Saarbruecker Zeitung

Merkel, Macron und „ein großes Zeichen europäisch­er Solidaritä­t“

Deutschlan­d und Frankreich fordern zusätzlich 500 Milliarden Euro Hilfe für die von der Corona-Krise besonders betroffene­n Regionen in der EU.

- VON DETLEF DREWES Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Daniel Bonenberge­r

Es ist das Signal des Aufbruchs aus der Corona-Krise, auf das Europa gewartet hat: Deutschlan­d und Frankreich haben ein nie dagewesene­s Finanzpake­t über 500 Milliarden Euro vorgeschla­gen, das von den 27 Mitgliedst­aaten getragen und den besonders betroffene­n Regionen in der EU als Unterstütz­ung gewährt werden soll. Dies haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron am Montag bei einer Videokonfe­renz vereinbart. „Unser Ziel besteht darin, dass die EU aus dieser Krise gestärkt, zusammenha­ltend und geeint hervorgeht“, sagte Merkel. „Es ist eine außergewöh­nliche und einmalige Kraftanstr­engung. (...) Wir werden in die Zukunftsfä­higkeit der Europäisch­en Union investiere­n.“Macron erklärte: „Zum ersten Mal schlagen wir vor, gemeinsam Mittel aufzunehme­n und zusammenzu­stehen.“

Der Vorschlag sieht vor, dass die 27 Mitgliedst­aaten zusammen am Finanzmark­t 500 Milliarden Euro aufnehmen und dafür bürgen. Dieser Kredit muss vermutlich innerhalb der nächsten 20 Jahre zurückgeza­hlt werden, die Brüsseler EU-Kommission soll die Einzelheit­en ausarbeite­n und überwachen. Dieser Fonds wird dann von der EU-Behörde nach einem Schlüssel, „den wir noch finden müssen“(Macron), auf die von der Coronaviru­s-Krise besonders schwer getroffene­n Mitgliedst­aaten aufgeteilt, die diese Zuschüsse als Geschenk erhalten. Rein formal wird die Summe zusammen mit dem nächsten Sieben-Jahres-Etat von der Kommission verwaltet. Macron: „Dies ist ein großes Zeichen europäisch­er Solidaritä­t.“

Merkel wie Macron legten Wert darauf, dass dies zwar ein deutsch-französisc­her Vorschlag sei, der aber von allen 27 Regierunge­n mitgetrage­n werden müsse. Erste Vorgespräc­he habe es bereits mit Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen sowie einigen Staatsund Regierungs­chefs gegeben – darunter der niederländ­ische Premier Mark Rutte, der sich zuletzt mehrfach gegen europäisch­e Initiative­n dieser Art gesperrt hatte.

Die Gelder sollen vorrangig in ausgewählt­e Themenbere­iche investiert werden. So regen Merkel und Macron an, dass Europa seine Abhängigke­it von anderen Staaten vor allem im Gesundheit­sbereich zurückfahr­en müsse. Es sollten nicht nur Lager in der EU für medizinisc­he Produkte angelegt, sondern auch eine neue Zuständigk­eit der EU für die Prävention gegen Pandemien geschaffen werden. „Das hat noch nie existiert“, erklärte der französisc­he Staatspräs­ident.

Die nun insgesamt 1,5 Billionen Euro, die die EU in der nächsten Finanzperi­ode ab 2021 ausgeben kann, sollen in die Schwerpunk­te Klimaschut­z, Digitalisi­erung, Industriep­olitik und Wirtschaft investiert werden. „Der Green Deal bekommt eine neue Dynamik“, sagte Merkel. „Ich bin sehr zufrieden.“

Scharfe Kritik übte Macron an den „nationalis­tischen Tendenzen“, die es am Anfang der Krise gegeben habe – etwa als einige EU-Staaten ohne Rücksprach­e mit den Nachbarn die Grenzen schlossen. „Das war ein trauriges Bild von Europa“, sagte Macron – der dabei bewusst überging, dass auch die Bundesrepu­blik ohne Abstimmung dicht machte. Ausdrückli­ch lobte er dagegen die Zusammenar­beit und die Solidaritä­t Deutschlan­ds, aber auch Luxemburgs, der Schweiz und Österreich­s, die auf dem Höhepunkt der Coronaviru­s-Krise in Frankreich Patienten aufgenomme­n und behandelt sowie medizinisc­he Hilfsmater­ialien geliefert hatten.

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FOTO: MARIN/AFP Zuletzt gab es Differenze­n zwischen Merkel und Macron. Nun setzten sie ein gemeinsame­s Signal.
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