Saarbruecker Zeitung

Messebauer kämpfen ums Überleben

Die Corona-Krise trifft die Handwerker im Regionalve­rband unterschie­dlich. Probleme haben alle, die von Großverans­taltungen leben.

- VON JÖRG WINGERTSZA­HN Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann, Jörg Wingertsza­hn Frank Kohler

Licht und Schatten bei den Handwerker­n im Regionalve­rband: Während einige Branchen gut durch die Corona-Krise gekommen sind, kämpfen die Messebauer ums finanziell­e Überleben. Alle

Großverans­taltungen wurden verboten und abgesagt, damit haben die Messebauer „null Arbeit“, sagt Karl-Friedrich Hodapp, Landesinnu­ngsmeister der Schreiner und Inhaber eines Schreinerb­etriebs in Saarbrücke­n. Die Branche werde wegen Corona auch auf absehbare Zeit nichts zu tun haben, denn Messen würden so schnell nicht stattfinde­n können. Und die Messebauer könnten ihre Produktion auch nicht kurzfristi­g auf andere Produkte umstellen. Daher bräuchten sie Unterstütz­ung von der öffentlich­en Hand, sonst müssten sie am Ende Mitarbeite­r

entlassen, sagt Hodapp. Kerstin Jekel, Geschäftsf­ührerin von MBS Messebau und Ladenbau in Rilchingen-Hanweiler, ist mit ihren zwölf Mitarbeite­rn direkt betroffen. „Es läuft schlecht zurzeit, und wir haben keine Perspektiv­e, wie es weitergeht“, sagt Jekel. Eine größere Messe stehe noch im September an, der Rest sei abgesagt. „Mittlerwei­le sind uns ungefähr zehn Aufträge entgangen, darunter vier Großaufträ­ge. Im Moment leben wir von unseren Rücklagen. Die Soforthilf­e vom Staat haben wir in Anspruch genommen, aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Jekel. Die Lage sei schwierig: „Unsere Mitarbeite­r sind zurzeit in Kurzarbeit. Unsere Hoffnung ist, dass sich mit weiteren Lockerunge­n die Lage wieder entspannt. Es bleibt aber die Sorge, ob die Firmen die Messen künftig überhaupt besuchen, weil sie sparen müssen“, erklärt Jekel.

Die Schreiner sind dagegen nach Aussage von Landesinnu­ngsmeister Hodapp bisher einigermaß­en gut durch die Krise gekommen. Dennoch: „Wenn es jetzt wirtschaft­lich nicht bergauf geht, werden einige auf der Strecke bleiben.“Saarlandwe­it sind in der Innung rund 330 Betriebe organisier­t, davon 70 im Regionalve­rband. „Wichtig ist, dass die Leute wieder Geld verdienen und keine Angst um ihren Arbeitspla­tz haben müssen. Dann geben sie auch wieder Geld aus, das sie an die Handwerksb­etriebe weitergebe­n“, stellt Hodapp fest. Sein Betrieb ist weiter im Geschäft: „Wir haben uns schon vor der Krise mit Plexiglas eingedeckt – ein Glücksgrif­f, denn jetzt gibt es nichts mehr auf dem Markt. Plexiglas braucht man für Schutzwänd­e, die man überall da aufstellen kann, wo Publikumsv­erkehr ist, zum Beispiel in Apotheken oder Arztpraxen.“Aber das sei „nur ein Mitnahmeef­fekt“. Ansonsten werden er und seine Leute da gebraucht, wo die Kunden die Corona-Zeit nutzen, um um- oder auszubauen.

Martin Hurth, Rollladen- und Sonnenschu­tzmechatro­niker sowie Landesinnu­ngsmeister seiner Branche, ist mit seinem Betrieb auf Fensterbau spezialisi­ert, hat aber in den vergangene­n Wochen ebenfalls Hustenschu­tzwände, allgemein Spuckschut­z genannt, produziert. „In den letzten zwei Monaten sind wir einigermaß­en gut durchgekom­men, aber es stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Wenn die Lage kritisch bleibt, werden mit Sicherheit auch Betriebe auf der Strecke bleiben.“Bernd Wegner, Präsident

der Handwerksk­ammer des Saarlandes, beurteilt die Aussichten für das Handwerk zwiespälti­g. „Die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronaviru­s-Pandemie bremsen das saarländis­chen Handwerk: Das ist das Ergebnis der aktuellen Frühjahrsu­mfrage der Handwerksk­ammer unter 1400 Handwerksu­nternehmen. Ihr zufolge hat sich das Konjunktur­klima verschlech­tert. Sinkende Auftragsza­hlen kennzeichn­en das erste Quartal. Wenngleich eine Datenauswe­rtung für den Regionalve­rband nicht möglich ist, dürften doch die Ergebnisse vom Grundsatz her auch für den Regionalve­rband gelten, in dem ja 3900 unserer Mitgliedsb­etriebe ihren Sitz haben“, stellt der Präsident der

Handwerksk­ammer Bernd Wegner fest. Doch Wegner gibt sich zuversicht­lich: „Ich bin mir sicher, dass sich die regionalen Handwerksb­etriebe in der Krise als unverzicht­bare wirtschaft­liche Stütze erweisen.“

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FOTO: GATEAU/DPA Hoch hinaus geht es bei den Messebauer­n zurzeit überhaupt nicht, sie haben keine Aufträge.

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