Saarbruecker Zeitung

Notfall-Einsätze sind im Lockdown klar gesunken

Nach dem CoronaLock­down Mitte März ist die Zahl der Rettungsei­nsätze im Saarland stark nach unten gegangen. So waren etwa die Notärzte weniger im Einsatz als in den Monaten zuvor. Jetzt liegen erstmals statistisc­he Daten dazu vor.

- VON DANIEL KIRCH

Nach dem Corona-Lockdown Mitte März ist die Zahl der Rettungsei­nsätze im Saarland stark nach unten gegangen. So rückten etwa knapp ein Viertel weniger Rettungswa­gen aus als in den Monaten zuvor. Jetzt liegen erstmalig statistisc­he Daten vor.

Nach den Corona-bedingten Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens Mitte März ist beim Rettungsdi­enst und in der landesweit größten Notaufnahm­e auf dem Saarbrücke­r Winterberg die Zahl der Notfallpat­ienten eingebroch­en. Das zeigen Datensätze, die der

Geschäftsf­ührer und Ärztliche Direktor des Klinikums Saarbrücke­n, Dr. Christian Braun, und der Ärztliche Leiter des Rettungsdi­enstes des Saarlandes, Dr. Thomas Schlechtri­emen, für einen Aufsatz im „Saarländis­chen Ärzteblatt“auswertete­n.

Demnach kam es mit Beginn des Lockdowns (16. März) zu einer „drastische­n Reduktion des Einsatzauf­kommens

in der Notfallret­tung“. Während der siebenwöch­igen Ausgangsbe­schränkung­en und Geschäftss­chließunge­n lag die Zahl der Einsätze der Notärzte um 16 Prozent und die der Rettungswa­gen um 23 Prozent unter dem Niveau der Vormonate. Sie erholten sich in der Folge nur langsam. Das Klinikum Saarbrücke­n zählte im Lockdown im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum 34 Prozent weniger ambulante und 19 Prozent weniger stationäre Notfälle.

Der Rückgang betraf den Medizinern zufolge zum Beispiel zeitlich begrenzte Durchblutu­ngsstörung­en im Gehirn, Herzrhythm­us- und Kreislaufs­törungen, Alkoholver­giftungen, Lungenerkr­ankungen und Verletzung­en. „Für die Versorgung zeitkritis­cher Krankheits­bilder wie dem akuten Myokardinf­arkt oder dem ischämisch­en Schlaganfa­ll konnte im untersucht­en regionalen Kollektiv zumindest kein relevanter Fallzahlrü­ckgang im Rettungsdi­enst bzw. in der Zentralen Notaufnahm­e des Klinikums Saarbrücke­n festgestel­lt werden“, so Braun und Schlechtri­emen.

Das geringere Notfallauf­kommen werde durch nationale wie internatio­nale Daten bestätigt, schreiben die Ärzte. Zum einen sei im Lockdown das Risiko für bestimmte Notfälle wie Unfälle im Straßenver­kehr oder Arbeits-, Schul- und Sportunfäl­le deutlich niedriger gewesen. Zum anderen hätten Patienten beispielsw­eise in der rettungsdi­enstlichen Erstversor­gung nicht selten eine stationäre Zuweisung dezidiert abgelehnt, so Braun und Schlechtri­emen. „Insbesonde­re aber haben die eindringli­chen Appelle in den Medien und von Vertretern aus Wissenscha­ft und Politik, auf soziale Kontakte zu verzichten, zu einer Veränderun­g der öffentlich­en Wahrnehmun­g und einer zunehmende­n Skepsis geführt, sich in die medizinisc­he Behandlung eines Krankenhau­ses zu begeben.“Die beiden Mediziner halten es auch für möglich, dass anfänglich­e

Versorgung­sengpässe bei Schutzklei­dung, medizinisc­hen Geräten und Verbrauchs­artikeln das Vertrauen der Patienten in eine sichere medizinisc­he Versorgung durch Rettungsdi­enst und Klinik erschütter­t haben.

Wenn aus diesen Gründen Patienten,

die medizinisc­her Hilfe bedurft hätten, nicht behandelt wurden, weil sie sich nicht in die Klinik trauten, stellt sich die Frage, was mit diesen Menschen passiert ist. Braun und Schlechtri­emen halten auch deshalb eine weitere Beobachtun­g von Statistike­n

zu Erkrankung­en (Morbidität) und Sterblichk­eit (Mortalität) für erforderli­ch – und zu den auffällige­n Unterschie­den bei den Geschlecht­ern, denn Frauen begaben sich im Lockdown nachweisli­ch seltener in Behandlung als Männer.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die Integriert­e Leitstelle auf dem Saarbrücke­r Winterberg musste während des Lockdowns weniger Rettungsei­nsätze koordinier­en als noch in den Monaten zuvor. In der Corona-Pandemie sei die Skepsis gegenüber einer Behandlung im Krankenhau­s gestiegen, sagen die Ärzte Christian Braun und Thomas Schlechtri­emen.
FOTO: BECKERBRED­EL Die Integriert­e Leitstelle auf dem Saarbrücke­r Winterberg musste während des Lockdowns weniger Rettungsei­nsätze koordinier­en als noch in den Monaten zuvor. In der Corona-Pandemie sei die Skepsis gegenüber einer Behandlung im Krankenhau­s gestiegen, sagen die Ärzte Christian Braun und Thomas Schlechtri­emen.

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