Wie aus einem Gruselfilm ein tolles Videotagebuch wurde
Mit viel Kreativität rettete die pädagogisch-soziale Aktionsgemeinschaft Pädsak ein Medien-Projekt für Kinder über die Corona-Krise.
Als die Geister kommen sollten, wurden die Dreharbeiten eingestellt. Der Gruselfilm, an dem Jugendliche vom Saarbrücker Wackenberg zwei Wochen gearbeitet hatten, wurde gerade gruselig, als er ein jähes Ende fand. Mit der Corona-Pandemie und den Ausgangsbeschränkungen mussten die Videodrehs gestoppt werden.
„In den nächsten Szenen wäre es dunkel geworden, das Licht hätte geflackert, die Geister sollten auftreten“, berichtet die zwölfjährige Leonie Weinkauff, die an dem Filmprojekt mitgearbeitet hatte. Das vom Bundesfamilienministerium unterstützte Projekt der Jugendarbeit stoppte in der ersten Hälfte.
Betreuerin Lena Schmitt mühte sich, die Fördergelder zu retten und schlug in Berlin vor, das Thema zu ändern und ein Videotagebuch zu führen. Aus dem Gruselfilm mit einem durchaus politisch-pädagogischen Hintergrund, der die Erlebnisse zweier von der Gesellschaft ausgeschlossener Jugendlicher verarbeiten sollte, wurde ein Tagebuch der Corona-Pandemie, in dem die Jugendlichen nun ihre eigenen Eindrücke verarbeiteten.
20 Jugendliche machten mit und zeichneten täglich bis zu fünf Minuten ihres Alltags oder ihrer Gedanken auf und posteten die Videos in eine Gruppe. Die bei der Pädagogisch-Sozialen Aktionsgemeinschaft (Pädsak) angestellte Diplompädagogin Lena Schmitt (35) koordinierte das Projekt und ist begeistert vom Ergebnis.
Françoise Fournelle, die man als fachkundige Honorarkraft engagiert hatte, saß selbst in Frankreich fest. Und trotzdem sei es gelungen, ein wertvolles Endprodukt auf die Beine zu stellen. Die Jugendlichen hätten nämlich durchaus erkennen lassen, dass sie über die Hintergründe der Pandemie bestens informiert waren, die Gründe für die Beschränkungen akzeptierten und trotzdem gute Impulse gewannen.
Aktuell werden die Videosequenzen geschnitten, am Ende soll ein 30-minütiger Film entstehen, den man bei der Pädsak, im Jugendzentrum St. Arnual, dem Saarbrücker Filmbüro und auf Jugendfilmfestivals zeigen will. Auch im Internet soll man den Film sehen können, etwa in vier Wochen soll er fertig produziert sein.
Leonie ist begeistert: „Als mir richtig langweilig war, habe ich den Versuch eines Handstands gefilmt. Ansonsten habe ich für die anderen Bastelideen gesammelt, ein Fitnessprogramm vorgestellt oder über die Bücher berichtet, die ich gerade lese“, sagt die Zwölfjährige. „Ich bin ein Omamensch. Aber ich durfte meine Oma nicht besuchen. Daher war es toll, dass auch sie meine Tagesvideos angeschaut hat.“
Dustin Geehmann (19) hat ebenfalls mitgemacht. Er habe von seinem Tagesablauf berichtet und sich gewundert, wie viel Neues man doch ausprobiere, wenn man ausreichend Zeit habe: „Ich habe wieder gemalt und sogar mit dem Singen angefangen“, sagt er. „Außerdem habe ich wieder ganz viel Zeit mit meiner Mutter verbracht.“
Alle Videos der anderen habe er sich angeschaut, jeden Tag mehr als eine Stunde Material. So sei die Gruppe untereinander in Kontakt geblieben, der Tag habe außerdem eine Struktur gehabt. „Ich glaube, das Endergebnis kann sich sehenlassen. Ein syrischer Schüler hat mitgemacht, ein anderer hat aus Frankreich berichtet, wo die Ausgangssperre noch strenger war. Alle haben voneinander gelernt“, ist das Fazit von Lena Schmitt. Den Gruselfilm haben sie zu den Akten gelegt.