Saarbruecker Zeitung

Artensterb­en auf Agrar- und Grünfläche­n geht weiter

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(epd) Die industriel­le Landwirtsc­haft sorgt unveränder­t für starke Verluste bei Insekten- und Vogelarten. Das geht aus dem „Bericht zur Lage der Natur“hervor, den Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) am Dienstag in Berlin vorstellte. In anderen Lebensräum­en ist die Lage besser: Buchenwäld­er erholten sich, in Wäldern und Siedlungen gebe es wieder mehr Vögel, und auch die Renaturier­ung von Flüssen und Auen trage zur Erholung der Natur bei, erklärte Schulze.

Die jüngste „Generalinv­entur der Natur“(Schulze) liefert allerdings nur Daten bis 2018. Die Auswirkung­en der beiden vergangene­n Dürre-Sommer würden erst in künftigen Erhebungen sichtbar. Insgesamt zeige der Bericht, der alle sechs Jahre erstellt und der EU-Kommission zugeleitet wird, ein sehr gemischtes Bild zum Artenschut­z, bilanziert­en Schulze und die Präsidenti­n des Bundesamte­s für Naturschut­z (BfN), Beate Jessel. Der Naturschut­zbund Deutschlan­d (NABU) sprach von alarmieren­den Ergebnisse­n und forderte von Bund und Ländern eine Renaturier­ungsoffens­ive.

Danach geht das Artensterb­en in den Agrarlands­chaften seit der ersten umfassende­n Erhebung 2001 ungebroche­n weiter. Das gilt besonders für Schmetterl­inge und andere Insektenar­ten, die auf blütenreic­he Wiesen und Weiden angewiesen sind. 70 Prozent sind gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Starke Verluste gibt es dem Bericht zufolge auch bei Vogelarten, die in

Agrarlands­chaften leben.

Insgesamt befinden sich fast 70 Prozent der Lebensräum­e aus Sicht des Artenschut­zes in einem unzureiche­nden (32 Prozent) oder schlechten Zustand (37 Prozent), vor allem die landwirtsc­haftlich genutzten Flächen, aber auch Gewässer und Moore. Obwohl längst klar ist, wie wichtig blühende Magerwiese­n für die Artenvielf­alt sind, gehen sie weiter großflächi­g verloren, durch Umwandlung in Ackerland, Überdüngun­g und zu häufiges Mähen.

BfN-Präsidenti­n Jessel forderte eine Anzeigepfl­icht für das Umbrechen von Grünland und Strafen bei Verstößen. Der Bund für Umweltund Naturschut­z (BUND) kritisiert­e, es gehe sogar streng geschützte­s Grünland verloren, und ein Verbot von Pestiziden in Naturschut­zgebieten sei nicht absehbar.

Durch das Verschwind­en und die Übernutzun­g von Lebensräum­en sind ein Drittel aller geschützte­n Tierarten akut gefährdet.

Schulze kündigte für das laufende Jahr die Verabschie­dung eines Insektensc­hutzgesetz­es an und forderte ein Umsteuern auf EU-Ebene. Seit 2015 läuft gegen Deutschlan­d ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren, weil die europäisch­e Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie unzureiche­nd umgesetzt wird. Sie schützt wildlebend­e Arten und die Erhaltung sowie Vernetzung ihrer Lebensräum­e. Bis Mitte Juni hat Deutschlan­d noch Zeit, eine Anklage vor dem Gerichtsho­f der Europäisch­en Union abzuwenden.

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