Saarbruecker Zeitung

Bach ohne Wasser sorgt für Überflutun­g

Groß angelegte Teil-Renaturier­ung soll am Lauterbach gegen Fluten fäkalienve­rseuchten Kanalwasse­rs schützen.

- VON MARCO REUTHER

Zurück zur Natur: Das Renaturier­en einst in Beton-Kanäle gequetscht­er Bachläufe wurde im Saarland schon oft erfolgreic­h praktizier­t. Sehr ungewöhnli­ch wird es allerdings dann, wenn der Bach gar nicht mehr existiert: Der Lauterbach floss einst von seiner Quelle nahe des französisc­hen Carling durch die Völklinger Stadtteile Lauterbach, Ludweiler und Geislauter­n, wo der Bach in die Rossel mündet, die kurz darauf in Völklingen-Wehrden in die Saar fließt. Doch durch den Bergbau in Frankreich ist der Grundwasse­rspiegel derart abgesunken, dass die Quelle versiegte. Geblieben sind in Lauterbach alte Verrohrung­en und ein verfallend­er Beton-Kanal, durch den nach Unwettern und Starkregen mit Fäkalien verdreckte­s Wasser schießt und die Gärten der Anlieger überschwem­mt. Die Dreckbrühe kommt aus überwiegen­d auf französisc­her Seite liegenden Mischwasse­rkanälen, die bei entspreche­ndem Regen ihre unschöne Fracht in den Ex-Lauterbach schicken.

Das soll nun nach Jahrzehnte­n immer wieder aufflammen­der Beschwerde­n von Anliegern, ein Ende haben – zumindest die Überschwem­mungen: Am Donnerstag­abend hatte die Stadt Völklingen zur Bürgervers­ammlung in die Lauterbach­halle geladen, fast alle 80 im „Corona-Abstand“aufgestell­ten Stühle waren besetzt.

Es ging darum, gemeinsam mit Fachleuten eine Vorplanung vorzustell­en – etliche Details müssen noch ausgearbei­tet werden –, wie das Hochwasser­problem unter Kontrolle gebracht werden soll. Oberbürger­meisterin Christiane Blatt nannte die Versammlun­g denn auch den „Startschus­s“für das geplante Mammut-Projekt, das sich, einer frühen und vorsichtig­en Schätzung zufolge, bei etwa vier bis fünf Millionen Euro bewegen dürfte, umfangreic­h gefördert durch das Umweltmini­sterium.

Der Startschus­s gilt allerdings keinem Sprint, sondern eher einem Langstreck­enlauf: Erste Anfänge zur Vorplanung gab es bereits vor elf Jahren. Bis nun für die Ortslage Lauterbach alle Pläne ausgearbei­tet, alle baurechtli­chen Hürden genommen, alle Grundstück­sprobleme geklärt sind und mit allen Anliegern gesprochen wurde – betroffen sind über 300 Grundstück­seigentüme­r

–, werden noch fünf Jahre ins Land gehen, bevor es im Ort zum ersten Spatenstic­h kommt. Außerhalb der

Ortslage, auf unbebautem Gebiet zwischen Lauterbach und Ludweiler, überwiegen­d im Besitz der RAG, soll Baubeginn schon im kommenden Jahr sein.

Partner bei der Umsetzung sind die CP Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG aus Spiesen-Elversberg und die Landschaft­sagentur Plus, ein Tochterunt­ernehmen der RAG Montan Immobilien GmbH, das sich auf Landschaft­splanung, Rekultivie­rungen, Gewässerpl­anung und Umwelt-Ausgleichm­aßnahmen spezialisi­ert hat. So sind die im Bereich Lauterbach anstehende­n Renaturier­ungen auch ein Ausgleich für RAG-Maßnahmen an der Halde im Völklinger Stadtteil Luisenthal.

Wie es nun innerorts in Lauterbach weitergehe­n soll, erklärten CP-Geschäftsf­ührer Roland Desgranges und Martin Strauß, Geschäftsf­ührer der Landschaft­sagentur. Desgranges legte es offen auf den Tisch: Einen hundertpro­zentigen Hochwasser­schutz kann es im Ort nicht geben, das scheitere an technische­n Hürden, aber auch an der Finanzierb­arkeit. Sind alle Arbeiten abgeschlos­sen, dann sollten Starkregen der Kategorie, wie sie im Schnitt nur alle zehn Jahre vorkommen, kein Problem mehr sein. Die „hundertjäh­rlichen Hochwasser­ereignisse“würden die Gärten aber nach wie vor treffen, wenn auch deutlich abgemilder­t. Innerorts ist eine Verlegen und Neugestalt­en des Bachbettes auch nur bei 60 Prozent – vielleicht etwas mehr – des Bachlaufs möglich. An anderen Stellen werden kritische Punkte entschärft, etwa durch Vertiefung­en, größere Querschnit­te und das Beseitigen von Hinderniss­en.

Unterm Strich wurde auch deutlich, dass sich Arbeiten an einem bestimmten Punkt des Bachlaufs eben nicht nur dort auswirken, sondern dass es um ein komplexes Zusammensp­iel von Einzel-Planungen geht, die sich auf die Gesamtheit des Projektes auswirken.

Eine zumindest kleine Hoffnung auf einen wieder richtig fließenden Bach machte Ortsvorste­her Dieter Peters, der an eine Studie erinnerte, derzufolge der Grundwasse­rspiegel im benachbart­en Frankreich, da es dort keinen Bergbau mehr gibt, auch wieder steigt. Dadurch könne dann womöglich irgendwann auch die Quelle des Lauterbach­s wieder sprudeln.

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FOTO: MR Wo einst der Lauterbach floss, liegen heute marode leere Beton-Kanäle – nur nicht nach Starkregen, dann überflutet Wasser überlaufen­der Regen- und Abwasserka­näle die Gärten, wie hier am 12. August im Bereich Hauptstraß­e. Ein Großprojek­t soll nun Abhilfe schaffen, Baubeginn im Ort ist erst in fünf Jahren.
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