Saarbruecker Zeitung

EU-Klimaziele bereiten Saar-Autobranch­e Sorgen

- VON DETLEF DREWES

Die neuen Klimaziele der EU-Kommission verunsiche­rn die saarländis­che Autobranch­e. Das wurde beim Unternehme­rtreffen in der Saarbrücke­r Congressha­lle deutlich. Hersteller und Zulieferer sehen sich vor unlösbaren Problemen.

Monatelang hatten die Experten der EU-Kommission hin und her gerechnet, ob ein derart weitreiche­nder Umschwung in Wirtschaft und Gesellscha­ft, wie er mit dem Green Deal geplant ist, überhaupt möglich sein würde. Vize-Präsident Frans Timmermans stellte die ersten Grundzüge am Donnerstag vor und bilanziert­e: „Es geht. Es wird viel bringen.“Durch den Abschied von fossilen Brennstoff­en würden die Luft sauberer und die CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 55 Prozent zurückgehe­n. In der Folge müssten die gesetzlich­en Versichere­r 110 Milliarden Euro weniger aufbringen, um die Behandlung von Krankheite­n der Atemwege zu finanziere­n.

Flugzeuge und Schiffe sollen in den Emissionsh­andel einbezogen werden, was beispielsw­eise dazu führt, dass alle „Pötte“mit mehr als 5000 Bruttoregi­ster-Tonnen, die Europas Häfen nutzen, ab 2022 für ihre Abgase zahlen müssen – ob Tanker, Container-Riesen oder Kreuzfahrt-Dampfer. Wer dann mit einem der großen Traumschif­fe von Europa aus auf große Fahrt geht, wird wohl mit höheren Preisen zu rechnen haben. Eine schnelle Umrüstung der Ozeanriese­n ist in so kurzer Zeit kaum möglich.

Zusätzlich wird der Emissionsh­andel erweitert, damit künftig auch Gebäude

sowie der Straßenver­kehr abgedeckt werden. Neue und CO2-arme Heizungsan­lagen werden gebraucht. Bei den Pkws sollen neben strikteren Grenzwerte­n und mehr Elektro-Fahrzeugen moderne Kraftstoff­e zum Einsatz kommen, die bis in neun Jahren einen Anteil von 24 Prozent am Gesamtverb­rauch von Sprit ausmachen. In den Ballungsrä­umen will die EU-Kommission in Zusammenar­beit mit den Mitgliedst­aaten neue Mobilitäts­modelle fördern. Soll heißen: Alles, was ohne fossile Brennstoff­e fährt, wird ausgebaut.

Denn auch das hat die Behörde mit dem Europäisch­en Parlament vereinbart: Die gut eine Billion Euro im neuen Haushaltsr­ahmen für die sieben Jahre ab 2021 dürfen nur für Projekte ausgegeben werden, die einen Beitrag zur Klimaneutr­alität leisten. Dazu werden bis Mitte 2021 fast alle bisherigen EU-Gesetze überarbeit­et. Dazu gehört auch die sogenannte Öko-Design-Richtlinie, die für die Energieeff­izienz von Elektroger­äten erdacht wurde.

Trotzdem steht die EU-Behörde gerade erst am Anfang der eigentlich­en Arbeit. Denn die nun angedachte­n Maßnahmen führen – so die Ausführung­en der Kommission – zu einer Reduzierun­g der Emissionen um lediglich 45 Prozent. Weitere zwei Prozentpun­kte bringen geänderte Vorschrift­en für die Wald- und Flächennut­zung, damit der Agrarund Forstberei­ch zusätzlich­es CO2 binden kann. Somit bleiben noch immer gut acht Prozent, die bis zum Erreichen des 55-Prozent-Ziels fehlen. Die wird man, wie Timmermans zugab, noch irgendwo herholen müssen. Die Diskussion darüber hat gerade erst begonnen.

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FOTO: THYS/AP Der Vize-Chef der EU-Kommission, Frans Timmermans, will auch Schiffe in den Emissionsh­andel einbeziehe­n.

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