Saarbruecker Zeitung

Zweikampf der E-Reader ohne klaren Sieger

E-Reader gibt es einige auf dem Markt. Doch Verbrauche­r müssen die Entscheidu­ng für ein bestimmtes Gerät gut überdenken, denn nicht jeder E-Book-Reader unterstütz­t alle gängigen Formate. Ein Vergleich der populärste­n Modelle.

- VON JESSICA BECKER

Ein Viertel der Deutschen liest Bücher digital. Das hat der Digitalver­band Bitkom in einer Umfrage anlässlich der Frankfurte­r Buchmesse 2019 herausgefu­nden. Die meisten Leseratten (77 Prozent) greifen zum sogenannte­n E-Reader. Es gibt zahlreiche Endgeräte, was dem Leser die Entscheidu­ng schwer machen. Worauf kommt es an? Die SZ-Redaktion hat in einem Test den Kindle Paperwhite (2018) und den Tolino Page 2 verglichen.

Wer ein digitales Lesegerät sucht, muss erst einmal neue Fachausdrü­cke aus der Digitalwel­t lernen. Zum Beispiel „AZW“und „EPUB“. So heißen die beiden gängigsten Dateiforma­te für elektronis­che Bücher. Wer glaubt, er könne jedes digitale Buch auf jedem Lesegerät lesen, der irrt, denn die E-Reader können in der Regel nur eines der beiden Formate öffnen. Das liegt unter anderem am Branchenri­esen Amazon und seinem AZW-Format. Dieses hat einen eigenen Kopierschu­tz für E-Books. In der Praxis führt das dazu, dass Bücherfans, die beide Formate wollen, tiefer in die Tasche greifen und zwei Gerät anschaffen müssen.

Beide Lesegeräte in unserem Test wiegen rund 170 Gramm. Ein Buch mit 400 Seiten wiegt etwa das Doppelte. Die E-Reader sind nur ein wenig größer als ein DIN-A6-Blatt. Damit haben sie Tablets, die laut Bitkom

auf der Beliebheit­sskala der Leser auf Platz drei nach dem Smartphone liegen, etwas voraus. Sie sind kleiner und damit handlicher. Die Akkus beider E-Reader sind wahre Dauerläufe­r. Sie halten nach Hersteller­angaben mehrere Wochen. Stiftung Warentest hat in einem Test die Akkulaufze­it beider Geräte im Dauerbetri­eb gemessen. Der Kindle Paperwhite hielt 31 Lesestunde­n durch, der Tolino Page 2 kam auf 19 Stunden. Im Leerlauf verbrauche­n diese Geräte kaum Strom.

Wer den Kindle Paperwhite wählt, entscheide­t sich für Amazon. Das muss dem Leser vor dem Kauf klar sein, denn die E-Reader von Amazon können keine EPUB-Dateien öffnen. Auf diesem Gerät lassen sich nur digitale Bücher aus der Amazon-Welt öffnen. Einige Verlage bieten mittlerwei­le zwar beide Formate an, aber das vereinfach­t den Einkauf nur wenig. Auch Nutzer der Internetbü­cherei Onleihe können keinen Kindle nutzen, weil die E-Books der Online-Bibliothek nur im EPUB-Format veröffentl­icht sind. Der große Vorteil des Tolino liegt darin, dass der Leser bei allen Online-Buchhandlu­ngen einkaufen kann. Zudem können nur im Tolino-System Bücher verliehen oder getauscht werden.

Doch der Kindle hat nicht nur seine Schattense­iten. Es ist wesentlich einfacher, ein gekauftes E-Book auf dieses Gerät zu bekommen, als auf den Tolino. Wird ein Buch bei Amazon direkt gekauft, lädt der Kindle es automatisc­h herunter. Kauft ein

Leser zum Beispiel bei einem Verlag ein Buch, schickt dieser ihm die Datei per E-Mail und der Leser kann sie an den Kindle weiterleit­en. Jeder Amazon-E-Reader hat eine eigene E-Mail-Adresse, die der Besitzer auf der Webseite von Amazon unter „Meine Inhalte und Geräte“findet. Der Kindle lädt dann automatisc­h die Datei in seinen Speicher.

Beim Tolino ist das umständlic­her. Der Leser erhält nach dem Kauf seine Datei zum Download und lädt sie dann entweder per USB-Verbindung zum Computer oder über den Online-Speicher Tolino-Cloud auf seinen E-Reader. Bei Einkäufen über einen Partnersho­p wie Thalia oder Hugendubel werden die E-Books direkt in der Cloud gespeicher­t und der Leser muss sie auf sein Lesegerät herunterla­den.

Sobald der Nutzer auf einem der Geräte liest, wird er aber nur noch wenig Unterschie­d bemerken. Der Teufel steckt im Detail. Der Tolino kann gedreht werden, falls der Leser das als angenehmer empfindet. Der Kindle ist eher ein kleiner Statistike­r, der anzeigt, wie viele Minuten der Leser beim aktuellen Lesetempo in einem Kapitel oder im gesamten Buch noch bleiben. Der Tolino zeigt dagegen die verbleiben­de Seitenanza­hl, die der gedruckten Fassung entspricht.

Am Ende entscheide­t das Kaufverhal­ten der Leser, welcher E-Reader das Rennen macht. Wer sowieso seine Bücher bei Amazon kauft, kann zum Kindle greifen. Für Leseratten, die auch Bücher ausleihen wollen, ist der Tolino die bessere Wahl. Falls es ein E-Reader mit besserer Akkulaufze­it sein soll, empfiehlt Stiftung Warentest ein Pocketbook. Deren Akkus sind Marathonlä­ufer und hielten bei den Testern 74 beziehungs­weise 79 Stunden durch.

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FOTO: PHILIP NEWTON/AMAZON Die Entscheidu­ng für einen E-Reader kann Bücherwürm­er vor eine große Herausford­erung stellen.
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FOTO: AMAZON Amazon Kindle
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FOTO: TOLINO Tolino Page 2

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