Saarbruecker Zeitung

Straßburg als Pionier für Großverans­taltungen?

Nach der Europamess­e ziehen die Veranstalt­er eine positive Bilanz – nennen aber keine Besucherza­hlen.

- VON JÜRGEN LOREY

Woran misst man den Erfolg einer Verbrauche­rmesse? An der Zahl der Besucher? Oder an der Zufriedenh­eit der Aussteller über die Kundenkont­akte und die getätigten Abschlüsse? Die Veranstalt­er der am Montag zu Ende gegangenen Europamess­e in Straßburg legten bei der Bilanz am Donnerstag im Musikund Kongressze­ntrum PMC den Schwerpunk­t auf zweiteres. Auch auf mehrmalige Nachfrage wollte Albane Pillaire, Generaldir­ektorin des Messervera­nstalters Strasbourg Evénéments, keine Besucherza­hlen nennen. Der Andrang sei je nach Tag um 55 bis 60 Prozent niedriger als 2019 gewesen, war ihr lediglich zu entlocken; 2019 wurden 163 000 Besucher gezählt. 83 Prozent der diesjährig­en Besucher seien aus dem Einzugsber­eich der Eurometrop­ole Straßburg und des Départemen­ts Bas-Rhin gekommen. Wegen der Coronakris­e, des strengen Hygienekon­zepts und maximal 5000 Menschen gleichzeit­ig auf dem Messegelän­de sei der Besucherrü­ckgang nicht überrasche­nd.

Wichtiger ist für die Direktorin, dass man mit der Europamess­e ein Signal gegeben habe, dass solche Großverans­taltungen in Straßburg und Frankreich auch in anderen Bereichen (Konzerte, Weihnachts­märkte), mit einem durchdacht­en Hygienekon­zept durchgefüh­rt werden können. „Wir wollten auch zeigen, dass die wirtschaft­liche Wiederbele­bung

trotz oder mit Corona möglich ist.“Zehn Delegation­en von Veranstalt­ern, die Weihnachts­märkte oder andere Messen planen, hätten sich in Straßburg dafür interessie­rt, wie das Hygienekon­zept „nicht in der Theorie, sondern in der Praxis funktionie­rt“. Besonderes Interesse hätten die an den Eingängen aufgestell­ten vier Ozon-Desinfekti­onsschleus­en gefunden sowie die am Boden verlegten und vernetzten Matten, die die Zahl der Besucher auf dem Gelände und in den Hallen registrier­ten. „Die Europamess­e wurde nicht zu einem Infektions­cluster wie es viele befürchtet hatten“, sagte Pillaire.

Der Großteil der 300 Aussteller habe eine positive Bilanz gezogen. Die Besucher an den Ständen seien zwar weniger gewesen, seien aber mit dem Absicht gekommen, zu kaufen. Das sei in den vergangene­n Jahren anders gewesen. „Viele Aussteller waren auch froh, das erste Mal seit der Pariser Landwirtsc­haftsmesse im März wieder auf einer Messe präsent zu sein und mit möglichen Kunden direkten Kontakt zu haben.“Besonders zufrieden sei die Bilanz der Aussteller in der Themenhall­e „Inneneinri­chtung und Möbel“gewesen.

Die Besucher wiederum hätten es als angenehm empfunden, dass es kaum Gedränge gab und sie sich in Ruhe umschauen konnten. Pillaire bedauert es daher nicht, die Messe durchgefüh­rt zu haben: „Wir hatten eine Pionierfun­ktion. Wir wollten die Messe unbedingt machen, koste es, was es wolle – auch wenn es für uns als Veranstalt­er nicht rentabel war.“

Für Marie Lathoud, Direktorin des Bereichs Veranstalt­ungen bei Strasbourg Evénéments, hat diese Europamess­e gezeigt, wie sie sich die Messe in den kommenden Jahren hin entwickeln könnte: „Wir müssen zusammen mit den Aussteller­n zu einer neuen Inszenieru­ng kommen. Es reicht nicht mehr, einfach nur einen modernen Heizkessel oder ein Sofa zu präsentier­en. Vielleicht muss man in der Zukunft auch auf die Präsentati­on mancher Produkte ganz verzichten oder andere Aussteller gewinnen.“Das vorwiegend jüngere und kaufwillig­e Publikum, oft Familien, habe andere Erwartunge­n und sei sehr anspruchsv­oll.

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