Kohfeldt freut sich lieber im Stillen
Werder Bremen feiert mit dem 1:0 in Freiburg erstmals seit Januar wieder einen Bundesliga-Sieg.
(dpa) Florian Kohfeldt verzichtete auf eine Abrechnung mit seinen Kritikern. Er zeigte ihnen nicht mal seine Erleichterung über den 1:0 beim SC Freiburg. Direkt nach dem Abpfiff verbarg der Trainer von Werder Bremen sein Gesicht hinter einer grünen Maske mit dem Aufdruck „Teamgeist“und eilte in die Katakomben des nahezu leeren Schwarzwald-Stadions. Dort suchte er sich eine ruhige Ecke, setzte sich auf einen Stuhl und freute sich im Stillen. Aus „Selbstschutz“habe er das getan, erzählte Kohfeldt später. „Weil ich natürlich den ein oder anderen gerne in den Arm genommen hätte, aber das geht in diesen Zeiten nicht.“
Diese Zeiten sind für den 37-Jährigen nicht nur wegen der Coronavirus-Pandemie ungewohnte. Seit
Monaten befindet sich Kohfeldt mit den Bremern tief im Abstiegskampf, wartete mit seiner Mannschaft auf einen Sieg in der Fußball-Bundesliga. Und dann griffen ihn zuletzt auch noch frühere Werder-Idole wie Rune Bratseth oder Dieter Burdenski öffentlich an. Aber Kohfeldt nahm ihre Namen kurz nach dem ersten Erfolgserlebnis in der Liga seit 126 Tagen nicht in den Mund. Er verspüre keine Genugtuung, meinte er: „Es geht nicht um mich.“
Kohfeldt und seine Mannschaft hielten dem immensen Druck in Freiburg stand. „Gefühlt waren wir ja weg nach Montag in der öffentlichen Wahrnehmung“, sagte Kohfeldt mit Blick auf die 1:4-Heimpleite zum Neustart gegen Bayer Leverkusen. „Wir wollten das nicht über uns ergehen lassen.“Diesmal startete Werder mit hoher Intensität in die Partie, Leonardo Bittencourt (19. Minute) belohnte die engagierte Anfangsphase mit einem platzierten Distanzschuss nach schöner Vorlage von Davy Klaassen.
Kurz vor Schluss verfiel Kohfeldt aber in einen Moment der Schockstarre. Nach einem Pfostenschuss vom Ex-Bremer Nils Petersen staubte Manuel Gulde in der 89. Minute zum 1:1 ab – bis der Videoassistent eingriff. Petersen hatte leicht im Abseits gestanden, also nahm Schiedsrichter Robert Hartmann das Tor zurück. Wenige Minuten später saß Kohfeldt auf seinem Stuhl und freute sich.
Die deutlichen Worte überließ er danach anderen. Ohne dass er gefragt wurde, sendete sein Freiburger Trainerkollege Christian Streich eine Botschaft an Kohfeldts Kritiker. „Wenn ich gesehen, gehört und gelesen habe, was einige Leute, ehemalige Spieler von Bremen und sogenannte Experten abgelassen haben, da muss ich sagen, das ist unmöglich“, sagte Streich. „Da muss ich sagen, ob diese Leute nicht mal nachdenken, bevor sie irgendwelche Sachen in die Mikrofone schwätzen.“Vielleicht freute sich Kohfeldt auch darüber im Stillen.