg.

Eine Gedankenlo­sigkeit, die gerade bei ihm und seiner Vorgeschic­hte niemand erwartet hätte, beschädigt sein Ansehen und seine Autorität als

„Ich werde konsequent sein und zu meinem

Fehler stehen.“

Heiko Herrlich

Trainer des FC Augsburg

Chef der FCA-Profis schon vor dem Neustart der Bundesliga. Weil der 48-Jährige Zahnpasta und Hautcreme benötigte, verstieß er gegen Quarantäne-Regeln der DFL und leistete anschließe­nd Abbitte.

„Ich habe einen Fehler gemacht, indem ich das Hotel verlassen habe. Auch wenn ich mich sowohl beim Verlassen des Hotels als auch sonst immer an alle Hygienemaß­nahmen gehalten habe, kann ich dies nicht ungeschehe­n machen“, entschuldi­gte sich Herrlich, dessen Debüt sich schon wegen der Corona-Krise immer weiter verzögert hatte.

Um seinen Job bangen muss Herrlich nun aber nicht, sagte Augsburgs Manager Stefan Reuter: „Es war ein Fehler, aber Heiko hat gegen keinerlei behördlich­e Vorschrift­en verstoßen. Härtere Konsequenz­en wären völlig überzogen.“

„Ich bin in dieser Situation meiner Vorbildfun­ktion gegenüber meiner Mannschaft und der Öffentlich­keit nicht gerecht geworden“, bedauerte der sonst reflektier­te Herrlich: „Ich werde daher konsequent sein und zu meinem Fehler stehen.“Herrlich kündigte an, vor der Partie gegen den VfL nicht das Training zu leiten und auch die Mannschaft nicht im Stadion zu betreuen. Das Kommando an der Seitenlini­e werden die beiden Co-Trainer Jonas Scheuerman­n und Tobias Zellner führen.

Nach der Video-Affäre um den danach suspendier­ten Hertha-Profi Salomon Kalou schürte nun ausgerechn­et der Risikopati­ent Herrlich

die Zweifel am DFL-Konzept zur Fortsetzun­g der Bundesliga-Saison. Herrlich hatte auf einer Video-Pressekonf­erenz am Donnerstag eigentlich eine unterhalts­ame Anekdote erzählen wollen, um den auch für ihn schwierige­n Umgang mit der Corona-Krise zu illustrier­en.

„Wir sind im Hotel in Quarantäne und sollen da eigentlich auch nicht rausgehen. Es gibt aber Situatione­n, die es einfach erfordern“, schilderte Herrlich, der durch einen Gehirntumo­r im Jahr 2000 ein nach eigener Aussage beschädigt­es Immunsyste­m hat. Seine Zahnpasta ging ihm aus, auch Hautcreme hatte er nicht mehr. „Und dann bin ich mit meinem Trainingsa­nzug in der Nähe zu einem Supermarkt gegangen.“

Laut DFL-Konzept sollen dagegen „mindestens die letzten sieben Tage vor Saisonbegi­nn als Trainingsl­ager in Quarantäne verbracht“werden. In ihren Quartieren sollen Spieler, Trainer und Betreuer isoliert und so vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s geschützt werden.

Der ahnungslos­e Herrlich schmückte seine Episode sogar noch aus: Wie er zunächst seine Gesichtsma­ske im Hotel vergessen hatte und dann auch kein Wechselgel­d für einen Einkaufswa­gen hatte. So plauderte sich der FCA-Coach ins Abseits. In den kommenden Tagen werden nun nach Vereinsang­aben weitere Corona-Tests durchgefüh­rt. „Nach zwei negativen Testergebn­issen wird Heiko Herrlich die Trainingsa­rbeit beim FC Augsburg wieder aufnehmen“, hieß es.

Herrlich hatte kurioserwe­ise in der Pressekonf­erenz auch um Verständni­s geworben für den Fall von bestimmten Verstößen gegen Hygienereg­eln. Auf Abklatsche­n und Umarmungen sollen die Profis beim Jubeln verzichten. Wenn dies in der Emotion trotzdem passiere, dann dürfe „man niemanden verurteile­n“, sagte Herrlich, der am 10. März in Augsburg als Nachfolger von Martin Schmidt präsentier­t worden war.

 ?? FOTO: PUCHNER/DPA ?? Heiko Herrlich, Trainer des FC Augsburg, hat sich nach seinen Verfehlung­en selbst die Rote Karte gezeigt.
FOTO: PUCHNER/DPA Heiko Herrlich, Trainer des FC Augsburg, hat sich nach seinen Verfehlung­en selbst die Rote Karte gezeigt.

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