Saarbruecker Zeitung

Im Dreiländer­eck gibt es Streit wegen der Nitrat-Belastung im Boden. Landwirte sind sauer.

Landwirte und Pächter im Nordwestsa­arland monieren bisherige NitratWert­e. Eine Stuttgarte­r Firma brach ihrer geplanten Messungen am Dienstag ab.

- VON ROLF RUPPENTHAL

(rup) „Rote Zone“? Hand aufs Herz – schon mal gehört? Nein, bestimmt nicht. Die Bauern im Dreiländer­eck wissen allerdings bestens Bescheid. Es geht um die Düngeveror­dnung, basierend auf dem EU-Grenzwert für Nitrat im Grundwasse­r, 50 Milligramm pro Liter.

„Rote Zone“hört sich gefährlich an, ist es wohl auch: Zu viel Nitrat im Wasser gefährdet die Gesundheit von Mensch und Tier. Das Problem herrscht angeblich in den Bereichen um die Perler Ortsteile Münzingen und Kesslingen sowie im Mettlacher Ortsteil Faha. Deshalb hatte die stellvertr­etende Ministerpr­äsidentin des Saarlandes Anke Rehlinger (SPD) im Juni 2019 diese Gebiete als „rote Zone“ausgewiese­n. Umweltmini­ster Reinhold Jost verweist auf entspreche­nde Messwerte. Das stellen jedoch die betroffene­n Landwirte im Dreiländer­eck, an die 30 an der Zahl, in Frage und stützen sich auf eigene Messungen. Sie fordern einheitlic­he Mess-Methoden bei einheitlic­hen Grenzwerte­n in Europa.

Nachdem sie wiederholt mit ihren Protesten auf die Straße gegangen waren, eskalierte die Situation am Dienstagmi­ttag erneut. Von einer Fachfirma aus Baden-Württember­g, der SGS aus Stuttgart, sollten im Auftrag des Saar-Umweltmini­steriums an den Quellen Keßlingen und Münzingen erneut Wasserprob­en gezogen werden. Da dies Anfang des Jahres schon einmal geschehen war, die Werte aber immer noch nicht vorliegen, wollten einige der betroffene­n Landwirte unbedingt dabei sein. „Knapp eine halbe Stunde vor dem Termin wurde uns telefonisc­h verboten, Pressevert­reter und nicht angemeldet­e Kollegen mitzubring­en,“sagt Landwirt Günter Weber aus Faha. Zwei Fahrzeuge aus Stuttgart waren bereits vor Ort,. die Mess-Techniker zeigten sich nicht erfreut über die unangemeld­eten Besucher. Recht barsch verbat man sich aktuelle Fotos vor Ort. Da aber die Landwirte auf eine mediale Dokumentat­ion mit Unterstütz­ung von Rechtsanwa­lt Markus Rausch bestanden, brachen die SGS-Wasserfach­leute ihr Vorhaben ab und fuhren davon.

Das wiederum brachte Landwirt Bernhard Schmitt (62) vollends „auf die Palme“, wie er sagt. „Ich bin so was von enttäuscht und stinksauer. Wie springen die denn mit uns um?,“fragte er und verwies auf deren „Verpflicht­ung gegenüber der Gesellscha­ft“. „So verhält man sich doch nur, wenn man etwas zu vertuschen hat,“sagt er. Es liege durchaus im Interesse der Landwirte, aktuelle Wasserprob­en zu nehmen, nur so könne nachgewies­en werden, dass die Region zu Unrecht zur „roten Zone“erklärt worden sei. Und niemand habe nur im Geringsten versucht, sie bei der Ausübung ihrer Arbeit zu hindern.

Verärgert reagierte wenig später auch Nebenerwer­bs-Landwirt Josef Gitzinger, der mit weiteren Berufskoll­egen an der Quelle Münzingen wartete. „Wir wollen doch, dass neue Proben genommen werden, denn schließlic­h geht die Werte-Tendenz nach unten,“betont er und verwies auf das Ergebnis eigener Messungen. Verwundert äußerte er sich darüber, dass die Ergebnisse

von Anfang des Jahres immer noch nicht vorlägen. „Das ist doch allein deshalb notwendig, um notfalls schnell reagieren zu können,“fügt Günter Weber aus Faha hinzu. Er verwies zudem darauf, dass die Landwirte nur unter Einschaltu­ng eines Rechtsanwa­ltes und Anrufung des Petitionsa­usschusses im saarländis­chen Landtag die entspreche­nden Unterlagen und Zahlen offengeleg­t bekamen. Auch er zweifelt die Richtigkei­t früherer Messungen an, zumal sich in unmittelba­rer Nähe der Quelle Keßlingen eine frühere Müllhalde befinde. Auch das Salzlager des Landesbetr­iebes für Straßenbau ist nach seinen Worten ganz in der Nähe. Norbert Zehren, Landwirt aus dem nahen Beuren in

Rheinland-Pfalz und Pächter der Kuhweide, in die die Quelle Münzingen mündet, verwies zudem auf mögliche Kontaminie­rungen durch den Kot der Tiere. Aus dem nur wenige Meter entfernten „sauberen“Notbrunnen, einem Hydranten am Ortseingan­g, der nach Angaben eines Vertreters der Gemeindewa­sserwerke aus der gleichen Quelle gespeist werde, habe man aber bisher nie Wasserprob­en entnommen.

„Wir wollen doch nur, dass alles transparen­t und ordnungsge­mäß abläuft,“versichert­e auch Rechtsanwa­lt Markus Rausch. Enttäuscht zeigten sich die Landwirte zudem über die kurzfristi­ge Absage der Vertreter des Landesamte­s für Umweltund Arbeitssch­utz.

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Das Gebiet rund um Faha, Ortsteil von Mettlach, wurde aufgrund zu hoher Nitrat-Belastunge­n zur „roten Zone“erklärt.

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