Saarbruecker Zeitung

„Ein Klima der Angst herrschte offensicht­lich in der HNO-Klinik“

- VON MICHAEL JUNGMANN

Für die Hintergrün­de der vom Wissenscha­ftsministe­rium, das der Staatskanz­lei angegliede­rt ist, ausgesproc­henen vorläufige­n Suspendier­ung von Professor Bernhard Schick, Direktor der HNO-Klinik am Universitä­tsklinikum, interessie­rt sich die Landespoli­tik. In einer gemeinsame­n Sondersitz­ung der Ausschüsse für Wissenscha­ft sowie für Recht und Justiz informiert­en am Dienstag der leitende Oberstaats­anwalt Michael Görlinger und die Abteilungs­leiterin Annette Groh. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen Schick unter anderem wegen Verdachts sexueller Belästigun­g von Mitarbeite­rinnen und wegen angebliche­r Behandlung­sfehler.

Jürgen Renner (SPD), Vorsitzend­er des Wissenscha­ftsausschu­sses, erklärte nach der Sitzung: „Aus heutiger Sicht hat das Wissenscha­ftsministe­rium

zum jeweiligen Zeitpunkt immer das Richtige getan.“Als Ende 2017 ein Hinweis der Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes eingegange­n war, wurde demnach versucht, die anonym erhobenen Vorwürfe zu verifizier­en, und eine Arbeitsgru­ppe an der Uniklinik zur Sachverhal­tsaufkläru­ng eingesetzt. Erst im Februar dieses Jahres wurden detaillier­te Vorwürfe bekannt. Es bleibe die Frage, warum dies nicht früher gelungen sei. Renner fragt: „Ist das Klima dort so, dass Frauen Nachteile fürchten müssen, wenn sie Vorwürfe erheben?“

Jutta Schmitt-Lang (CDU) wird in ihrem Fazit deutlich: „In der HNO-Klinik herrschte offensicht­lich ein Klima der Angst.“Möglicherw­eise habe die Aufklärung­sarbeit der Politik rund um den Untersuchu­ngsausschu­ss zum Missbrauch von Kindern betroffene Frauen ermutigt, den Schritt aus der Anonymität zu wagen. Zwei Ärztinnen, die nicht mehr am UKS arbeiten, haben zwischenze­itlich mit der Staatsanwa­ltschaft Kontakt.

„Es wird einfach nicht ruhig um das Universitä­tsklinikum. Es gibt Zweifel an dem tatsächlic­hen Aufklärung­swillen“, sagt Dennis Lander (Linksfrakt­ion) mit Hinweis auf die laufenden Untersuchu­ngen zu Missbrauch­svorwürfen in der Kinderund Jugendpsyc­hiatrie und zu angebliche­n Vorfällen bei Operatione­n in der HNO-Klinik. Gemeinsam mit Landtagsvi­zepräsiden­tin Barbara Spaniol (Linksfrakt­ion) fragt er, ob die Staatskanz­lei, die Anfang 2018 eine Arbeitsgru­ppe einrichten ließ, „wirklich alles getan hat“, um die Vorwürfe schonungsl­os aufzukläre­n. Die Linke meldet offenbar Zweifel an.

Rudolf Müller (AfD) fordert eine „saubere juristisch­e Aufklärung auf Basis tatsächlic­her Beweise“. Momentan sei nur klar, „dass vieles unklar ist“.

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