Saarbruecker Zeitung

Fahrer für Denkmalsch­utz

Dirk Kummer erzählt eine Tragikomöd­ie über Reinigungs­kräfte und Einwandere­r.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Reinigungs­kraft – ein Beruf, der bei dem Großteil der deutschen Gesellscha­ft keinen guten Ruf genießt. Dabei verlangt diese Arbeit viel von einem ab – sowohl körperlich als auch psychisch. In Berlin gibt es derzeit über 2300 Beschäftig­te in der Straßenrei­nigung, die bei Wind und Wetter die Straßen und die öffentlich­en Plätze sauber halten. Dabei werden unter anderem 1,44 Millionen Kilometer Wegfläche jährlich in Schuss gehalten und die 24 000 Straßenpap­ierkörbe Berlins mehrmals täglich geleert. Und eben diesen Menschen widmen Regisseur Dirk Kummer und sein Produktion­steam nun eine Tragikomöd­ie. Das in der deutschen Hauptstadt spielende Werk „Herren“stellt den sozialen Stellenwer­t von Putzkräfte­n im öffentlich­en Bereich infrage.

Zu Beginn sieht es für den Afrobrasil­ianer Ezequiel (Tyron Ricketts) sehr gut aus. Als Lehrer in Capoeira, einer Kampfsport­art, hat er seine Passion gefunden. Zumindest so lange, bis die Kampfschul­e, in der er unterricht­et, den Besitzer wechselt. Aus Frust und Stolz kündigt er und steht ohne Arbeit da. Für einen eingewande­rten Mann ohne Ausbildung keine ideale Ausgangsla­ge, um schnell wieder eine neue Arbeitsste­lle zu finden. In der Not fängt er erst mal beim Kleinunter­nehmer Reynaldo (Komi Mizrajim

Togbonou) und dessen jungem Kollegen Jason (Nyamandi Adrian) an, als „Fahrer für Denkmalsch­utz“.

Doch hinter der so schön klingenden Bezeichnun­g verstecken sich antike Pissoirs, die mitten in der Nacht geputzt werden müssen. Nun handelt es sich dabei zwar um besonders schöne Stehtoilet­ten und auch um einen ehrenwerte­n und ehrlichen Job. Doch für Ezequiel ist die Tätigkeit in der „schwarzen Nachtbriga­de“, wie die drei dunkelhäut­igen Männer sich nennen, deutlich unter seiner Würde. Er schämt sich dafür so sehr, dass er die Wahrheit hinter seiner nächtliche­n Beschäftig­ung vor seiner Familie verheimlic­ht.

Kummer stellt in seinem Werk nicht nur Berufsstig­matisierun­gen infrage, sondern beschäftig­t sich auch mit Integratio­n. Seit dem großen Aufflammen der „Black lives matter“-Bewegung ist das Thema aktueller denn je. Im Jahre 2016 hatten laut der Bundeszent­rale

für politische Bildung 22,6 Prozent der deutschen Bevölkerun­g einen Migrations­hintergrun­d. Doch für Kummer ist es nicht das erste Werk, in dem er sich mit sozialen und politische­n Themen beschäftig­te: Bereits in „Alte Bande“und seinem Durchbruch­swerk „Zuckersand“, für das er auch das Drehbuch schrieb, hinterfrag­te er auf komödianti­sche Art und Weise Probleme der Gesellscha­ft.

Herren, 20.15 Uhr, Arte

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FOTO: BR Ezequiel (Tyron Ricketts, l.) hat seinen Job verloren. Nun macht er gemeinsam mit Reynaldo (Komi Mizrajim Togbonou) und Jason antike Toiletten sauber.

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