Und plötzlich fehlte der Häuptling ...
Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Karl Heinz Weber.
Fast sein ganzes Leben hat Karl Heinz Weber aus dem Heusweiler Ortsteil Holz beruflich und ehrenamtlich dem Dienst am Nächsten gewidmet: 51 Jahre lang war er im Deutschen Roten Kreuz (DRK) aktiv. Dabei lagen ihm besonders die sozialen Belange der Menschen am Herzen. Sein Pflichtbewusstsein und sein Engagement waren vorbildlich, seine Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit wurden außerordentlich geschätzt. Im Februar wäre Karl Heinz Weber 80 Jahre alt geworden, jetzt, im Mai würde er Diamantene Hochzeit feiern – doch das alles blieb ihm verwehrt. Deshalb will seine Familie an sein Leben und Wirken erinnern und im Oktober das zehnjährige Sterbeamt begehen.
Karl Heinz Weber kam am 10. Februar 1940 in Holz als zweites Kind von Emil Weber und Maria Weber, geborene Kunz, zur Welt. Er hatte noch einen zwei Jahre älteren Bruder, Hans-Günther, und einen ein Jahr jüngeren Bruder, Horst. Nach seiner Schulzeit erlernte Karl Heinz Weber den Beruf des Bergmanns und arbeitete bis 1971 untertage auf der Grube Göttelborn. Seine Berufung fand er dabei aber nicht, weshalb er sich zum Krankenpfleger umschulen ließ und bis 1992 im Saarbrücker Winterbergklinikum als Stationsleiter in der Chirurgie und als Abteilungsleiter in der Urologie beschäftigt war.
1992 erlitt er einen Hinterwandinfarkt.
Bei der Erstversorgung in der Uniklinik Homburg wurde festgestellt, dass er 1986 bereits einen Infarkt erlitten hatte, der damals aber nicht erkannt worden war. Dies alles führte dazu, dass Karl Heinz Weber frühpensioniert werden musste und fortan als Hausmann tätig war. Vom Ehrenamt jedoch konnte er nicht lassen. So war er nicht nur bis 2006 beim Pflegedienst der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Köllerbach tätig, sondern widmete sich weiterhin dem DRK.
1958 forderte Karl Heinz Weber auf einer Fastnachtsveranstaltung im damaligen Gasthaus Rieger-Baltes die damals noch nicht ganz 17-jährige Maria-Luise Hassdenteufel zum Tanzen auf, die gerade erst mit ihrer Familie von Friedrichsthal-Maybach nach Holz umgezogen war. Was Karl Heinz nicht wusste: Die beiden hatten sich drei Jahre zuvor schon einmal kurz gesehen. Deshalb machte ihn Maria-Luise mit der Bemerkung neugierig: „Gell, du bist der Bruder von Hans-Günther!“
Heute erzählt sie über diese Begegnung so: „Er wollte wissen, wer ich bin, aber ich hab es ihm nicht verraten.“Erst bei der Demaskierung im Verlaufe der Fastnachtsveranstaltung ließ sie im wahrsten Sinne des Wortes die Maske fallen und hatte ihn an der Angel. An Weihnachten 1959 wurde Verlobung gefeiert, am 10. Mai 1960 standesamtlich und am 11. Mai 1960 kirchlich geheiratet. Das Paar bekam vier Kinder: Gaby (3. November 1960), Michael (24. Oktober 1962), Sabine (11. September 1964) und Tanja (17. Juni 1982).
Seit 1959 engagierte sich Karl Heinz Weber im DRK, Maria-Luise
tat es ihm gleich und trat 1960 in das DRK ein. Jahrzehntelang prägten die beiden den Ortsverein. Karl Heinz war Gruppenleiter, Bereitschaftsleiter, Erste-Hilfe-Ausbilder und Vorsitzender. Maria-Luise war Bereitschaftsleiterin und Ausbilderin, auch ihre Kinder waren im DRK aktiv. Wie Schwiegersohn Denny Schmermer mit Ehefrau Tanja, die beide heute noch das Jugendrotkreuz des Ortsvereins Holz leiten.
Tanja Schmermer erzählt von den besonderen Ereignissen, auf die ihr Papa stolz gewesen war. So auf den Sieg des DRK-Holz bei einem Kreis-Wettbewerb 2007: „Papa hatte schon mehrfach mit Teams teilgenommen, einen ersten Platz gab es nie. Es ist einfach richtig schwer, sich unter den vielen Teilnehmern bei schriftlicher Prüfung und Einzelprüfung durchzusetzen“, erzählt Tanja. Deshalb trat man 2007 auch nur mit gebremster Zuversicht an. „Papa wettete sogar mit uns, dass wir nicht gewinnen würden“, sagt Tanja Schmermer. Als dann aber doch der erste Platz erobert werden konnte, weinte Karl Heinz Weber vor Freude und löste gerne seinen Wetteinsatz ein: Er ließ sich die Haare grün färben.
Stolz war er auch auf seine Hobby-Fußballmannschaft „Die Wuppse“, die er nicht nur trainierte und betreute, sondern für die er auch jedes Jahr Trikotsätze entwarf und dafür immer die Trikotpreise abräumte. Besonders stolz war Karl Heinz Weber auf das 100-jährige Bestehen des DRK, das am 17. Juni 1989 mit einem großen Fest auf dem Holzer Marktplatz gefeiert wurde. Das ganze Dorf nahm teil und war begeistert vom Programm, für das Karl Heinz Weber verantwortlich zeichnete. So konnte er unter anderem den Schlagerstar Erik Silvester („Zucker im Kaffee“) für einen Auftritt gewinnen. „Das Fest war sein Meisterwerk“, betont Tanja Schmermer.
Karl Heinz Weber hat viele Auszeichnungen erhalten, unter anderem die Spendernadel für 44 Blutspenden,
die Goldene Ehrennadel des DRK-Verbandes für 50-jährige Zugehörigkeit oder das Volkssportabzeichen für unzählige Volkswanderungen.
Privates Vergnügen fand er mit seiner Familie im Urlaub, wobei sein Herz besonders für Südfrankreich schlug. Zudem malte er gerne und half beim Karnevalsverein Hilaritas Holz bei den Kappensitzungen. Außerdem kümmerte er sich um seine Kinder, seine zehn Enkel und Urenkelin Lea. Seine zweite Urenkelin, Emily, lernte er nicht mehr kennen, denn am 6. Oktober 2010 verstarb Karl Heinz Weber an einer Lungenembolie vor Emilys Geburt.
Über seinen Tod erzählt Maria-Luise Weber: „Ich sah, wie er sich an der Couch festhielt, wankte und schwer atmete. Dann kippte er um und starb in meinen Armen.“Am 12. Oktober 2010 wurde Karl Heinz Weber unter riesiger Anteilnahme der Bevölkerung und seinem ehemaligen Arbeitsund Freundeskreis auf dem katholischen Friedhof in Holz beigesetzt. Sein Tod riss eine große Lücke: nicht nur im DRK-Ortsverein, sondern vor allem in seiner Familie. „Man merkte auf einmal, dass der Häuptling fehlte, der die Familie zusammengehalten hatte“, sagt Tanja Schmermer.
stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-zeitung.de/lebenswege