EU-Wiederaufbaufonds stößt auf geteiltes Echo
Deutschland und Frankreich wollen Europa mit einem Milliardenprogramm aus der Corona-Krise führen. Doch viele haben Zweifel an der Umsetzbarkeit.
Der deutsch-französische Plan, wirtschaftlich angeschlagene EU-Staaten durch ein gemeinschaftlich getragenes Hilfspaket auf Pump wieder flottzumachen, ist in Deutschland auf ein geteiltes Echo gestoßen. Zuspruch kam von Wirtschaftsexperten. Teile der Opposition gingen auf Distanz. Lange Zeit wurde über sogenannte Eurobonds debattiert, also eine Vergemeinschaftung von Schulden, um Krisenstaaten wie Italien oder Spanien wieder auf die Beine zu helfen. Doch solche gemeinsame Anleihen hatte Deutschland stets abgelehnt. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie, als die
Diskussion darüber erneut in Fahrt kam. Nun planen Berlin und Paris einen Wiederaufbaufonds im Umfang von 500 Milliarden Euro. Dafür soll die EU-Kommission Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen. Die Rückzahlung soll über den EU-Haushalt erfolgen. Deutschland als stärkstes EU-Land hätte daran einen Anteil von 27 Prozent. Dem Vorschlag müssten allerdings alle EU-Staaten zustimmen. Doch aus Ländern wie Österreich, Dänemark oder den Niederlanden kam bereits Widerstand.
Für die FDP ist der Vorstoß damit zum Scheitern verurteilt. „Hier soll eine 180-Grad-Kehrtwende gemacht werden, dass plötzlich sich die Europäische Union doch verschulden darf“, meinte der Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff. In der EU gebe es nicht genug Unterstützung für die Aufnahme gemeinsamer
Schulden, prophezeite der Liberale. Die konservative Werteunion, eine Gruppierung in der CDU, lehnte den Plan als Schritt „in Richtung Schuldenunion
und Zentralstaat“ebenfalls rundweg ab.
Ganz anders die Grünen. „Der deutsch-französische Vorschlag ist in letzter Minute ein Schritt in die richtige Richtung. Nur mit europäischen Anleihen kann Europa die globale Pandemie überwinden“, sagte der ehemalige Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin unserer Redaktion. 500 Milliarden Euro seien zwar weniger, als seine Partei oder das EU-Parlament gefordert hätten. „Aber es ist ein Kompromiss, den durchzusetzen trotzdem schwierig genug wird. Doch die Alternative dazu wäre das Auseinanderbrechen der EU“, betonte Trittin. Auch der Fraktionsvize der Linken, Fabio de Masi, zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen. Er mahnte aber, die Mittel als Zuschüsse zu verteilen, dürfe „auf keinen Fall mit nachfragehemmenden Kürzungsauflagen einhergehen“.
Lob bekam die Initiative auch von führenden Ökonomen. „Deutschland und Frankreich gehen in der Krise endlich gemeinsam voran und setzen ein Zeichen des europäischen Zusammenhalts“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW ), Marcel Fratzscher, unserer Redaktion. Beide Länder würden klare Ziele benennen und den Fokus auf die Regionen und Wirtschaftsbereiche legen, die besonders hart von der Corona-Pandemie betroffen seien. „Auch wenn der Vorschlag viele Fragen offen lässt, ist er ein vielversprechender erster Schritt, um nationale Alleingänge und die europäische Spaltung in dieser Krise zu überwinden“, betonte Fratzscher. Auch der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sprach von einem wichtigen Signal für die europäische Solidarität. Wichtig sei, dass die Schuldenfinanzierung des Fonds einmalig sei und mit einem Tilgungsplan einhergehe. „Mit der Tilgung sollte man beginnen, nachdem die wirtschaftliche Erholung erreicht ist.“