Zweikampf der E-Reader ohne klaren Sieger
E-Reader gibt es einige auf dem Markt. Doch Verbraucher müssen die Entscheidung für ein bestimmtes Gerät gut überdenken, denn nicht jeder E-Book-Reader unterstützt alle gängigen Formate. Ein Vergleich der populärsten Modelle.
Ein Viertel der Deutschen liest Bücher digital. Das hat der Digitalverband Bitkom in einer Umfrage anlässlich der Frankfurter Buchmesse 2019 herausgefunden. Die meisten Leseratten (77 Prozent) greifen zum sogenannten E-Reader. Es gibt zahlreiche Endgeräte, was dem Leser die Entscheidung schwer machen. Worauf kommt es an? Die SZ-Redaktion hat in einem Test den Kindle Paperwhite (2018) und den Tolino Page 2 verglichen.
Wer ein digitales Lesegerät sucht, muss erst einmal neue Fachausdrücke aus der Digitalwelt lernen. Zum Beispiel „AZW“und „EPUB“. So heißen die beiden gängigsten Dateiformate für elektronische Bücher. Wer glaubt, er könne jedes digitale Buch auf jedem Lesegerät lesen, der irrt, denn die E-Reader können in der Regel nur eines der beiden Formate öffnen. Das liegt unter anderem am Branchenriesen Amazon und seinem AZW-Format. Dieses hat einen eigenen Kopierschutz für E-Books. In der Praxis führt das dazu, dass Bücherfans, die beide Formate wollen, tiefer in die Tasche greifen und zwei Gerät anschaffen müssen.
Beide Lesegeräte in unserem Test wiegen rund 170 Gramm. Ein Buch mit 400 Seiten wiegt etwa das Doppelte. Die E-Reader sind nur ein wenig größer als ein DIN-A6-Blatt. Damit haben sie Tablets, die laut Bitkom
auf der Beliebheitsskala der Leser auf Platz drei nach dem Smartphone liegen, etwas voraus. Sie sind kleiner und damit handlicher. Die Akkus beider E-Reader sind wahre Dauerläufer. Sie halten nach Herstellerangaben mehrere Wochen. Stiftung Warentest hat in einem Test die Akkulaufzeit beider Geräte im Dauerbetrieb gemessen. Der Kindle Paperwhite hielt 31 Lesestunden durch, der Tolino Page 2 kam auf 19 Stunden. Im Leerlauf verbrauchen diese Geräte kaum Strom.
Wer den Kindle Paperwhite wählt, entscheidet sich für Amazon. Das muss dem Leser vor dem Kauf klar sein, denn die E-Reader von Amazon können keine EPUB-Dateien öffnen. Auf diesem Gerät lassen sich nur digitale Bücher aus der Amazon-Welt öffnen. Einige Verlage bieten mittlerweile zwar beide Formate an, aber das vereinfacht den Einkauf nur wenig. Auch Nutzer der Internetbücherei Onleihe können keinen Kindle nutzen, weil die E-Books der Online-Bibliothek nur im EPUB-Format veröffentlicht sind. Der große Vorteil des Tolino liegt darin, dass der Leser bei allen Online-Buchhandlungen einkaufen kann. Zudem können nur im Tolino-System Bücher verliehen oder getauscht werden.
Doch der Kindle hat nicht nur seine Schattenseiten. Es ist wesentlich einfacher, ein gekauftes E-Book auf dieses Gerät zu bekommen, als auf den Tolino. Wird ein Buch bei Amazon direkt gekauft, lädt der Kindle es automatisch herunter. Kauft ein
Leser zum Beispiel bei einem Verlag ein Buch, schickt dieser ihm die Datei per E-Mail und der Leser kann sie an den Kindle weiterleiten. Jeder Amazon-E-Reader hat eine eigene E-Mail-Adresse, die der Besitzer auf der Webseite von Amazon unter „Meine Inhalte und Geräte“findet. Der Kindle lädt dann automatisch die Datei in seinen Speicher.
Beim Tolino ist das umständlicher. Der Leser erhält nach dem Kauf seine Datei zum Download und lädt sie dann entweder per USB-Verbindung zum Computer oder über den Online-Speicher Tolino-Cloud auf seinen E-Reader. Bei Einkäufen über einen Partnershop wie Thalia oder Hugendubel werden die E-Books direkt in der Cloud gespeichert und der Leser muss sie auf sein Lesegerät herunterladen.
Sobald der Nutzer auf einem der Geräte liest, wird er aber nur noch wenig Unterschied bemerken. Der Teufel steckt im Detail. Der Tolino kann gedreht werden, falls der Leser das als angenehmer empfindet. Der Kindle ist eher ein kleiner Statistiker, der anzeigt, wie viele Minuten der Leser beim aktuellen Lesetempo in einem Kapitel oder im gesamten Buch noch bleiben. Der Tolino zeigt dagegen die verbleibende Seitenanzahl, die der gedruckten Fassung entspricht.
Am Ende entscheidet das Kaufverhalten der Leser, welcher E-Reader das Rennen macht. Wer sowieso seine Bücher bei Amazon kauft, kann zum Kindle greifen. Für Leseratten, die auch Bücher ausleihen wollen, ist der Tolino die bessere Wahl. Falls es ein E-Reader mit besserer Akkulaufzeit sein soll, empfiehlt Stiftung Warentest ein Pocketbook. Deren Akkus sind Marathonläufer und hielten bei den Testern 74 beziehungsweise 79 Stunden durch.