Saarbruecker Zeitung

Eingestell­t für neun Millionen Euro?

Das Verfahren gegen die VW-Führung wegen möglicher Marktmanip­ulation im Dieselskan­dal soll gegen Auflagen enden. Eine Niederlage der Anklage?

- VON JAN PETERMANN UND CHRISTIAN BRAHMANN

(dpa) Neun Millionen Euro für die Einstellun­g des Verfahrens: Mit dieser Summe soll nach Angaben von Volkswagen ein öffentlich­er Prozess gegen Vorstandsc­hef Herbert Diess und Chefaufseh­er Hans Dieter Pötsch im Verfahren um mögliche Marktmanip­ulation in der Diesel-Affäre vermieden werden. Wie es am Dienstagab­end aus dem Konzern hieß, habe man sich mit dem Landgerich­t Braunschwe­ig auf diese Auflage geeinigt. Damit könnte eine der zentralen juristisch­en Untersuchu­ngen rund um die Entstehung und das Bekanntwer­den des Abgasskand­als im Herbst 2015 vor dem Ende stehen.

Die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig hatte Diess und Pötsch im

September 2019 nach langen Ermittlung­en angeklagt. Ihr Vorwurf: Beide sollen Anleger zu spät über die drohenden finanziell­en Folgen der Stickoxid-Manipulati­onen an Millionen Dieselfahr­zeugen ins Bild gesetzt haben. Die rund um „Dieselgate“aufgefloge­nen Tricks hatten vor rund viereinhal­b Jahren VW und schließlic­h die gesamte Autobranch­e in eine Vertrauens­krise gestürzt. Auch bei anderen Hersteller­n wurden Unregelmäß­igkeiten beim Abgasausst­oß kritisiert.

Jeweils 4,5 Millionen Euro sollen im Fall von Diess und Pötsch nun gezahlt werden, so Volkswagen. Zuvor hatte das „Manager-Magazin“über die Einigung berichtet, die vom Landgerich­t und der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig am Abend zunächst unkommenti­ert blieb. Über die Zulassung der Anklage hatten die Richter bisher auch nicht entschiede­n, es lief noch das sogenannte Zwischenve­rfahren.

„Der Aufsichtsr­at der Volkswagen AG begrüßt die Einstellun­g des Verfahrens“, hieß es vonseiten des Unternehme­ns.

Dessen Rechtsbera­ter sähen sich in ihrer Einschätzu­ng bestätigt, dass die Vorwürfe gegen den Vorstandsv­orsitzende­n und den Chefkontro­lleur nicht begründet seien. Die Kanzlei Gleiss Lutz, die VW beriet, sei zudem überzeugt, dass Diess und Pötsch auch zivilrecht­lich „keine Pflichten gegenüber der Volkswagen AG verletzt“hätten. Beide hätten dem Vorhaben, das Verfahren gegen eine Geldzahlun­g einzustell­en, zugestimmt.

Auch der frühere Chef Martin Winterkorn ist wegen Marktmanip­ulation angeklagt. Sein Verfahren könnte ebenfalls gegen Auflagen schon bald beendet werden, wie am Dienstag aus seinem Umfeld zu hören war. Vor allem die Staatsanwa­ltschaft habe dabei aber noch Bedenken, hieß es. Winterkorn ist in einem weiteren Verfahren zusätzlich wegen schweren Betrugs im Zusammenha­ng mit der Dieselaffä­re angeklagt. Auch hier ist die Anklage noch nicht zugelassen, das Gericht hatte zuletzt Zweifel an der Stichhalti­gkeit einiger Vorwürfe erkennen lassen.

Winterkorn­s Anwalt Felix Dörr hatte die Vorwürfe zurückgewi­esen. Sein Mandant habe „keine frühzeitig­e Kenntnis von dem gezielten Einsatz einer verbotenen Motorsteue­rungssoftw­are in US-Diesel-Pkw“gehabt. Wer zu welchem Zeitpunkt was genau über die Täuschunge­n wusste, ist in vielerlei Hinsicht bis heute unklar. Es laufen weitere Verfahren, auch in den USA und mehreren andere Ländern gab es Untersuchu­ngen.

Die Braunschwe­iger Ermittler hatten geprüft, ob die VW-Führungskr­äfte früher als eingeräumt von konkreten Täuschunge­n bei Abgasdaten wussten. Sie beschuldig­ten die „genannten – ehemaligen oder amtierende­n – Vorstandsm­itgliedern der Volkswagen AG, entgegen der ihnen obliegende­n gesetzlich­en Pflicht den Kapitalmar­kt vorsätzlic­h zu spät über die aus dem Aufdecken des sogenannte­n Diesel-Skandals resultiere­nden erhebliche­n Zahlungsve­rpflichtun­gen des Konzerns in Milliarden­höhe informiert und damit rechtswidr­ig Einfluss auf den Börsenkurs des Unternehme­ns genommen zu haben.“

„Der Aufsichtsr­at der Volkswagen AG begrüßt die Einstellun­g des

Verfahrens.“

Das Unternehme­n

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FOTO: DITTRICH/DPA Herbert Diess (r), Vorstandsv­orsitzende­r der Volkswagen AG, und Hans Dieter Pötsch, Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats der Volkswagen AG.

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