Saarbruecker Zeitung

Online-Gigant Amazon liefert bei seiner Premiere noch nicht

Das kurzfristi­ge Bundesliga-Debüt könnte ein Fingerzeig in Richtung der bevorstehe­nden Rechteverg­abe sein. Auch wenn vieles noch schief lief.

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(sid) Amazon hat nicht „geliefert“. Als sich Moderatori­n Anna Kraft um 22.37 Uhr mit einem „Ciao“in die falsche Kamera verabschie­dete, war die Premiere der Fußball-Bundesliga beim Online-Giganten längst verpatzt. Technische Pannen, ständiges Improvisie­ren, handwerkli­che Schwächen – was Amazon seinen Prime-Kunden rund um die Partie zwischen Werder Bremen und Bayer Leverkusen (1:4) präsentier­te, war alles andere als ein Premium-Produkt. Der Versandrie­se hatte (noch) keine Top-Ware auf Lager – was sicher vor allem an der kurzen Vorbereitu­ng lag.

„Nachdem das Montagsspi­el der Bundesliga nicht wie gewohnt für Kunden des Eurosport Player bei Prime Video Channels verfügbar gemacht werden konnte, hat Amazon schnell im Sinne der Sport-Fans gehandelt und in weniger als 24 Stunden erstmals ein Live-Spiel der Fußball-Bundesliga für Prime-Mitglieder ohne Zusatzkost­en übertragen“, antwortete Amazon am Dienstag auf Anfrage: „Einige Kunden

erlebten leider eine Tonverzöge­rung beim Live-Kommentar, die von unserem Produktion­spartner bis Ende des Spiels nicht restlos behoben werden konnten.“

Das muss zügig besser werden im Laden von Jeff Bezos. Schließlic­h will der reichste Mensch der Welt mit seinem Mega-Unternehme­n künftig im Fußball-Geschäft mitmischen. Nach dem Kauf der Medienrech­te an der Champions League ab der Saison 2021/2022 wird Amazon auch als Anwärter für die bevorstehe­nde Rechteverg­abe der Deutschen Fußball Liga (DFL) gehandelt. Für viele Beobachter war der Deal für das erste Montagsspi­el nach der Corona-Zwangspaus­e ein Fingerzeig in diese Richtung.

Die DFL hatte die Vergabe für den deutschspr­achigen Raum, bei der es um die vier Spielzeite­n von 2021/2022 bis 2024/2025 geht, aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Eigentlich sollte die Auktion vom 27. April bis zum 8. Mai über die Bühne gehen. Nun erwartet DFL-Boss Christian Seifert mit seinem Stab die Milliarden-Gebote vom 8. bis 19. Juni.

Ob Amazon tatsächlic­h zu den Bietern gehören wird, ließ das Unternehme­n offen. Das gilt auch für die Frage, ob an den kommenden Spieltagen weitere Geisterspi­ele auf Prime Video zu sehen sein werden. „Hinsichtli­ch weiterer Spiele befindet sich die DFL unveränder­t in Gesprächen“, ließ der Ligaverban­d wissen. Die nächste Partie, die infrage kommt, ist das Berliner Derby zwischen Hertha BSC und Union am Freitag (20.30 Uhr).

Möglich geworden war die Amazon-Übertragun­g, über deren Kostenpunk­t

kein Vertragspa­rtner etwas sagen wollen, durch den Streit zwischen der DFL und dem Rechte-Inhaber Eurosport. Der US-Konzern Discovery, zu dem Eurosport gehört, will wohl den Vertrag mit der DFL auflösen. Das Unternehme­n soll sich angesichts der Corona-Krise auf eine Sonderkünd­igungsklau­sel für den Fall von höherer Gewalt berufen. Eurosport hatte 2019 seine Rechte an 45 Spielen pro Saison an DAZN verkauft, soll aber weiter die Hälfte der jährlich rund 80 Millionen Euro Kosten tragen.

Diese Summe läuft im Vergleich mit den Beträgen bei der anstehende­n Auktion allerdings unter der Rubrik „Peanuts“. Trotz der Corona-Krise dürfen die 36 Proficlubs darauf hoffen, dass sich die derzeitige­n Einnahmen von 1,2 Milliarden Euro pro Saison steigern lassen können. Welche Bedeutung die mit Abstand wichtigste Einnahmequ­elle der Vereine hat, wurde durch die drohenden Insolvenze­n aufgrund der ausbleiben­den Zahlungen während der Zwangspaus­e deutlich.

Nun hat sich das Blatt aber zugunsten der Clubs gewendet. Durch den Saison-Neustart und den damit einhergehe­nden Vorsprung gegenüber den anderen Topligen ist die Bundesliga erst einmal das interessan­teste (weil einzige) Produkt auf dem Markt. Obwohl es „nur“um die Rechte für den deutschspr­achigen Raum geht, könnten die Weltkonzer­ne Lunte gerochen haben.

Schon jetzt werden eine Menge möglicher Interessen­ten an den Live-Übertragun­gen gehandelt. Neben Sky, DAZN und Amazon sind auch Netflix, die Telekom, Apple und Disney in der Verlosung.

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FOTO: REVIERFOTO/IMAGO IMAGES Die Bundesliga-Premiere von Amazon ging am Montagaben­d ziemlich in die Hose.

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