Saarbruecker Zeitung

Donald Trump sagt Twitter den Kampf an

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Nachdem seine Tweets mit Warnhinwei­sen versehen wurden, droht der US-Präsident, Twitter und andere soziale Medien zu schließen. Trump sieht das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung verletzt.

(dpa) Beerdigung­en in Massengräb­ern. Tote, die wegen übervoller Leichenhal­len in Kühllaster­n aufbewahrt werden. Flaggen, die im ganzen Land auf halbmast wehen. Es sind solche Bilder aus den vergangene­n Tagen und Wochen, die vor Augen führen, wie hart die Corona-Pandemie die USA getroffen hat.

Für das Ausmaß der Katastroph­e steht nun auch eine Zahl: 100 000. Am Mittwochab­end überstieg die Zahl der Todesopfer nach einer Statistik der Johns-Hopkins-Universitä­t diese einst für undenkbar gehaltene Marke. Die Pandemie hat sich zur größten Krise in der Amtszeit von Präsident Donald Trump entwickelt. Ausgestand­en ist sie noch längst nicht.

Die Johns-Hopkins-Universitä­t hat rund 1,7 Millionen bestätigte Infektione­n registrier­t, seit das Coronaviru­s sich in den USA verbreitet hat. Trump stellt diese Zahl zwar nicht in Frage, das Ausmaß der Pandemie in seinem Land relativier­t er aber trotzdem: Die vielen nachgewies­enen Infektione­n führt der Präsident auf die Zunahme der Tests zurück. „Wenn wir keine Tests machen würden, hätten wir nur sehr wenige Fälle“, argumentie­rte Trump kürzlich.

Auch bei der Vielzahl an Toten sieht Trump keine Verantwort­ung bei sich. Stattdesse­n führt er an, dass er durch seine Einreisest­opps für Ausländer aus China und Europa womöglich Millionen Menschenle­ben gerettet habe. Trump macht China gleichzeit­ig zum Sündenbock: Er kritisiert, die Chinesen hätten die Ausbreitun­g des Virus nicht an dessen Quelle gestoppt und dadurch enormen Schaden angerichte­t. „Es war entweder Dummheit, Inkompeten­z oder es war absichtlic­h“, sagte der Präsident dem Sender Fox Business. Trump drohte China gar mit dem Abbruch der Beziehunge­n. Am Donnerstag legte Trump per Twitter nach: Das Coronaviru­s sei „ein sehr schlechtes „Geschenk“von China“. Die 100 000 Toten in den USA nannte er „eine sehr traurige Wegmarke“.

Spott handelte sich Trump ein, als er spekuliert­e, ob das Spritzen von Desinfekti­onsmittel in den Körper gegen das Virus helfen könnte. Nicht erst seit dieser Aussage werfen Kritiker dem Präsidente­n vor, orientieru­ngslos durch die Krise zu irrlichter­n. Diese Krise scheint Trump nun unbedingt für beendet erklären zu wollen. Die Wahl am 3. November rückt näher, und ihm droht sein wichtigste­s Wiederwahl­argument abhanden zu kommen: Der Boom der US-Wirtschaft ist durch die Pandemie jäh beendet worden.

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